Solaranlagen auf dem Dach - Ein Resultat der klimafreundlichen Bauleitplanung in Dettingen
© Gemeinde Dettingen

Bauleitplanung: Dettingen senkt den CO2-Ausstoß

22. August 2022
Gebäude sind für einen großen Teil des Kohlendioxid-Ausstoßes im Südwesten verantwortlich. Eine klimagerechte Bauleitplanung der Kommunen kann dazu beitragen, diese Emissionen zu verringern und ist daher ein wirksamer Hebel der lokalen Klimapolitik. Wie Kommunen hier effizient vorgehen können und was die Gemeinde Dettingen unter Teck konkret tut, zeigt ihr Klimaschutz- und Energiemanager Michael Christ im Gastbeitrag.

Die Kommune Dettingen unter Teck ist eine Gemeinde am Fuße der Schwäbischen Alb im Landkreis Esslingen. Hier leben rund 6.300 Menschen. Bürgermeister Rainer Haußmann hat zusammen mit dem Gemeinderat und der Bevölkerung bereits Ende der neunziger Jahre mit der nachhaltigen Gemeindeentwicklung begonnen. Dettingen kann man daher zu Recht als Vorreiter bezeichnen. Ich selbst bin seit einem Jahr dabei und treibe den systematischen Klimaschutz im Ort voran.  

Michael Christ ist Klimaschutz-  & Energiemanager der Gemeinde Dettingen unter Teck und kümmert sich auch um die klimafreundliche Bauleitplanung
Michael Christ ist Klimaschutz- & Energiemanager der Gemeinde Dettingen unter Teck östlich von Nürtingen

Zentral für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung ist es, Gebäude klimagerecht zu planen und zu bauen. Die konsequente Verringerung der Klimagase erfordert meist eine Neuausrichtung der städtebaulichen Praxis. Dass das Thema auf den Nägeln brennt, zeigen die Zahlen: Wer in Baden-Württemberg wohnt und arbeitet, kommt aktuell auf einen ökologischen Fußabdruck von mindestens acht Tonnen Treibhausgase pro Jahr. In Richtung Klimaneutralität geschaut muss dieser Wert deutlich – auf unter eine Tonne – sinken. Rund ein Drittel des CO2-Ausstoßes entfällt auf den Gebäudesektor – Klimaschutzaktivitäten müssen also auch hier mit Nachdruck vorangetrieben werden. Was heute gebaut wird, hat für die nächsten 50 bis 100 Jahre Bestand, daher müssen wir jetzt entschieden handeln. Nachbessern ist schwer möglich und wenn, dann äußerst teuer. Wer eine nachhaltige Stadtentwicklung betreibt, macht gleichzeitig auch eine klimafreundliche Bauleitplanung.

Gemeindeentwicklungsplan macht klimafreundliche Bauleitplanung möglich

Grundstein für alle Planungen ist unser Gemeindeentwicklungsplan, der Ende der Neunziger die Bedarfe im Ort analysierte und die Potenziale erfasste. Die Entwicklung innerorts hat bei uns Vorrang vor der Erschließung der Außenbereiche. So konnten wir die Siedlungsfläche pro Einwohner auch im Vergleich zum Landesdurchschnitt sogar deutlich verringern. Ein Rahmenplan zur Innenentwicklung beantwortet die Fragen: Wo ist das Bauen sinnvoll und wo passt noch ein Häusle rein, so dass trotzdem wichtige zusammenhängende Grünbereiche vorhanden bleiben? Über eine Förderung der Sanierungen im Ortskern reduzieren wir auch im Bestand unsere Treibhausgasemissionen. Darüber hinaus wollen wir Dettingen zur Stadt der kurzen Wege machen, soweit dies nicht schon geschehen ist. Die Kitas stehen nicht am Ortsrand, sondern dort, wo die Menschen wohnen und arbeiten. Zu guter Letzt ist es bei uns üblich, dass wir regelmäßige große Besprechungsrunden mit allen am Entwurf und an der Planung Beteiligten durchführen. Zu den Beteiligten gehören Bürgermeister, Ortsbauamt, Kämmerei, Energie- und Klimaschutzmanagement, Stadtplaner, Architekten und Energieplaner.

Kommunale Wärmeplanung als Baustein der klimafreundlichen Bauleitplanung

Ein weiterer Baustein der klimagerechten Bauleitplanung ist unsere kommunale Wärmeplanung. Sie dient dazu, den Wärmeverbrauch in den Gemeinden klimafreundlich zu gestalten. Hilfreich war hier der enge Kontakt zur Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie zur Klimaschutzagentur des Landkreises Esslingen. Unsere Gemeinde ist nicht zur kommunalen Wärmeplanung verpflichtet. Wir haben uns aber aufgrund der zahlreichen Vorteile dazu entschlossen. Klimaschutz lohnt sich auch wirtschaftlich und bedeutet weniger Abhängigkeit von immer teurer und knapper werdenden Öl- und Gasimporten. Weil die lokalen Energiequellen wie Wald, Grund- und Abwasser, über die Gemarkungen hinausreichen, führen wir die Wärmeplanung gemeinsam im Konvoi mit der Gemeinde Bissingen an der Teck und der Stadt Owen durch.

Neue Projekte werden auf Klimafreundlichkeit geprüft

Die Holzhackschnitzelheizanlage als Nahwärmeversorgung für kommunale Gebäude sowie für kommunale und private Einrichtungen, der Sanierungsfahrplan für die Grundschule und die Teilnahme am European Energy Award (eea) sind nur drei von vielen Maßnahmen, die die Gemeinde schon umgesetzt hat oder dabei ist, sie umzusetzen. Beim eea wollen wir uns als erste Kommune im Landkreis Esslingen zertifizieren lassen und liegen aktuell im Plan. Wenn wir Energiekonzepte erstellen, achten wir inzwischen streng auf einen niedrigen CO2-Ausstoß. Für das Neubaugebiet Guckenrain-Ost beispielsweise prüfen wir gerade ein klimafreundliches Nahwärmenetz. Die Wärme soll dem Abwasser entzogen und mit Wärmepumpen effizient auf Heizungstemperatur gebracht werden. Großen Wert legen wir auch auf die Nutzung der Solarenergie, nicht nur in Guckenrain-Ost, sondern auch im bestehenden Baugebiet Goldmorgen-Süd. 

Fazit: Eine klimafreundliche Bauleitplanung ist ein wichtiges Werkzeug, um den ökologischen Fußabdruck von Gemeinden zu verringern. Ein fest angestellter Klimaschutzmanager, der in jeder Planungsphase mit am Tisch sitzt, Klimaschutzaspekte einbringt und kontrolliert, gehört dazu. Für unsere Gemeinde hat sich das gelohnt.  

Klimafreundliche Bauleitplanung

Die klimagerechte Bauleitplanung ist eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige, klimafreundliche Gemeindeentwicklung. Damit das Land bis 2040 klimaneutral werden kann, müssen auch die Kommunen im Gebäudesektor ihre direkten Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren massiv reduzieren. Bis zum Jahr 2040 dürfen nur noch wenige Restemissionen verbleiben, die aus Vorketten Erneuerbarer Energieträger stammen. Der Endenergieverbrauch muss bis dahin halbiert, der Energiebedarf dann vollständig aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden.