
Was Kommunen von den neuen Bundesministern erwarten können
Friedrich Merz hat am Montag einen Teil seines neuen Kabinetts vorgestellt - den Teil nämlich, der aus seiner Partei kommt. Für Städte und Gemeinden besonders wichtig sind dabei die Ministerien für Inneres, Verkehr, Digitalisierung und Staatsmodernisierung, Bildung und Familie, Gesundheit sowie Bund-Länder-Zusammenarbeit. Hier werden die Weichen gestellt, die unmittelbar den Alltag in den Kommunen beeinflussen – von Infrastrukturprojekten über Verwaltungsdigitalisierung bis hin zur Schul- und Gesundheitsversorgung. Ein Überblick über die zentralen Akteure.
Karsten Wildberger – Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Mit Karsten Wildberger übernimmt ein Quereinsteiger aus der Wirtschaft das Digitalministerium. Wildberger leitete Ceconomy, einen der größten Elektronikhändler in Europa (Mediamarkt, Saturn). Sein Ministerium ist eines der relevantesten für Städte und Gemeinden, und das in doppelter Hinsicht: zum einen wird Wildberger dafür verantwortlich sein, die chronisch stockende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung weiter voranzutreiben und den eklatanten Rückstand zu verringern, den Deutschland darin gegenüber anderen europäischen Staaten hat – überbordende Bürokratie und mangelnde Digitalisierung gelten schon längst als Standortnachteil Deutschlands. Zum anderen – und mit der Digitalisierung in engem Zusammenhang stehend – ist der promovierte Physiker Wildberger für Staatsmodernisierung zuständig. Auch das könnte, wenn klug gestaltet, ein wichtiger und befreiender Prozess für Kommunen werden, die unter dem Joch stetig zunehmender Vorgaben und Normen ächzen und seit vielen Jahren Entlastung fordern (siehe auch den Text „Plädoyer für eine grundlegende Staatsreform“ in dieser Ausgabe) – die Entlastungsallianz Baden-Württemberg lässt grüßen. Wildberger steht für Technologieoffenheit und agile Strukturen, was Hoffnung auf weniger Bürokratie und mehr Umsetzungsstärke weckt. In einem Porträt hat die F.A.Z. Näheres über den Manager erfahren.
Alexander Dobrindt – Inneres
Alexander Dobrindt wird künftig das Bundesinnenministerium führen – ein Schlüsselressort auch für Kommunen. Der CSU-Politiker gilt als Verfechter einer harten Migrationspolitik und unterstützt den von Friedrich Merz eingeschlagenen Kurs einer „Vollbremsung bei der illegalen Migration“. Vor allem vor dem Hintergrund der Anschläge von Aschaffenburg und München Anfang des Jahres äußerte Dobrindt in mehreren Interviews, dass das aktuelle Migrationsregime nicht mehr funktioniere und ein drastischer Kurswechsel nötig sei. Kommunen werden genau hinschauen, wie Dobrindt künftig die Themen Grenzsicherung, Asylverfahren und Integration gestaltet – schließlich sind Städte und Gemeinden maßgeblich für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten verantwortlich und haben in den vergangenen Jahren erhebliche Ressourcen aufgebracht, um die Aufgabe zu stemmen.
Patrick Schnieder – Verkehr
Patrick Schnieder übernimmt das Verkehrsministerium. Spannend: Der in der Vulkaneifel aufgewachsene 57-jährige hat einen Blick für kommunale Belange. Von 1999 bis 2009 amtierte er als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arzfeld im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz) mit knapp 10.000 Einwohnern. Schnieder war lange Jahre Teil des Verkehrsausschusses im Bundestag und gilt daher als Verkehrsfachmann. Das ist in Deutschland alles andere als selbstverständlich, wurden Ministerien in der Vergangenheit doch häufig nach Parteizugehörigkeit und nicht nach Kompetenz besetzt. Als Verkehrsminister wird Schnieder für alle Fragen rund um ÖPNV, Straßenbau, Schieneninfrastruktur und Radverkehr verantwortlich sein. Für Kommunen könnte das mehr Verlässlichkeit bei Förderprogrammen bedeuten – aber auch eine klarere Priorisierung von Großprojekten.
Karin Prien – Bildung und Familie
Karin Prien, bislang Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, wird künftig für Bildung und Familie zuständig sein. Sie bringt Erfahrung und klare bildungspolitische Vorstellungen mit: Frühkindliche Bildung soll gestärkt, Ganztagsangebote ausgebaut und das Bildungswesen insgesamt effizienter organisiert werden. Für Kommunen, die für Schulen und Kitas verantwortlich sind, bedeutet das: Veränderungen sind absehbar, etwa durch neue Förderprogramme und höhere Anforderungen an Ausstattung und Personal.
Nina Warken – Gesundheit
Nina Warken übernimmt das Gesundheitsministerium – trotz fehlender ausgewiesener Erfahrung im Gesundheitsbereich. Die Juristin und frühere CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg bringt jedoch politische Erfahrung und Rückhalt in der Fraktion mit. Kommunen betrifft ihr Ressort unmittelbar: Die Krankenhausreform, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Ländlichen Raum und die Pflegeinfrastruktur sind zentrale Themen. Warken wird dabei auf die Unterstützung von Fachleuten angewiesen sein – für Kommunen könnte das auch Chancen für mehr Mitsprache bedeuten.
Christiane Schenderlein – Sport und Ehrenamt
Christiane Schenderlein übernimmt den Bereich Sport und Ehrenamt. Auch wenn dieses Ministerium eher ergänzende Wirkung entfaltet, könnten gezielte Programme zur Förderung des Ehrenamts und der Vereinslandschaft positive Impulse in die Kommunen bringen. Schenderlein hat angekündigt, bürgerschaftliches Engagement in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen zu wollen.
Das neue Kabinett Merz bringt für Städte und Gemeinden sowohl Chancen als auch Unsicherheiten. Während bei der Digitalisierung und Bildung positive Impulse zu erwarten sind, bleibt abzuwarten, wie die harte Migrationspolitik von Dobrindt in der Praxis umgesetzt wird – und welche Auswirkungen dies auf die kommunale Ebene hat. Klar ist: Die Kommunen werden unter dem neuen Kabinett eine zentrale Rolle spielen – als Orte, an denen sich politische Entscheidungen ganz konkret auswirken.