Interkommunale Klimaschutzmanager als Erfolgsrezept für kleine Kommunen
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Interkommunale Klimaschutzmanager: Eine für alle

Die Expertise eines Klimaschutzmanagers ist für Kommunen wichtig. Für kleine Gemeinden ist es organisatorisch und finanziell aber oft nicht praktikabel, eine solche Stelle zu schaffen. Die Lösung liegt in der Einstellung eines interkommunalen Managers. Die GVV Denzlingen-Vörstetten-Reute hat mit Diana Sträuber bereits seit zwei Jahren eine solche Managerin.

„Klimaschutz ist ein breit gefächertes Thema. Wir als kleine Gemeinde mit nur sechs Mitarbeitern haben nicht die Expertise, um uns fachlich und zeitlich reinzuknien. Deshalb ist es gut, dass wir dieses wichtige Thema in spezialisierte Hände geben“, sagt Lars Brügner, Bürgermeister der Gemeinde Vörstetten gegenüber die:gemeinde.

Drei Gemeinden, eine Klimaschutzmanagerin

Zusammen mit seinen Kollegen der Gemeinden Denzlingen und Reute, mit denen Vörstetten einen Gemeindeverwaltungsverband (GVV) bildet, nimmt Vörstetten seit zwei Jahren die Dienste der Klimaschutzmanagerin Diana Sträuber in Anspruch. Die Diplom-Forstwirtin ist beim GVV Denzlingen-Vörstetten-Reute seit September 2019 angestellt, die Stelle wird vom Bund gefördert. Die Vorteile des gemeinsamen Engagements fangen schon bei der Stellenausschreibung an: So ist es leichter, jemanden für eine ganze Stelle zu finden, als wenn jede Gemeinde für sich nach Kandidaten für Halbtagsstellen Ausschau halten würde. Die zu bearbeitenden Themen seien am Ende ohnehin ähnlich, sagt Lars Brügner. Da biete es sich an, Synergieeffekte zu nutzen. So könne man beispielsweise ein Informationsschreiben an die Bürger in allen drei Gemeinden nutzen, statt drei separate zu formulieren. 

Öffentlichkeitsarbeit und zielgenaue Bildungs- und Beratungsangebote

Zu den Vorteilen bei der Personalsuche und den inhaltlichen Synergieeffekten komme der günstige Umstand, dass man mit dem GVV bereits eine gut funktionierende Struktur habe, die ein gemeinsames Bauamt und ein gemeinsames Personalamt beinhalte, sagt Lars Brügner. Da liege es nahe, auch gemeinsam eine Spezialistin für Klimaschutz zu engagieren. Die Aufgaben der Klimaschutzmanagerin bestehen laut Diana Sträuber darin, Bürger der Gemeinden zu klimaschonenden Entscheidungen zu motivieren. So weist sie darauf hin, dass die Gebäude in kommunaler Hand nur drei bis vier Prozent der Gesamtemissionen ausmachen und die meisten auf Privathäuser entfallen. „Meine Aufgaben bestehen im Wesentlichen darin, viel Öffentlichkeitsarbeit zu machen und zielgenaue Bildungs- und Beratungsangebote zu schaffen. Dabei arbeite ich gerne mit bereits ausgearbeiteten Tools und Kampagnen – nicht jede Gemeinde braucht das Rad neu zu erfinden und bei null anzufangen“, sagt Sträuber gegenüber die:gemeinde. 

Global denken, lokal handeln

Doch warum ist Klimaschutzmanagement auf lokaler Ebene überhaupt nötig, wenn doch, wie Experten immer wieder betonen, der Klimawandel ein globales Problem ist, das vor Staatsgrenzen keinen Halt macht, wie der Sommer 2021 wieder einmal auf bedrückende Weise vor Augen geführt hat? Lars Brügner sieht darin keinen Widerspruch. Denn das Motto „Global denken, lokal handeln“ gelte auch für den Klimaschutz. „Es ist immer gut, wenn man den Bezug zu den Menschen hat. Wäre die Klimaschutzmanagerin beim Landkreis angesiedelt oder würde sie sich um 20 Gemeinden kümmern, wäre sie mir zu weit weg. Unsere Lösung hat den Vorteil, dass wir näher dran sind und sie näher an uns Gemeinden, dass wir hausintern Zugriff auf sie haben und sie auf uns“, sagt Lars Brügner.  

