Photovoltaik kühlt das Klärbecken in der Kläranlage Bad Schussenried
© Stadt Bad Schussenried

Wie Bad Schussenried eine Kläranlage energieautark machte

Bad Schussenried hat in der städtischen Kläranlage zwei Probleme auf einmal gelöst: Zu warmes Klärwasser wird durch den Schatten von PV-Anlagen gekühlt. Und ganz nebenbei versorgen diese die Kläranlage mit Strom.

Im oberschwäbischen Bad Schussenried hat die Verwaltung aus der Not eine Tugend gemacht. Ein Hauptproblem bestand im Wasser, das aus der Kläranlage in die Schussen geleitet wird – den Fluss also, nach dem die Stadt benannt ist. Im Sommer heizte sich das Wasser im Klärbecken auf, bevor es in die Schussen strömte und trieb dadurch auch die Temperatur im Fluss selbst in die Höhe. 

Photovoltaik-Anlagen sorgen für den nötigen Schatten

Auf Tiere und Pflanzen wirkte sich das negativ aus, zumal der Fluss im Sommer ohnehin wenig Wasser führt. Die Forderung stand also im Raum, dass das zugeführte Wasser abgekühlt sein muss. Weil aber eine energetisch aufwändige Kühlung mit Strom nicht in Frage kam, ließen sich die Energieagentur Ravensburg und die Stadtverwaltung etwas anderes einfallen. Sie beschlossen, Photovoltaik-Anlagen zu kaufen und diese über dem Nachklärbecken zu installieren. Zu hohe Wassertemperaturen waren allerdings nicht nur im Nachklärbecken selbst ein Problem, sondern auch im sogenannten Auslaufgraben der Kläranlage zur Schussen. Dort pflanzte der städtische Bauhof Weiden, die nun für Schatten und kühlere Temperaturen sorgen.

Die Kläranlage in Bad Schussenried versorgt sich selbst mit Strom

Mit der Installation der Photovoltaik (PV)-Anlage löste die Stadt Bad Schussenried gleich zwei Probleme auf einmal: Weil die PV-Anlage Schatten spendet, steigt die Temperatur im Nachklärbecken nicht so stark wie vorher und die Schussen erwärmt sich nicht. Gleichzeitig wandeln die PV-Module die Sonnenenergie in Strom um, der einen Teil des Strombedarfs der Kläranlage decken kann. Damit ist die Anlage nun energieautark. Denn schon vor der PV-Anlage deckte sie den Strombedarf an 16 bis 17 Stunden pro Tag selbst, indem das Abfallprodukt Klärgas mit einem BHKW verstromt wird. Bislang belaufen sich die Stromkosten des Klärwerks jährlich auf ungefähr 54.000 Euro. Die Verwaltung der Kleinstadt im Landkreis Biberach geht davon aus, dass sie wegen der stark gestiegenen Strompreise künftig mindestens diesen Betrag einsparen kann.

Dadurch, dass wir das Dach aus betriebstechnischen Gründen ohnehin hätten bauen müssen, und dessen Kosten sich in etwa mit dem Eigenanteil der Stadt an der Gesamtinvestition decken, rechnet sich die PV-Anlage sofort mit dem Tag der Inbetriebnahme. Von den geringeren Kosten profitieren nun die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

Achim Deinet, Bürgermeister der Stadt Bad Schussenried

(c)K. Bölstler
(c)K. Bölstler

Ein gutes Geschäft für die Stadt dürfte die Umrüstung des Klärbeckens nicht nur wegen des selbst erzeugten Stroms sein, sondern auch deshalb, weil sie selbst nicht über die Maßen investieren musste. Sie trägt nur 20 Prozent der Kosten. 80 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 1.127.021 Euro übernimmt die Europäische Union. Das sind 901.617 Euro. Konkret ist die Rede vom Förderprogramm „Klimaschutz mit System“, das aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert wird. Städte, Gemeinden und Landkreise können die Gelder beim Umweltministerium Baden-Württemberg beantragen. 

Förderung über das Programm "Klimaschutz mit System"

Das Programm soll es Kommunen ermöglichen, sich mit ehrgeizigen Projekten im Sinne des Klimaschutzes hervorzutun. Das Land verweist in diesem Zusammenhang auf Paragraf 8 des Klimaschutzgesetzes und auf die Vorbildrolle der Kommunen. Dort heißt es: „Das allgemeine Verständnis für die Ziele des Klimaschutzes ist mit geeigneten Mitteln zu fördern. Die staatlichen, kommunalen und privaten Erziehungs-, Bildungs- und Informationsträger sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten über Ursachen und Bedeutung des Klimawandels sowie die Aufgaben des Klimaschutzes aufklären und das Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit Energie fördern.“ Das Programm „Klimaschutz mit System“ fördert Investitionen, die den Ausstoß von Treibhausgasen in der Kommune selbst verringern, der anderswo durch den Energieverbrauch in der Kommune entsteht. Ebenso fördert es Maßnahmen, die zur Bewusstseinsbildung über den CO2-Ausstoß in der Kommune beitragen oder dabei helfen, eine Änderung des Alltagsverhaltens der Menschen herbeizuführen. Einen Wermutstropfen hat die Förderung aber auch: Die sogenannte „Nulleinspeisungsanlage“ schreibt vor, dass der überschüssige Strom der PV-Anlage nicht ins Netz eingespeist werden darf.

Die energieautarke Kläranlage in Bad Schussenried

Für Bürgermeister Achim Deinet ist die Bad Schussenrieder Kläranlage ein weiterer Schritt der Stadt in Richtung Klimaneutralität. Er verweist auf den ersten Platz, den die Stadt im Ranking des European Energy Award (EEA) unter den Städten Baden-Württembergs mit unter 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern einnimmt. „Wir sind seit 2006 EEA-Pionier und schon dreimal EEA-Gold-zertifiziert. Die Stadt setzt seit über 15 Jahren Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen in allen städtischen Gebäuden und Anlagen konsequent um. Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise fühlen sich die Stadt und der Gemeinderat in ihrem Kurs abermals bestätigt“, sagt Deinet.