
„Weniger Ankündigungen, mehr echte Reformen!“
Deutschland steht vor tiefgreifenden Herausforderungen. Die wirtschaftliche Entwicklung schwächelt, die Klimawende stockt, die soziale Infrastruktur gerät zunehmend unter Druck und die Haushaltslage vieler Kommunen wird immer prekärer. Gleichzeitig wächst die Erwartungshaltung gegenüber Staat und Verwaltung – oft ohne Rücksicht auf die tatsächlichen finanziellen und personellen Ressourcen. Gerade in Wahlkampfzeiten dominieren Versprechen, politische Zielsetzungen und Wunschvorstellungen.
Die Kommunen, die als bürgernächste Verwaltungsebene direkt mit den Folgen politischer Entscheidungen konfrontiert werden, geraten dadurch immer stärker an ihre Grenzen. Sie tragen die Hauptlast der Umsetzung, sei es in der Bildungs- und Sozialpolitik, der Wirtschaftsförderung oder der Daseinsvorsorge. Doch anstatt sie als Partner auf Augenhöhe einzubeziehen, werden Städte und Gemeinden allzu oft mit neuen Aufgaben überfrachtet, ohne ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Deshalb fordern die baden-württembergischen Kommunen zur Bundestagswahl 2025 eine Kehrtwende: Weniger Bürokratie, mehr Subsidiarität! Weniger Ankündigungen, mehr echte Reformen! Die Forderungen sind in einem Perspektivenpapier zusammengefasst, das der Landesvorstand einstimmig beschlossen hat und im Folgenden dargelegt ist.
Kommunale Finanzen: Stabilität statt Defizitspirale
Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Während Bund und Länder politische Maßnahmen beschließen, müssen die Kommunen sie vor Ort umsetzen – häufig ohne ausreichende finanzielle Mittel. Die Folge: strukturelle Haushaltsdefizite, Investitionsstaus und eine wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Besonders alarmierend ist, dass zentrale Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur nicht hinreichend finanziert sind.
Daher braucht es eine Neuausrichtung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Insbesondere fordern die Städte und Gemeinden eine Erhöhung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer, damit sie wieder in der Lage sind, dringend notwendige Investitionen zu tätigen. Zudem muss das Konnexitätsprinzip ins Grundgesetz aufgenommen werden – denn wer Aufgaben überträgt, muss auch für eine gesicherte Finanzierung sorgen.
Bürokratieabbau: Gesetze müssen praktikabel sein
Deutschland leidet unter einer ausufernden Bürokratie. Statt klare und verständliche Rahmenbedingungen zu schaffen, werden die Kommunen mit immer neuen Berichtspflichten, Kontrollvorgaben und Dokumentationspflichten überlastet. Gesetze und Vorschriften sind oft realitätsfern und binden wertvolle Ressourcen, die für die tatsächliche Aufgabenerfüllung fehlen.
Daher braucht es eine generelle Überprüfung bestehender Vorschriften mit dem Ziel, unnötige Regularien abzubauen. Zudem müssen die Kommunen frühzeitiger in den Gesetzgebungsprozess einbezogen werden, um sicherzustellen, dass neue Gesetze auch tatsächlich umsetzbar sind. Besonders dringend ist zudem eine Reform des Vergaberechts, um öffentliche Investitionen zu beschleunigen und praxisgerechter zu gestalten.
Wirtschaft und Klimaschutz: Bezahlbare Energiewende ermöglichen
Eine Harmonisierung der Klimapolitik kann widersprüchliche Regelungen auf EU-, Bundes- und Landesebene vermeiden. Es braucht daher eine kohärente Klimapolitik, die auf allen Ebenen – EU, Bund und Länder – einheitliche Regelungen schafft. Zudem fordern die Kommunen eine kommunale Investitionsoffensive, um den wirtschaftlichen Standort Deutschland zu stärken. Gleichzeitig müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien drastisch vereinfacht werden, damit die Energiewende nicht an bürokratischen Hürden scheitert.
