Diskussion um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder
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Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung: Gemeindetag warnt vor negativem Effekt

Nur wenn die Bundesmittel erhöht würden, wäre Winfried Kretschmann bereit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zuzustimmen. Diesen Vorstoß begrüßte auch der Gemeindetag Baden-Württemberg. In der jetzigen Form könne sich der Rechtsanspruch negativ auf die Qualität der frühkindlichen Bildung auswirken, warnt Gemeindetagspräsident Steffen Jäger.

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung macht Kommunen in ganz Deutschland Sorge. Weder sind die vom Bund versprochenen Mittel ausreichend, noch ist davon auszugehen, dass rechtzeitig ausreichend Fachpersonal zu gewinnen ist. Daher fordert das Land Baden-Württemberg nun mehr Geld von der Bundesebene. Dazu möchte Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Vermittlungsausschuss des Bundesrats anrufen. Die Länder sollten noch einmal mit dem Bund über die Finanzierung des Vorhabens verhandeln. Ginge es nach Kretschmann, müssten Betriebs- und Personalkosten mindestens hälftig zwischen Bund und Land aufgeteilt werden. Rückenwind erhält der Ministerpräsident dabei unter anderem aus den Ländern Hessen und Niedersachsen.

Kretschmann will Rechtsanspruch in aktueller Form ablehnen

Der Bundestag hat den Rechtsanspruch bereits beschlossen, der Bundesrat wird am Freitag darüber beraten. Kretschmann droht damit den Rechtsanspruch abzulehnen, würden die Mittel des Bundes nicht substantiell erhöht. Das Land Baden-Württemberg rechnet mit einer zusätzlichen Belastung in Höhe von einer Milliarde Euro für das Jahr 2030, in dem alle vier Grundschuljahre den Rechtsanspruch haben sollen.

Gemeindetag rechnet mit jährlich 817 Mio Euro Kosten für Kommunen

Steffen Jäger, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg begrüßt den Vorstoß des Ministerpräsidenten. „Allein für die Kommunen in Baden-Württemberg erwarten wir nach Daten des Deutschen Jugendinstituts jährliche Kosten in Höhe von 817 Millionen Euro für Personal und Räume.“ Hinzu kämen, so der Gemeindetagspräsident, investive Kosten, um überhaupt erst die notwendige Zahl an Betreuungsplätzen schaffen zu können. „Daher ist es richtig, dass die Landesregierung im Vermittlungsausschuss über die finanziellen Rahmenbedingungen sprechen möchte. Sonst werden durch eine gesetzliche Rechtsgrundlage Ansprüche und Erwartungen geweckt, die unter den bisherigen Bedingungen nicht erfüllt werden können.“ Der Gemeindetag habe zuletzt gemeinsam mit der kommunalen Familie bundesweit auf die Schrittfolge und die gemeinsame Strategie von Bund und Land als notwendige Grundlage hingewiesen.

Aktueller Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung könnte Qualität der Bildung gefährden

„Der Ausbau der Ganztagesangebote für Grundschulkinder ist weiterhin erklärtes Ziel, welches die Kommunen mittragen. Jedoch müssen die Rahmenbedingungen stimmen.“ Dazu gehöre neben der Finanzierbarkeit auch die Frage, wie der erwartete Fachkräftebedarf gedeckt werden solle. „Der Gesetzentwurf erkennt viele in Baden-Württemberg gefundene Lösungen mit außerschulischen Partnern oder in Form von Jugendbegleitern nicht an. Stattdessen würde der ohnehin leergefegte Fachkräftemarkt bei den pädagogischen Fachkräften weiter massiv unter Druck geraten. Schlimmstenfalls wird ein solcher Rechtsanspruch sich daher sogar nachteilig auf die Qualität in der frühkindlichen Bildung auswirken“, so Jäger abschließend.