Gratis Klimaberatung für Häuslebauer

Wie erfolgreich die Arbeit der Managerin ist, hängt stark von der Mitarbeit der Bürger ab, als deren Summe Brügner die Gemeinde definiert. Ihm ist wichtig, die Menschen auf positive Art und Weise für das Thema Klimaschutz zu gewinnen, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Mit der „Energiekarawane“ macht Vörstetten das derzeit, indem man Häuslebauern im Vorfeld eine Klimaberatung schenkt. „Die Menschen merken dann, dass sie langfristig Geld sparen können, wenn sie Energie einsparen – und nebenbei etwas fürs Klima tun. So überzeugt man sie eher, als wenn man ihnen sagt, dass sie ihr Verhalten ändern müssen“, kommentiert Brügner. Auch Diana Sträuber hält große Stücke auf das Angebot der Energiekarawane.

Die Energiekarawande wird von Vielen sehr dankbar angenommen, da zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz und dem Förderdschungel bei energetischen Sanierungen ein sehr großer Beratungsbedarf besteht.

Diana Sträuber, interkommunale Klimaschutzmanagerin

Diana Sträuber über interkommunale Klimaschutzmanager

Über die Energiekarawane hinaus koordiniert sie Beratungsnachmittage zum Thema Photovoltaik-Anlagen. Im kommenden Jahr will sie Klima-Kurse in Volkshochschulen lancieren, um Multiplikatoren für den kommunalen Klimaschutz zu gewinnen. Sträuber hat in ihren zwei Jahren bereits viele Beratungsleistungen durchgeführt. Bundesweite Aufmerksamkeit wurde ihr und der Gemeinde Denzlingen vor einem Jahr zuteil, als bekannt wurde, dass die Gemeinde ihren Bürgern eine Prämie zahlt, wenn diese ihr Auto mit Verbrennermotor abmelden. Im Rahmen des ambitionierten Gemeinderatsbeschlusses in Denzlingen, wonach die Gemeinde bis 2035 klimaneutral werden soll, hat Sträuber zusammen mit einer Kollegin einen Klimaschutzbeirat gegründet, der weitere Klimaschutzmaßnahmen mit auf den Weg bringen soll. 

Gemeindetag sieht interkommunale Klimaschutzmanager als Erfolgskonzept

Das Modell des GVV Denzlingen-Vörstetten-Reute hat aus Sicht des Gemeindetags Vorbildcharakter für andere Kommunen dieser Größenordnung. „Vor allem bei kleineren Gemeinden stellt sich hier häufig die Frage der Verhältnismäßigkeit: Wenn die klassische Rathausverwaltung nur aus fünf Personen besteht, lässt sich in der Regel ein hundertprozentiger Klimaschutzmanager weder rechtfertigen noch finanzieren“, sagt Referent Stefan Braun. „Gerade kleinere Gemeinden sind jedoch auf entsprechendes Fachpersonal angewiesen, um die zahlreichen Aufgaben rund um den Klimaschutz richtig strukturiert angehen zu können, die bestehenden vielfältigen Fördermöglichkeiten umfassend zu nutzen und ihre Vorbildfunktion in die Bevölkerung hinein öffentlichkeitswirksam und bürgerfreundlich wahrnehmen zu können.“ 

Auch Engen plant einen interkommunalen Klimaschutzmanager

Genau diesen Weg will auch die Stadt Engen im Landkreis Konstanz gehen. Die Stadt will zusammen mit anderen einen interkommunalen Klimaschutzmanager engagieren. „Die Stadt Engen hat das organisatorisch in die Hand genommen. Wir klären gerade die Möglichkeiten ab, die es gibt, und haben Kontakt mit sechs anderen Kommunen aufgenommen, die ihrerseits bereits Interesse signalisiert haben“, sagt Hauptamtsleiter Jochen Hock gegenüber die:gemeinde. Im Vorfeld müssen nun verschiedene Dinge geklärt werden. Zum Beispiel die Frage, wie der Klimaschutzmanager angestellt und wo er organisatorisch angesiedelt wird, welche Kosten entstehen und wie diese zwischen den Kommunen aufgeteilt werden. Dabei stellt sich auch die Frage, was passiert, wenn eine Gemeinde, für die der Manager zuständig ist, eines Tages beschließt, kein Interesse mehr an seinen Diensten zu haben. All das könnte beispielsweise in einem Vertrag zwischen den Kommunen geregelt werden, der auch solche Eventualitäten berücksichtigt. 

Die Motive für die Initiative fasst der Hauptamtsleiter so zusammen: „Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass Klimaschutz nicht an der Gemeindegrenze aufhört, sondern über sie hinausgedacht werden muss. Wir brauchen dafür jemanden, der die verschiedenen inhaltlichen Bausteine koordiniert, die Organisation übernimmt und – ganz wichtig – den Überblick behält“, sagt Hock.