Bildung und Betreuung: Ehrliche Finanzierung statt leerer Versprechen
Kaum ein Bereich ist für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes so entscheidend wie die Bildung. Doch anstatt für eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung zu sorgen, überträgt der Bund immer neue Aufgaben an die Kommunen – ohne entsprechende Mittel bereitzustellen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ist das beste Beispiel für diese Fehlsteuerung: Weder sind genügend Plätze vorhanden, noch gibt es ausreichend Personal und Finanzmittel, um das Angebot flächendeckend sicherzustellen.
Daher fordern die Kommunen eine strukturelle Förderung der frühkindlichen Bildung und eine realistische Umsetzung der Ganztagsbetreuung mit einem gemeinsamen Pakt für eine bessere Ganztagsbetreuung anstatt des Rechtsanspruchs. Zudem ist ein neuer Digitalpakt notwendig, der nicht nur einmalige Investitionen in Technik vorsieht, sondern auch die dauerhafte Wartung und den Support sicherstellt.
Migration ordnen – Integration ermöglichen
Die Kommunen sind maßgeblich für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten zuständig. Doch ohne eine klare Steuerung und verlässliche Finanzierungszusagen stoßen viele Städte und Gemeinden an ihre Grenzen.
Die neue Bundesregierung muss daher sicherstellen, dass nur Geflüchtete mit einer realistischen Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden. Zudem braucht es eine zügigere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, um Fachkräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Gleichzeitig müssen Bund und Länder die Kosten für Unterbringung und Integration vollständig übernehmen, damit kommunale Haushalte nicht überlastet werden.
Infrastruktur modernisieren – Mobilität neu denken
Ob Straßen, Schienen oder digitale Netze – die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur sind vielerorts völlig unzureichend. Gerade in ländlichen Regionen fehlen verlässliche Mobilitätsangebote und schnelle Internetverbindungen.
Daher schlagen die Kommunen eine dauerhafte Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV und eine konsequente Fortführung der Gigabitförderung vor, um flächendeckend schnelles Internet bereitzustellen. Der Bundesverkehrswegeplan muss sich stärker an den kommunalen Bedürfnissen orientieren und Planungs- sowie Genehmigungsverfahren massiv beschleunigt werden.
Kommunale Planungshoheit erhalten
Städte und Gemeinden müssen selbst über ihre Flächen entscheiden können – sei es für den Wohnungsbau, Gewerbegebiete oder Infrastrukturprojekte. Doch Bundes- und EU-Vorgaben schränken diese Gestaltungsmöglichkeiten ein.
Deshalb braucht es aus Sicht der baden-württembergischen Städte und Gemeinden eine grundlegende Novelle des Städtebaurechts, um wieder mehr Handlungsspielräume zu schaffen. Zudem muss es einfacher werden, neue Flächen für den Wohnungsbau zu erschließen, denn Deutschland braucht dringend mehr bezahlbaren Wohnraum.
Fazit: Politik muss wieder realistisch werden
Die Städte und Gemeinden sind keine Erfüllungsgehilfen der Bundespolitik – sie sind die Basis unserer Demokratie. Ihre Handlungsfähigkeit ist essenziell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirtschaftlichen Erfolg. Doch um zukunftsfähig zu bleiben, brauchen sie mehr finanzielle Stabilität, weniger Bürokratie und mehr Mitspracherechte bei politischen Entscheidungen.
Die Bundestagswahl 2025 bietet die Chance für eine Neuausrichtung: Weniger versprechen, mehr umsetzen! Nur wenn politische Entscheidungen realistisch, finanzierbar und umsetzbar sind, kann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie gestärkt werden. Jetzt ist die Zeit, die richtigen Weichen zu stellen – für starke Kommunen und eine nachhaltige Zukunft.