Eine Antwort auf die medizinische Versorgung auf dem Land: Das Großprojekt "Gemein[de]wohl made in Großrinderfeld"
© Gemeinde Großrinderfeld

Medizinische Versorgung auf dem Land: Gemein[de]wohl made in Großrinderfeld

Im Alter gut versorgt sein – Das ist gerade im Ländlichen Raum ein wichtiges Thema und eine große Herausforderung. Mit dem Großprojekt Gemein[de]wohl möchte Großrinderfeld den älteren Mitbürgern mehr Lebensqualität, die Möglichkeit, im Eigenheim gepflegt zu werden oder in eine betreute Wohngemeinschaft zu ziehen ermöglichen.

„Die meisten Senioren hier in Großrinderfeld möchten gerne im Ort bleiben“, sagt Bürgermeister Johannes Leibold. „Ihnen das auch zu ermöglichen ist uns ein großes Anliegen, aber das ist in so einer kleinen Gemeinde gar nicht so leicht.“ Das knapp 4.100-Einwohner-zählende Großrinderfeld ist eine ländlich geprägte Gemeinde knapp 30 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt. Es gibt ein Pflegeheim mit 18 Plätzen. Eine Tagespflege hat die Gemeinde nicht. Damit ist die Situation in der Pflege vor Ort bereits angespannt. Doch damit nicht genug, ging 2020 der einzige Hausarzt in den Ruhestand. Eine schwierige Situation für eine Gemeinde im Ländlichen Raum.

Leibold: „Dass wir ein Projekt der Größe stemmen können ist klasse“

Statt sich mit der Situation abzufinden, haben Bürgermeister, Gemeinderat und Gemeindeverwaltung in Großrinderfeld ein enormes Projekt auf die Beine stellen können – ein Ärzte- und Seniorenhaus. „Unser Ziel ist es, ausreichend Pflegeplätze anzubieten, die Möglichkeit durch eine Tagespflege weiter im Eigenheim leben zu können und natürlich für alle im Ort eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten“, erklärt Leibold. „Dass wir ein Projekt der Größe stemmen können ist klasse.“

Das Projekt Gemein[de]wohl - Medizinische Versorgung auf dem Land

Um was geht es genau? 2017 ist die katholische Kindertagesstätte im Ort aus Platzgründen umgezogen. Seither stand das alte Kita-Gebäude leer – 1.000 Quadratmeter Fläche auf zwei Etagen. Schnell hat die Gemeinde ihre Chance erkannt, hier den Bedarf an Pflegeplätzen und medizinischer Versorgung zu decken. Gemeinsam mit einem Architekturbüro entwickelte die Gemeinde die Idee für das große Projekt Gemein[de]wohl: Im Untergeschoss der ehemaligen Kita sollen eine Tagespflegeeinrichtung mit 24 Plätzen und eine Physiotherapiepraxis einziehen. Im Erdgeschoss wird eine betreute Wohngemeinschaft mit acht Zimmern eingerichtet, sowie eine Hausarztpraxis.

Visualisierung des Projekts Gemein[de]wohl - Medizinische Versorgung in Großrinderfeld
Visualisierung des Projekts Gemein[de]wohl

Modell ist attraktiv für Betreiber

Nachdem die Pläne gemacht waren, ging vieles schneller als erwartet. Bald meldete sich eine Hausärztin, die die Praxis übernehmen möchte und auch die Physiotherapiepraxis war schnell besetzt. Ein Pflegedienst aus der Gemeinde möchte Träger der Tagespflege werden. „Mit einem guten Konzept haben wir sofort die nötigen Betreiber gewinnen und Mieter für die Flächen finden können“, freut sich der Bürgermeister. Bis der Komplex fertig ist, arbeitet die Hausärztin nun aus einer Übergangspraxis, um die medizinische Versorgung am Ort zu gewährleisten.

Ohne Förderung wäre das Projekt nicht zu stemmen

Doch dieses gute Konzept ist für eine kleine Gemeinde nicht leicht zu finanzieren. „Das Gesamtkonzept kostet uns drei Millionen Euro“, erzählt Leibold. „Ohne Fördermittel hätten wir das nicht geschafft.“ Diese kamen aus drei verschiedenen Töpfen für drei der vier Komponenten des geplanten Projekts. Für die Hausarztpraxis konnte die Gemeinde eine ELR-Förderung von 90.000-100.000 Euro bekommen. Über das Innovationsprogramm Pflege 2020 wird die Tagespflegeeinrichtung mit 300.000 Euro gefördert. Und für die betreute Wohngemeinschaft konnte die Gemeinde Fördergelder in Höhe von 400.000 Euro über das Programm „Gemeinsam unterstützt und versorgt wohnen 2020/2021“ gewinnen. „So haben wir knapp 30 Prozent der Kosten über Fördergelder gedeckt“, sagt Leibold. „Das ist richtig gut und kommt den Bürgern eins-zu-eins zugute.“

"Wir möchten etwas für unsere Bürger erreichen"

Die Aufgabe die Fördergelder zu beantragen lag bei dem Bürgermeister selbst. „Wir sind eine kleine Gemeinde mit einer kleinen Verwaltung. Da ist das nicht ungewöhnlich“, sagt Leibold. Die Beantragung hat dabei einige Ressourcen gebunden. Für die Fördermittel aus dem Programm „Gemeinsam unterstützt und versorgt wohnen“ etwa müssen Kommunen einen Mietspiegel angeben. In Großrinderfeld lag ein solcher aber gar nicht vor. Leibold musste einen Gutachter bestellen, um der Anforderung nachkommen zu können. Und das ist nur ein Beispiel für den Aufwand, den die Beantragung bedeutet hat. „Es ist schon einiges an Zeit in die Anträge geflossen“, erinnert sich der Bürgermeister. „Aber ich habe das gerne gemacht. Wir möchten etwas für unsere Bürger erreichen und die Arbeit hat sich absolut gelohnt.“

Interesse am Ärzte- und Seniorenhaus ist groß

Mitte Januar fand der Spatenstich für den neuen Komplex statt. Und damit kam auch die Berichterstattung in der lokalen Presse. „Seither rufen die Menschen unablässig hier im Rathaus an, um zu erfahren, ab wann sie einen Platz in der Wohngemeinschaft oder der Tagespflege bekommen können“, erzählt der Bürgermeister. Derzeit müssen die Rathausmitarbeiter die Anrufer aber vertrösten. Einen genauen Zeitpunkt, ab dem Plätze verfügbar sind, gibt es noch nicht. Die Gemeinde rechnet damit, dass die ersten Plätze in einem Jahr belegt werden können. „Für unsere Gemeindegröße ist es wirklich toll, dass wir ein Projekt mit diesem Ausmaß realisieren können“, freut sich Leibold. „Dafür war die Förderung essentiell.“