Die Stadt hat Fotomontagen des Hebert mit den geplanten Windkraftanlagen anfertigen lassen.
Die Stadt hat Fotomontagen des Hebert mit den geplanten Windkraftanlagen anfertigen lassen.
© Stadt Eberbach

Bürger stimmen für Windkraftanlagen - So hat Eberbach den Bürgerentscheid vorbereitet

Beim Bürgerentscheid in Eberbach haben sich die Bürger mehrheitlich FÜR Windkraftanlagen ausgesprochen. Dabei stoßen EEA-Anlagen immer auch auf Widerstand. Wie hat die Stadt den Bürgerentscheid vorbereitet?

Windkraftanlagen sind ein umstrittenes Thema - Darüber, dass sie dringend nötig sind, um die Energiewende hin zu den Erneuerbaren Energien zu schaffen, sind sich die meisten Menschen einig. In der Nähe des eigenen Heims wollen sie viele trotzdem nicht haben. Sorgen um Schattenwurf, Lärm und Lichtverschmutzung werden schnell laut. Und auch Bedenken rund um den Naturschutz kommen immer wieder auf, wenn Windkraftanlagen geplant werden. Aufgrund der Bürgerproteste scheuen sich viele Kommunen davor Windkraftanlagen zu planen oder Flächen dafür freizugeben. So auch in Eberbach. Schon seit vielen Jahren wird in der Stadt geprüft, wo Anlagen für Erneuerbare Energien gebaut werden könnten. Eine Standortanalyse ergab 2012, dass es vier mögliche Potentialstandorte für Windenergieanlagen gibt - darunter auch der Kommunalwald Hebert. Im Jahr 2015 hatte der Gemeinderat dann beschlosen, von diesen, den Standort „Hebert“ als Windkraftstandort genauer zu prüfen. In der Folge bildeten sich Bürgerinitiativen. Für Windkraftanlagen im Kommunalwald sprechen sich die Initiative Windenergie für Eberbach und die Klimainitiative Eberbach aus. Gegen den Bau der Windkraftanlagen engagiert sich die Bürgerinitiative "Rettet den Hebert".

Gemeinderat wollte die Entscheidung über Windkraftanlagen den Bürgerinnen und Bürgern überlassen

Umso spannender war der gestrige Bürgerentscheid in der 15.000-Einwohner-Stadt. Dort gibt es Pläne auf kommunalen Flächen im Wald bis zu fünf Windkraftanlagen zu errichten. Ein Interessenbekundungsverfahren hat bereits einen potentiellen Anlagenbetreiber ergeben. Doch nun sollten zunächst die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob sie Windkraftanlagen auf der Gemarkung der Stadt haben möchten. "Wir wollen diese schwierige Entscheidung in die Hände der Bürgerinnen und Bürger legen", sagt Bürgermeister Peter Reichert. Das hat der Gemeinderat bereits im Oktober letzten Jahres entschieden. Die Wahl hatte man damals schon für den 3. April festgelegt - um ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu haben.

Informationsbroschüre klärt Fragen zu de geplanten EEA-Projekt in Eberbach

Bei der gestrigen Wahl handelt es sich um den ersten Bürgerentscheid in der Stadt Eberbach. Schnell entschied der Gemeinderat die nötige Information der Bürgerinnen und Bürger auf zwei Wegen zu erreichen. Zum einen hat die Kommune, mit Hilfe des Forums Energiedialog eine Informationsbroschüre erarbeitet, die auch von der Landespolitik gelobt wurde. In der Broschüre ist genau nachzulesen, an welchem Punkt sich das Projekt befindet und welche Auswirkungen ein positiver oder aber ein negativer Ausgang des Bürgerentscheid haben würde. Es werden zudem allgemeine Fragen geklärt, die für Anwohner interessant sind: "Wie werden die Anwohner vor Lärm und Schattenwurf geschützt?", "Was wird von den Windkraftanlagen zu sehen sein?" oder auch "Was ist mit dem Natur- und Artenschutz?". Zudem erfahren die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt in der Broschüre, welche finanziellen Auswirkungen die Windkraftanlagen auf die Stadt haben würden und wie mögliche Beteiligungskonzepte für die Bürgerinnen und Bürger aussehen können. Die Broschüre wurde an alle Haushalte der Stadt verteilt und ist auch auf deren Homepage abrufbar.

