Eisenbach wird im Projekt SmartLand zum modernen digitalen Dorf transformiert.
© Anna Beyrle

SmartLand - Digitalisierung in ländlichen Gemeinden

18. Oktober 2021
Die Digitalisierung erfasst längst alle Bereiche unseres täglichen Lebens. Das Projekt SmartVillages, das die Chancen der Digitalisierung für ländliche Gemeinden untersucht, wird durch das Projekt SmartLand um die Pilotgemeinden Eisenbach (Hochschwarzwald) und Friedenweiler erweitert. Dadurch sollen weitere sinnvolle Digitalisierungsprojekte umgesetzt und die interkommunale Zusammenarbeit in den Gemeinden gestärkt werden, erklärt Anna Beyrle.

Welche Umsetzungsprojekte lohnen sich in Zeiten knapper Kassen für die Gemeinden wirklich? Wie können durch den Einsatz digitaler Elemente Defizite von Angeboten der Daseinsvorsorge zukünftig kompensiert werden? Wir stellen Erfolgsfaktoren für eine sinnvolle und nachhaltige Umsetzung von Digitalisierungsprojekten und ein gutes Beispiel für die Förderung einer interkommunalen Zusammenarbeit ländlicher Gemeinden vor.

Wie SmartLand Friedenweiler und Eisenbach transformieren soll

In den Gemeinden Friedenweiler und Eisenbach sollen im Rahmen des Projekts SmartLand sinnvolle Digitalisierungsprojekte umgesetzt und eine langfristige Vernetzung smarter Gemeinden angestrebt werden. Das Projekt wird durch das „Bundesprogramm Transnationale Zusammenarbeit“ des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat gefördert. Es dockt an das Interreg-B-Projekt SmartVillages an, das durch Fördermittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Alpenraumprogramms kofinanziert wird und 13 Projektpartner in sechs Alpenländern vereint. Durch die Erweiterung des bisherigen Pilotraums der Stadt Löffingen um die Gemeinden Eisenbach und Friedenweiler können nicht nur bereits bestehende Erkenntnisse auf Nachbargemeinden übertragen, sondern auch interkommunale Lösungen in den Blick genommen werden. Im Ergebnis sollen Handlungsempfehlungen für Städte und Gemeinden gezielt aufbereitet werden und zusammen mit lohnenden Beispielen zum Thema Digitalisierung zur Verfügung stehen. Somit soll auch über die Regionsgrenze hinaus ein Beitrag zum Thema „smarte ländliche Regionen der Zukunft“ geleistet werden.

Anna Beyrle über SmartLand
Anna Beyrle ist Projektkoordinatorin beim Regionalverband Südlicher Oberrhein für das INTERREG-B-Projekt SmartVillages und dem durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat geförderte Andockprojekt SmartLand.

Digitalisierung wird häufig als Schlagwort für einen umfassenden Veränderungsprozess genutzt. Sie ist eng mit den aktuellen Herausforderungen der Kommunen – Daseinsvorsorge, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit, Klimawandel und Klimaanpassung, soziale Spaltung und Teilhabe sowie demografischer Wandel – verwoben. Mit der Digitalisierung verbindet sich aber auch die Hoffnung, diesen Herausforderungen effizient und effektiv begegnen zu können. Digitale Projekte können einen Beitrag zur Bewältigung bestimmter Herausforderungen leisten, aber die vollständige Überwindung mit digitalen Mitteln ist meist nicht möglich – und auch nicht immer sinnvoll. Der Bedarf an smarten Anwendungen sollte an die örtlichen Strukturen angepasst werden und Aufwand und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Nur wenn Digitalisierungsprojekte keinen Selbstzweck für Gemeinden darstellen, können lokal tragfähige Lösungen aus der Praxis heraus entstehen und strategisch eingesetzt werden. Somit können fortlaufend neue bedarfsorientierte Lösungen gefunden und mehr Personen für die Umsetzung begeistert werden.

