Das stadtnavi Herrenberg bevorzugt klimafreundliche Verkehrsmittel
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Stadtnavi - Schnell und klimafreundlich in Herrenberg unterwegs

Die kombinierte Nutzung von Bus, Bahn, Mitfahrangeboten und Fahrrad, weniger Autoverkehr und bessere Luft: Das ist das Ziel der Mobilitätsplattform „stadtnavi“ in Herrenberg. Die Große Kreisstadt ist eine von bundesweit fünf Städten, die sich „Modellstadt Saubere Luft“ nennen darf, wie unsere Gastautorin Jana Zieger berichtet.

In unserer 33.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Kommune hatten wir ein Problem: Um das Jahr 2018 herum wurden die NO2-Grenzwerte (Stickstoffdioxid) regelmäßig überschritten. Die Gründe lagen auf der Hand: zu viel Autoverkehr und eine zu geringe Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Dabei gibt es bei uns, in einer Stadt der kurzen Wege, viele gute Alternativen zum Auto. Damit sie mehr Leute in Anspruch nehmen, braucht es aber übersichtliche Informationen darüber, welche dieser Möglichkeiten – auch in Kombination – gerade am schnellsten zum Ziel führen.

stadtnavi - Eine Eigenentwicklung der Stadt Herrenberg

Aus diesem Grund haben wir die Mobilitätsplattform stadtnavi erstellt. Auf ihr sind alle Informationen gebündelt. Die Plattform ist eine Eigenentwicklung: Meine Kolleginnen und Kollegen haben viele Monate lang mit Anbietern etablierter Lösungen gesprochen. Doch kein Angebot konnte unsere Anforderungen erfüllen. Wir wollten freie Lizenzen, keine Werbung und auch die Daten der Nutzerinnen und Nutzer nicht hergeben. Außerdem wollten wir eine Lösung, die auch andere Kommunen und Regionen kostengünstig verwenden können. Daher entschieden wir uns, etwas Eigenes zu machen. Mit Erfolg.

Jana Zieger ist Projektmanagerin für  Nachhaltige Mobilität, Datenmanagement & stadtnavi in der Stabsstelle Klima-  und Umweltschutz der Stadtverwaltung Herrenberg
Jana Zieger ist Projektmanagerin für Nachhaltige Mobilität, Datenmanagement & stadtnavi in der Stabsstelle Klima- und Umweltschutz der Stadtverwaltung Herrenberg (c)Ellen Wurster/KEA-BW

Nach der Testphase haben wir vor rund zweieinhalb Jahren, im Mai 2020, unter dem Motto „Gemeinsam Mobilität neu denken“ das stadtnavi gestartet. Das stadtnavi gibt es kostenfrei als App oder Webversion. Die Mobilitätsplattform „made in Herrenberg“ erfasst, sammelt und vernetzt regionale Mobilitätsdaten und stellt diese in Echtzeit zur Verfügung. Wer das stadtnavi nutzt, kann alle verfügbaren Verkehrsmittel in Herrenberg und der Region kombinieren und findet die schnellste und klimafreundlichste Möglichkeit, um von A nach B zu kommen. Das stadtnavi hilft zum Beispiel, unnötigen Parksuchverkehr zu vermeiden. Es gibt Auskunft über freie Parkplätze „Am Graben“, freie Wohnmobilstellplätze im Längenholz und über existierende Baustellen. Besonders interessant ist aber: Es macht die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und deren effiziente Kombination mit Fuß- und Radverkehr sowie Mitfahrgelegenheiten einfacher. Zum Beispiel sind Live-Abfahrtszeiten von Bus und Bahn integriert, Mitfahrangebote, Leihfahrräder, E-Ladestationen, Car-Sharing-Angebote, Radabstellanlagen und Fahrrad-Servicestationen.

Stadt hat Hoheit über Mobilitätsdaten

Das stadtnavi hebt sich insbesondere durch zwei Punkte deutlich von Google und anderen konventionellen Anbietern ab: Zum einen zeigt die Reiseauskunft die klimafreundlichsten Verkehrsmittel zuerst an, etwa eine Wege-Kombination aus Fahrrad-Bus-Bahn. Hier wird besonders darauf geachtet, dass den Nutzerinnen und Nutzern schnelle Wege präsentiert werden. Zum anderen haben die Kommunen die komplette Hoheit über die eigenen Mobilitätsdaten. Für die öffentliche Daseinsvorsorge wird das immer wichtiger. Außerdem ist das stadtnavi auf Datensparsamkeit ausgelegt. Alle Nutzerdaten werden nach europäischem Datenschutzrecht anonym und sicher gespeichert oder größtenteils gar nicht erst erhoben. Das stadtnavi wurde im Rahmen des Förderprogramms „Saubere Luft“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr entwickelt. Ziel ist es, die Plattform in den kommenden Monaten und Jahren weiter auszubauen. 

Stadtnavi Herrenberg

Ausdrücklich erwünscht ist, dass andere Kommunen, Landkreise und Regionen das stadtnavi nutzen und unter eigenem Label ihren Bewohnerinnen und Bewohnern zur Verfügung stellen. Denn die Open-Source-Mobilitätsplattform ist zum Kopieren und Weiterentwickeln gedacht. Die Vorteile haben inzwischen viele andere Kommunen erkannt: Ludwigsburg und mehrere Kommunen im Landkreis Reutlingen sowie im Land Brandenburg verwenden unsere Entwicklung und sind überaus zufrieden. Auch das Land hat erkannt, welche Potenziale im stadtnavi stecken. Das stadtnavi ist im November mit der Landesauszeichnung „Wir machen Mobilitätswende“ prämiert worden. 

Herrenberg hält Stickoxid-Grenzwerte mittlerweile ein

Fazit: Das stadtnavi macht Alternativen zum Auto sichtbarer und trägt so dazu bei, den Ausstoß von Stickoxiden zu verringern. Das verbessert die Luftqualität in Herrenberg, ist klimafreundlicher und erhöht die Lebensqualität in unserer Stadt weiter. Dies zeigen auch die Zahlen, denn die Stickoxid-Grenzwerte werden inzwischen eingehalten.