Mit dem neuen Regelungsbefreiungsgesetz Abhilfe bei überladenen Verwaltungsprozessen geschaffen werden.
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Weniger Regeln, mehr Gestaltungsspielraum

Der Landtag hat das Regelungsbefreiungsgesetz beschlossen. Es gibt Kommunen die Möglichkeit, Verwaltungsabläufe selbst zu vereinfachen und neue Lösungen zu testen.

Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 8. Oktober das Kommunale Regelungsbefreiungsgesetz einstimmig verabschiedet. Mit dem neuen Gesetz sollen Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände mehr Freiheit erhalten, um Verwaltungsprozesse zu vereinfachen, zu beschleunigen und kostengünstiger zu gestalten.

Schritt zum Abbau bürokratischer Hürden

Künftig können Kommunen in Erprobungsfällen für bis zu vier Jahre von bestimmten landesrechtlichen Vorschriften abweichen, sofern keine übergeordneten Rechtsgüter entgegenstehen. Diese Befreiungen sind rechtlich abgesichert und müssen dokumentiert sowie ausgewertet werden. Gelingt ein Modellversuch, kann er landesweit übernommen werden.

Erprobung von innovativen Verwaltungsverfahren

Innenminister Thomas Strobl bezeichnete das Gesetz als Ausdruck des Vertrauens in die kommunale Ebene und als wichtigen Schritt zum Abbau bürokratischer Hürden. Ziel sei es, Innovationen direkt vor Ort zu fördern und erfolgreiche Ansätze aus den Kommunen in das ganze Land zu tragen.

Das Ziel des Gesetzes ist es, Bürokratie abzubauen und innovative Verwaltungsverfahren zu erproben. Gemeinden und Landkreise dürfen damit für eine begrenzte Zeit von bestimmten landesrechtlichen Vorschriften abweichen, um neue, einfachere Verwaltungsprozesse auszuprobieren. Dadurch sollen Verfahren für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden schneller, kostengünstiger und unbürokratischer gestaltet werden. Gleichzeitig sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, flexibel auf Herausforderungen wie den demografischen Wandel zu reagieren und vor Ort passende Lösungen zu entwickeln.

Kurze Entscheidungsfristen

Antragsberechtigt sind die Gemeinden – vertreten durch ihre Bürgermeister – sowie die Landkreise – vertreten durch die Landräte. Sie können einen Antrag stellen, um zeitweise von Landesgesetzen, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften abzuweichen. Dabei gilt jedoch, dass weder Bundesrecht noch europäisches Recht oder die Rechte Dritter verletzt werden dürfen. In dem Antrag muss genau dargelegt werden, von welchen Vorschriften abgewichen werden soll, wie lange die Testphase dauern soll (maximal vier Jahre) und auf welche alternative Weise die Ziele der ursprünglichen Vorschriften dennoch erreicht werden.

Über den Antrag entscheidet das jeweils zuständige Fachministerium. Die Entscheidung muss innerhalb von drei Monaten getroffen werden. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung, gilt die Genehmigung automatisch als erteilt. Eine Ablehnung ist nur zulässig, wenn durch die beantragte Maßnahme eine Gefahr für Leib und Leben besteht oder wenn wichtige Belange des Gemeinwohls entgegenstehen. Wird der Antrag genehmigt, wird die Befreiung im Gemeinsamen Amtsblatt veröffentlicht.

Jede Genehmigung ist auf höchstens vier Jahre befristet. Neben einzelnen Gemeinden und Landkreisen dürfen auch kommunale Landesverbände – wie der Gemeindetag, der Städtetag oder der Landkreistag Baden-Württemberg – stellvertretend für mehrere Kommunen oder Landkreise Anträge stellen. Die zuständigen Ministerien sind verpflichtet, die Ergebnisse der erprobten Maßnahmen auszuwerten und zu prüfen, ob erfolgreiche Modelle auf das ganze Land übertragen werden können.

Über den Stand und die Auswirkungen des Gesetzes berichtet die Landesregierung dem Landtag regelmäßig – erstmals zum 30. Juni 2026, anschließend zum 31. Dezember 2028 sowie zum 30. Juni 2030. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2030. Danach läuft es automatisch aus.

Anwendungsbeispiel: Vereinfachtes Genehmigungsverfahren für neue Kindertagesstätten

Mögliche Anwendungsbeispiele des Gesetzes sind vielfältig. Ein Beispiel ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für neue Kindertagesstätten. In manchen Gemeinden besteht ein hoher Bedarf an Kitas, doch der bürokratische Aufwand – etwa durch strenge baurechtliche Anforderungen, lange Fristen oder zusätzliche Gutachten – verzögert den Bau oder Umbau erheblich. Eine Kommune könnte daher beantragen, für diese Bauvorhaben zeitweise von bestimmten Landesauflagen abzuweichen, zum Beispiel durch weniger strikte Anforderungen an Abstandsflächen oder den Verzicht auf bestimmte formale Gutachten, solange der Schutz – etwa in den Bereichen Brandschutz oder Hygiene – gewährleistet bleibt. Solche Beispiele werden bereits in der öffentlichen Diskussion genannt. So wird etwa hervorgehoben, dass Städte künftig ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für neue Kitas testen könnten

Den beschlossenen Gesetzestext können Sie hier im Wortlaut lesen.