Fünf Erfolgsfaktoren für eine sinnvolle und nachhaltige Umsetzung von Digitalisierungsprojekten

  1. Orientierung am lokalen Bedarf: Unter der Einbeziehung aller Akteure sollte der individuelle, ortsspezifische Bedarf ermittelt werden. Der Nutzen von Digitalisierungsprojekten für die Bevölkerung – insbesondere auch für Jugendliche, ältere sowie sozial benachteiligte Menschen – soll dabei klar im Mittelpunkt stehen. Im Sinne von „weniger ist mehr“ richtet sich eine sinnvolle Digitalisierung nach den Interessen der Menschen vor Ort, nicht nach den Möglichkeiten der Technik.
  2. An vorhandene Strukturen und Netzwerke anknüpfen: Bei einer erfolgreichen Umsetzung von Projekten muss in Plattformen gedacht werden und gezielt der Austausch mit Mitstreitern gesucht werden. Häufig sind keine Insellösungen gefragt, sondern es kann auf andernorts bereits bestehende, erfolgreiche Lösungen zurückgegriffen werden. Digitale Angebote sollten in keiner Konkurrenz zu bereits etablierten Strukturen vor Ort stehen, sondern bestehende Angebote verknüpfen, vereinfachen und erweitern – sowohl in analoger als auch in digitaler Form.
  3. Aktive Beteiligung auf allen Ebenen: Die digitale Transformation sollte von Bürgermeister und Verwaltung gewollt und aktiv vorangetrieben werden. Dabei sind Kommunen auf ehrenamtliche und engagierte Personen aller Altersgruppen angewiesen, wie Zugezogene, Einpendelnde, Vereinsmitglieder, sowie die Träger der Sozial-, Bildungs- und Kultureinrichtungen.
  4. Strategische Planung und Zielsetzung: Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Handlungsfeldern erfordert die digitale Transformation in Gemeinden eine durchdachte mehrjährige Planung und nachhaltige Steuerung. Dafür ist ein bedarfsorientiertes strategisches Konzept hilfreich. Die Aufstellung einer solchen „Digitalstrategie“ oder „Digitalen Agenda“ mit kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Zielsetzungen kann bei der klaren Festlegung von Gesamtzielen und Etappenzielen dienen.
  5. Fehler zulassen und daraus lernen: Nicht alle Risiken lassen sich bereits zu Beginn einer Projektumsetzung identifizieren und abschätzen. Eine Fehlannahme sollte als Chance betrachtet werden. Erfolge entstehen aus den Fehlern von gestern. Wichtig dabei ist, Sackgassen frühzeitig zu erkennen und zu benennen – auch damit andere von diesem Lernprozess profitieren können.

Wie geht es bei SmartLand weiter?

Im Rahmen von zwei Workshop-Abenden wurden in den Pilotgemeinden Eisenbach und Friedenweiler Wünsche, Ideen und Vorschläge zum Thema „Digitalisierung und Lebensqualität“ gesammelt und anschließend mit Experten Umsetzungspfade erörtert. Um die (digitale) Vernetzung und den Austausch in den Gemeinden zu verbessern, entstand die Idee einer Bürger-App. Dadurch können die wichtigsten Bausteine des kommunalen Zusammenlebens unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten digital vereint werden. Plattformen erleichtern den Austausch sowie die Kommunikation und bieten niederschwellig für alle Altersklassen die Möglichkeit, sich zu informieren und das Gemeindeleben aktiv mitzugestalten. Die möglichen Lösungen sind vielseitig und reichen von Chat- oder Gruppenfunktionen, Kontaktmöglichkeiten zur Verwaltung, Neuigkeiten aus der Region, Nachbarschaftshilfen und Online-Marktplatz mit Mitbring-Service, bis hin zu einem Gewerbeportal für lokale Unternehmen. Auch interkommunale Vorhaben können dadurch realisiert werden, wie etwa die Organisation von ortsübergreifenden Mitfahrgelegenheiten oder Veranstaltungen. Bei der Entscheidung für eine konkrete App-Lösung sollten Vor- und Nachteile für jede Kommune individuell abgewogen und oben aufgeführte Erfolgsfaktoren mitgedacht werden.