Informationsveranstaltung für Anwesende und Homepage-Besucher

Zum anderen gab es im März eine Informationsveranstaltung in der Stadthalle bei der Bürgermeister, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, Initiativen für und gegen die Windkraftanlagen, eine Vertreterin und ein Vertreter des Formus Energiedialog, Vertreter der Firma, die die Windkraftanlagen aufstellen möchte, Vertreter des Landratsamtes, das Genehmigungsbehörde für potentielle Windkraftanlagen ist und Expertinnen und Experten für Themen wie Artenschutz oder auch Schall und Infraschall bei Windkraftanlagen anwesend waren, das Projekt vorstellten und Fragen der anwesenden Bürger beantworteten. Die gesamte Informationsveranstaltung, die drei Stunden dauerte, war ebenfalls schon am Folgetag auf der Homepage der Stadt abrufbar.

61,4 Prozent stimmen für Windkraftanlagen

Nachdem sie umfangreiche Möglichkeiten erhalten hatten, sich über die geplanten Windkraftanlagen zu informieren, war es gestern so weit: Die Einwohnerinnen und Einwohner von Eberbach konnten abstimmen. Und das taten sie mit 61,4 Prozent mehrheitlich für das Erneuerbare Energien-Projekt. Damit ist die Entscheidung gefallen: Flächen im Gemeindewald dürfen für den Bau von Windrädern verpachtet werden. Trotz des großen Aufwandes, den die Stadt betrieben hatte, war die Wahlbeteiligung geringer, als es sich etwa der Bürgermeister gewünscht hatte. Mit 42,1 Prozent, waren es 4,772 von 11.337 Wahlberechtigte, die ihre Stimme abgaben.

Bürgermeister hofft auf Vereinfachungen durch Windkraft-Offensive des Landes

Nun kann die Planungsphase beginnen. Die Firma, die beim Interessebekundungsverfahren überzeugt hatte, kann nun die nötigen Gutachten einholen, um einen Genehmigungsantrag beim Landratsamt zu stellen. Bürgermeister Reichert hofft, dass durch die Windkraft-Offensive des Landes die Genehmigungszeiten deutlich verkürzt werden. Im Zuge dieser Offensive könnte auch ein anderer Teil des Hebert bald mit Windkraftanlagen bebaut werden. Denn ein Teil des Waldes ist in Staatsforst. Im Februar hat das Land bekannt gegeben, dass es das Areal zum Ausbau Erneuerbarer Energien ausgeschrieben hat.

Ziele der Stadt: Klimaneutralität und Einnahmen

Für die Stadt Eberbach sind die Windkraftanlagen aus verschiedenen Gründen wichtig. Zum einen möchte die Stadt bis 2035 klimaneutral werden. Zum anderen erhofft sie sich von den Anlagen substanzielle Einnahmen. Die Stadt Eberbach verfügt, topographisch bedingt, leider nicht über Freiflächen, die eine gewerbliche Entwicklung ermöglichen. Wir können nicht, wie andere Kommunen, Gewerbegebiete ausweisen, um hoffentlich danach unter anderem von Gewerbesteuereinnahmen zu profitieren", so der Bürgermeister. "Die Stadt braucht Einnahmen, um die vorhandene und angestrebte Infrastruktur zu finanzieren, um alle Pflichtaufgaben umzusetzen, sowie die freiwilligen Aufgaben zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger angehen zu können." Über die Windkraftanlagen soll die Stadt Einnahmen in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Euro erwarten.