Der Regionalbahnhof Merklingen soll eine Chance für die ÖPNV-Infrastruktur der Schwäbischen Alb sein.
© Deutsche Bahn AG/Reiner Pfister

Das bringt der Regionalbahnhof Merklingen den Kommunen

Im Dezember vergangenen Jahres wurde der Regionalbahnhof Merklingen in Betrieb genommen. Der Halt gilt als große infrastrukturelle Chance für die Schwäbische Alb. Welche Entwicklungen zeichnen sich ein Vierteljahr nach Eröffnung bereits ab?

Ein Vierteljahr ist vergangen, seit der Regionalbahnhof Merklingen in Betrieb genommen wurde. Im Dezember 2022 hatte sich die Politprominenz des Landes in den Zug gesetzt und den Bahnhof in Augenschein genommen, von dem sich die zwölf Kommunen des Zweckverbands Region Schwäbische Alb einen wirtschaftlichen Aufschwung erhoffen. In eine echte Boom-Region hat sich das Gebiet rund um Merklingen nach wenigen Monaten natürlich noch nicht verwandelt. Doch Vorboten gebe es durchaus, sagt der Merklinger Bürgermeister Sven Kneipp im Gespräch mit die:gemeinde. „Es sind schon Senioren- und Wandergruppen an uns herangetreten, um sich zu informieren, wo man wandern und einkehren kann“, sagt Kneipp. 

Regionalbahnhof Merklingen verbessert die Anbindung an mehrere Städte

Obwohl die schnellen Anbindungen an den Stuttgarter Tiefbahnhof und die Messe erst 2025 und 2027 realisiert werden, profitieren die Menschen in der Region bereits jetzt enorm vom Bahnhof – nämlich in Reiserichtung Südosten. „Fahrgäste sind jetzt innerhalb von zwölf Minuten mit dem Zug in Ulm“, sagt Sven Kneipp. Vorher seien sie aufs Auto angewiesen gewesen und hätten damit doppelt so lang gebraucht – die Parkplatzsuche in Ulm noch nicht inbegriffen. Für den nahtlosen Übergang vom Auto auf den Zug ist der Zweckverband zuständig, in dessen Verantwortungsbereich der 4,5 Millionen Euro teure Parkplatz direkt neben dem Regionalbahnhof fällt – für den Bahnhof selbst ist wiederum die Deutsche Bahn verantwortlich. 430 Stellplätze sind vorhanden, laut Sven Kneipp seien derzeit im Durchschnitt bis zu 70 davon regelmäßig belegt. 

Weitere Maßnahmen rund um den Regionalbahnhof geplant

„Der Bahnhalt wird schon sehr gut angenommen. Insbesondere in den Morgenstunden nutzen viele Leute das verbesserte ÖPNV-Angebot des Landkreises“, sagt Kneipp. Einige Ergänzungen stehen in den kommenden Monaten an: So sollen 260 Stellplätze überdacht und mit Elektro-Ladestationen ausgestattet werden. Auf dem Dach sind PV-Anlagen geplant. Bereits jetzt gibt es Lebensmittelautomaten auf dem Parkplatz, die Reisende mit Snacks versorgen. Für die Parkraumbewirtschaftung bedient sich der Zweckverband einer Firma aus der Region. Eine Kamera scannt die Kennzeichen der einfahrenden Autos, Parktickets müssen deshalb nicht mehr gelöst werden. Die erste Stunde ist kostenlos, seit Mitte März kostet jede weitere Stunde 25 Cent. Was in Großstädten als absolutes Schnäppchen durchgehen würde, hat auf der Alb zu mancher Irritation geführt. 

