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So steht es um die Teilhabe junger Menschen in Deutschland

Wie steht es um die Teilhabechancen junger Menschen – in meiner Kommune, im Vergleich zum Bund, zur Nachbarregion? Antworten liefert der neue Teilhabeatlas, herausgegeben von der Wüstenrot Stiftung, dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung sowie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Die Studie kombiniert statistische Daten aus allen 400 Landkreisen und kreisfreien Städten mit Interviews und Handlungsempfehlungen. Im Fokus: Teilhabe junger Menschen zwischen 6 und 25 Jahren – und wie diese durch kommunale Infrastruktur, Bildung, Beteiligung und Lebensbedingungen geprägt wird.

Eine am Montag veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung konstatiert einen Zusammenhang zwischen zunehmender Einsamkeit und der Überzeugung, dass sich ein Engagement für die Demokratie nicht lohnt. Neben dem fehlenden Engagement droht eine wachsende Anfälligkeit für politische Entfremdung und Radikalisierung. Einsamkeit ist daher nicht nur ein individuelles und soziales Problem, sondern auch eine Gefahr für die Demokratie“, schreiben die Autorinnen und Autoren. 

Was ist das Gegenmitteln gegen Einsamkeit und der daraus resultierenden Unlust an Politik und Demokratie? Teilhabe. Wie stark Jugendliche sich einbringen können, hängt aber nicht nur von ihrer Persönlichkeit und ihrem privaten Umfeld ab – sondern auch vom Wohnort. Der Teilhabeatlas analysiert, wie gleich oder ungleich die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen bundesweit verteilt sind (hier geht es zur gesamten Publikation als PDF). Ausgewertet wurden Kennzahlen zu Bildung, Infrastruktur, Demografie und wirtschaftlicher Lage. Die Untersuchung basiert auf einer Kombination aus Statistik und Feldforschung: Neben der Analyse amtlicher Daten wurden 222 junge Menschen und Fachkräfte aus acht exemplarischen Regionen – darunter Wuppertal, Weimar, Ingolstadt und der Neckar-Odenwald-Kreis – interviewt.

Neun Themenfelder im Blick

Über eine interaktive Suchmaske kann jede Kommune nachschauen, wie ihr Landkreis in den insgesamt neun Clustern abschneidet. Dazu zählen:

So entsteht ein Gesamtbild, wie kind- und jugendgerecht eine Region aufgestellt ist – und wo es Nachholbedarf gibt. Die Landkreise Baden-Württembergs schneiden insgesamt gut ab und haben durch die Bank überdurchschnittlich gute Teilhabe-Werte. Doch auch innerhalb des Bundeslandes gibt es teils beträchtliche Diskrepanzen. 

Was jungen Menschen wichtig ist

In den Interviews mit Kindern und Jugendlichen kristallisierten sich drei zentrale Aspekte von Teilhabe heraus: Erstens wünschen sich junge Menschen attraktive und erreichbare Freizeitangebote. Zweitens ist ihnen Selbstbestimmung im Alltag wichtig – etwa durch sichere Fahrradwege oder einen verlässlichen Nahverkehr. Und drittens wollen sie mitgestalten: Sie fordern Beteiligungsmöglichkeiten in Schule, Kommune und öffentlichem Raum – und dass ihre Ideen ernst genommen werden.

Empfehlungen für die kommunale Praxis

Der Atlas belässt es nicht bei der Analyse. Auf Basis der Daten und Gespräche sprechen die Herausgeber konkrete Handlungsempfehlungen aus – etwa für Bildung, Freizeitangebote, Mobilität, Beteiligung und digitale Teilhabe. Besonders relevant für Kommunalpolitiker:innen sind dabei die Vorschläge, wie Beteiligung inklusiver gestaltet, Freizeitangebote niederschwellig geöffnet und vorhandene Räume besser genutzt werden können. Die Studie ruft ausdrücklich dazu auf, regionale Unterschiede aktiv zu berücksichtigen und Teilhabechancen gezielt dort zu stärken, wo sie fehlen. Konkret gibt der Atlas den Verantwortlichen folgende Ratschläge: 

Bildung 



  1. Gezielt in Bildung investieren – unter Berücksichtigung regionaler Bedarfe
  2. Fachkräftepotenzial gering qualifizierter junger Menschen erschließen

Freizeitmöglichkeiten 



  1. Kostenlose und vielfältige Freizeitangebote für junge Menschen schaffen
  2. Freizeittreffs für Kinder und Jugendliche fördern – alle jungen Menschen erreichen
  3. Öffentliche Räume für Kinder- und Jugendliche zugänglich gestalten

Selbstbestimmung 



  1. Öffentlichen Nahverkehr und Fuß- und Fahrradwege ausbauen
  2. Sicherheit im öffentlichen Raum gewährleisten
  3. 
Digitale Teilhabe flächendeckend ermöglichen

Beteiligung 



  1. Junge Menschen an Entscheidungen, die ihre Lebenswelt betreffen, beteiligen 
  2. Interessen junger Menschen mehr politisches Gewicht verleihen

Der Teilhabeatlas ist ein fundiertes Werkzeug für alle, die an der Schnittstelle von Jugendpolitik, kommunaler Entwicklung und Bildungsplanung arbeiten. Er macht nicht nur Defizite sichtbar, sondern zeigt auch Wege auf, wie Kommunen die Lebensrealitäten junger Menschen verbessern können.