Letzte Meile: Lastenräder können zu einer klimaschonenden letzten Meile beitragen.
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Die „Letzte Meile“ nachhaltig gestalten

25. Juli 2022
Die Handlungsspielräume der Gemeinden, sowie Prozesse und Logistikketten vorstellen – das tut der neue kommunale Leitfaden „Nachhaltige Logistik der Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP)“ von e-mobil BW. Martin Strobel fasst die wichtigsten Punkte für die:gemeinde zusammen.

Der Leitfaden der Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive soll kommunalen Vertreterinnen und Vertretern dabei helfen, den Weg zu einer nachhaltigeren und ganzheitlich stadtverträglicheren „Letzten Meile“ in der Logistik zu gestalten. Mit über 13 Millionen Sendungen pro Tag (2020) stellt die KEP-Logistik eine der immer wichtiger werdenden Herausforderungen der Mobilitätswende dar. Zwischen 2010 und 2020 hat sich das Sendungsvolumen nahezu verdoppelt. Durch die COVID-19-Pandemie wurde dieser Trend noch weiter verstärkt. Zudem wird weiterhin ein überdurchschnittliches Wachstum im Privatkundensegment erwartet.

Welche Möglichkeiten haben Städten und Gemeinden?

Gestaltungsmöglichkeiten bestehen für Kommunen vor allem bei der Organisation der Warenverteilung ab dem Empfangsdepot und bei den Rahmenbedingungen. Logistikinnovationen erfordern eine Änderung der Prozessstruktur, daher fokussiert sich der vorliegende Leitfaden auf diese beiden Abschnitte des Logistikprozesses, die „Vorletzte“ und die „Allerletzte Meile“, sowie die dezentralen Umschlagprozesse. Letztere werden erforderlich, um den Einsatz von Lieferrobotern und Lastenrädern mit Hinblick auf Reichweite, Ladevolumen und Geschwindigkeit zu ermöglichen.

Vier innovative Logistikketten

Einen Überblick gibt der Leitfaden über die aktuellen und zukünftig denkbaren Logistikkonzepte, um deren nachhaltige und klimafreundliche Ausgestaltung zu gewährleisten. Ein entscheidender Mehrwert ist dabei die Aggregation der einzelnen Logistikkonzepte zu Logistikketten, um die vorgelagerten Prozesse miteinzubeziehen. Für die „Letzte Meile“ werden exemplarisch vier innovative Logistikketten vorgestellt:

1. Mobile, dezentrale Distribution mit Lastenrädern

Die Auslieferung mit Lastenrädern wird bereits in verschiedenen Kommunen regulär angeboten und ist als rechtssicher eingeordnet. Es bestehen Förderprogramme, eine zeitnahe Umsetzung ist möglich.

2. Letzte Meile mit nächtlicher Warenanlieferung

Nachtlogistik ist bislang im KEP-Bereich nur wenig verbreitet, lässt sich unter Einhaltung des Lärmschutzes aber bereits rechtssicher umsetzen. Im Zusammenhang mit Paketboxen in Parkhäusern, die als Mikro-Depots genutzt werden, kann diese Logistikkette schnell realisiert werden.

3. Güterstraßenbahn mit stationärem Verteilzentrum

Güterstraßenbahnen werden in Deutschland, beispielsweise in Karlsruhe, bereits erprobt. Gegebenenfalls ist eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz nötig. Weiter verteilt werden die Pakete über Mikrodepots und Crowd Delivery (Privatpersonen). Die kommunale Einflussnahme ist in diesem Fall vergleichsweise eingeschränkt.

4. (Teilweise) Autonome Abwicklung der letzten Meile

Perspektivisch ist ein Einsatz autonomer Zustellroboter denkbar. Auch die Warenanlieferung und Mikro-Depots können autonom ausgestaltet werden. Rechtlich und technisch ist diese Kette final noch nicht umsetzbar, sodass die weiteren Entwicklungen abzuwarten bleiben.

Martin Strobel ist Student im Studiengang „Public Management“ an der Hochschule Ludwigsburg und Praktikant beim Gemeindetag Baden-Württemberg
Martin Strobel ist Student im Studiengang „Public Management“ an der Hochschule Ludwigsburg und Praktikant beim Gemeindetag Baden-Württemberg 

Für die Umsetzung in den Kommunen stehen im Leitfaden Steckbriefe mit den vier Beurteilungsdimensionen „Reifegrad“, „Innovationsgrad“, „Finanzierung“ und „Rechtlicher Aufwand“ zur Verfügung, um die individuelle Eignung und Passgenauigkeit für die Kommune zu überprüfen. Im Leitfaden wird die Bedeutung eines vernetzten Ansatzes hervorgehoben, der aus einem Zusammenspiel mehrerer Konzepte mit unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Reifegraden besteht. Dies ermöglicht auch eine gestaffelte Einführung verschiedener Konzepte. Abschließend finden weitere Logistikkonzepte Beachtung, die von den Kommunen flexibel mit anderen Konzepten kombiniert und in Logistikketten kombiniert werden können.  

Die Letzte Meile: Was wird transportiert?

Aktuell werden innovative Konzepte zur nachhaltigen Gestaltung der urbanen KEP-Logistik vor allem in Ballungsräumen pilotiert. Auch kleinere Städte und Gemeinden können in Abstimmung mit den lokal tätigen KEP-Dienstleistern den Wandel proaktiv gestalten. Die Bedürfnisse von KEP-Unternehmen können in Stadtentwicklungs- und Nutzungsplänen zur gezielten Steuerung der Logistikwege berücksichtigt werden. Zur Sicherstellung der Versorgung kann ein frühzeitiger Einbezug der Dienstleister im Rahmen der Stadt- und Quartiersentwicklung sinnvoll sein.

Schritte bis hin zur letzten Meile

Im Lichte einer innovativen Standortpolitik und zur proaktiven Steuerung der Entwicklungen stellt für Kommunen das Handlungsfeld Logistik ein mitentscheidendes Kriterium dar. Dazu empfiehlt sich ein fortlaufender Dialog mit allen beteiligten Akteuren. Ebenso kann eine frühzeitige rechtliche Bewertung und Benennung der notwendigen Prozessschritte dazu führen, Umsetzungshürden im Vorfeld leichter zu überwinden.