Verwirrung über den Parkplatz am Regionalbahnhof Merklingen

Einer Anekdote von Sven Kneipp zufolge gab es sogar den Fall, dass jemand sein Auto auf dem Feld neben dem Parkplatz abstellte, weil er fand, dass es sich um „Abzocke“ handle. Davon kann aber keine Rede sein, zumal der Verwaltungsrat des Zweckverbands jüngst beschlossen hat, vergünstigte Wochen- und Monatstickets für Pendlerinnen und Pendler einzuführen. Nur zehn Euro pro Woche sollen sie zahlen. Auch über ein Angebot für Dauerparker denkt das Gremium nach. Kneipp berichtet von einem weiteren Kuriosum: Weil manche Autofahrerinnen und -fahrer nicht wussten, dass die erste Stunde kostenlos ist, fuhren sie bis zur Schranke, lieferten jemanden ab und drehten direkt wieder bei. „Dabei haben wir extra einen Platz vorgesehen, auf dem man Leute nach dem Motto ‚Kiss and Go‘ kurz aussteigen lassen und direkt weiterfahren kann“, sagt Kneipp. Der Bürgermeister bleibt aber gelassen angesichts dieser ersten Gehversuche. 

Bahnhofslotsen, Deutschlandticket und Direktverbindungen

Begeistert war er von einer Initiative in Laichingen, bei der sich Ehrenamtliche als Bahnhofslotsen betätigten und ältere Menschen auf dem Weg von daheim bis nach Ulm begleiteten. Vor allem bei der Handhabung von Bahn-Apps oder Schaltern gebe es bei Älteren noch Berührungsängste. Einen weiteren Schub für den Regionalbahnhof verspricht sich Kneipp von der Einführung des Deutschlandtickets im Mai. Auch in den anderen Gemeinden des Zweckverbands sieht man die Entwicklung positiv. „Der Bahnhof Merklingen sichert nicht nur unsere hervorragende Infrastruktur in Heroldstatt, sondern bindet die Region direkt an die Metropolregionen Stuttgart und München an. Dies sichert unseren Wirtschaftsstandort auf der Laichinger Alb gerade in puncto Fachkräftemangel“, sagt Michael Weber, Bürgermeister von Heroldstatt und ergänzt: „Für die Attraktivität unseres Bahnhofs war es mir stets wichtig, eine direkte Anbindung an alle Züge zu haben. Dies ist nun sogar ohne Umsteigen gelungen. Mehr Komfort geht nicht!“

Regionalbahnhof als "echtes Leuchtturmprojekt"

Bürgermeister Günter Riebort aus Hohenstadt sieht den Bahnhof Merklingen mit dem entsprechenden stündlichen Busverkehr ebenfalls sehr positiv. „Für unsere kleine Gemeinde ist der Bahnhof ein großer Sprung in die Zukunft. Aus meiner Kenntnis wird der ÖPNV gut von Schülerinnen und Schülern, Berufspendlerinnen und -pendlern sowie Ausflüglern genutzt. Aber es gibt natürlich noch Luft nach oben“, so Riebort. Die Menschen müssten sich erst noch an das Angebot gewöhnen. „Ich denke, nach Fertigstellung der Strecke über die Messe und den Flughafen nach Stuttgart wird die Anzahl der Fahrgäste sicherlich steigen.“ Christoph Jung, Bürgermeister von Nellingen, hält den Bahnhof für ein „echtes Leuchtturmprojekt“. „Die Inbetriebnahme des Bahnhofs in Merklingen hat für Nellingen mehrere positive Effekte: Mit dem verbesserten Ausbau des ÖPNV und der schnelleren Anbindung an Ulm können auch München und Stuttgart schneller als bislang erreicht werden. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bietet nun eine echte Alternative zum eigenen Auto. Auch als Wohn- und Gewerbestandort rückt Nellingen noch mehr in den Fokus.“ Dass derzeit der Buslinienverkehr vor allem zu den Randzeiten noch nicht ausreichend genutzt werde, sehe er als Momentaufnahme. „Ich erwarte hier mit der Einführung des 49-Euro-Tickets eine verstärkte Nutzung“, so Jung.