Änderungen am Schulgesetz gehen in die nächste Phase
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Neuer Schritt für die Änderungen im Schulgesetz - Eine Einordnung

9. Dezember 2024
Mit der Freigabe des Regierungsentwurfs rückt die Änderung des Schulgesetzes näher. Eine detaillierte Einordnung gibt Monika Tresp vom Gemeindetag Baden-Württemberg.

die:gemeinde: Was bedeutet die Freigabe des Regierungsentwurfs durch den Ministerrat für die Schulträger?

Monika Tresp: Die Freigabe des Regierungsentwurfs ist ein wichtiger Meilenstein im Gesetzgebungsverfahren. Es zeigt, dass die Landesregierung ihre internen Beratungen abgeschlossen hat und der Entwurf nun in den Landtag eingebracht wird. Für die Schulträger bedeutet das, dass die Weichen für Änderungen gestellt sind, manche Aspekte aus der Stellungnahme des Gemeindetags aufgegriffen wurden, andere nicht. Jedenfalls wird diese Änderung des Schulgesetzes erhebliche Auswirkungen auf die inneren Schulangelegenheiten in Verantwortung des Landes sowie auf die äußeren Schulangelegenheiten in Verantwortung der Kommunen haben können.  Als Schulträger sind Städte und Gemeinden für die Schulgebäude und deren Ausstattung, für die Finanzierung von Lehr- und Lernmitteln und die Organisation der Schülerbeförderung zuständig.

Monika Tresp über die Änderungen im Schulgesetz
Monika Tresp ist Referentin für schulische Bildung und Betreuung beim Gemeindetag Baden-Württemberg

Was passiert nun nach der Freigabe im Kabinett im Landtag?

Der Regierungsentwurf wird in den Landtag eingebracht und dort in mehreren Lesungen beraten. In der Ersten Lesung, voraussichtlich am 18. Dezember 2024, stellt die Regierung den Abgeordneten die Grundzüge des Entwurfs vor und diskutieren ihn. Am Ende der ersten Lesung steht die Überweisung des Entwurfs in den zuständigen Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport. Im Ausschuss können auch öffentliche Anhörungen stattfinden. Im Rahmen der Anhörung wird auch der Gemeindetag die Gelegenheit bekommen, seine Haltung zu den geplanten Änderungen im Schulgesetz nochmals zu erläutern. Die endgültige Beschlussfassung durch den Landtag erfolgt nach der Zweiten und gegebenenfalls Dritten Lesung, voraussichtlich in der zweiten Januarhälfte 2025.

Welche Rolle spielt der Gemeindetag im weiteren Gesetzgebungsverfahren?

Über den Sommer 2024 hatte die Regierung einen ersten Entwurf zur Schulgesetzänderung in ein schriftliches Anhörungsverfahren gegeben. Im Rahmen dieser Anhörung hat der Gemeindetag eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Der Gemeindetag hat darin unter anderem gefordert, die Änderungsvorhaben im Schulsystem auch an der Umsetzbarkeit zu orientieren, das heißt im Hinblick auf die vorhandenen Ressourcen zu priorisieren und gleichzeitig realistische Umsetzungszeiträume festzulegen. Im weiteren Verfahren, insbesondere bei den Beratungen im Landtag werden wir unsere Positionen erneut vorbringen und uns für praxistaugliche Lösungen einsetzen.

Wie bewerten Sie die geplanten Änderungen, insbesondere in Bezug auf Juniorklassen und Kooperationen?

Die gezielte Sprachförderung für Kinder im Kita-Alter und die Einrichtung von Juniorklassen zur weiteren Sprachförderung vor der ersten Klasse, begrüßen wir. Dazu haben die Städte und Gemeinden ihre bestmögliche Unterstützung zugesagt. Sprachförderung – damit ist nicht das Erlernen der deutschen Sprache gemeint, trägt sie den heterogenen Startbedingungen der Kinder Rechnung und fördert ihren Lernerfolg. Allerdings sollten die zusätzlichen Juniorklassen im Einvernehmen mit den Schulträgern und damit unter Berücksichtigung von vorhandenem Schulraum eingerichtet werden. Außerdem fehlt eine klare Regelung zur Schülerbeförderung. Der Gesetzentwurf sieht verschiedene Kooperationsmöglichkeiten von weiterführenden Schulen vor. Diese sind zum Teil neu und müssen sich zunächst in der Praxis bewähren. Die unterschiedlichen Kooperationsmodelle einschließlich der Oberstufenverbünde sind jedenfalls nicht geeignet, das Schulwesen in Baden-Württemberg klarer zu gliedern. Bei den Kooperationen begrüßen wir, dass das Einverständnis der Schulträger bei erheblicher Mehrbelastung erforderlich ist. Dennoch sehen wir Nachbesserungsbedarf, da die Formulierungen zu unbestimmt sind.

Welche schulträgerrelevanten Änderungen sehen Sie kritisch?

Besonders kritisch sehen wir die fehlende Einbeziehung der Schulträger bei der Einrichtung von Sprachfördergruppen und Juniorklassen, die im Entwurf nur „im Benehmen“ geregelt ist. Der Abschaffung des Werkrealschulabschlusses zum jetzigen Zeitpunkt erteilen wir eine klare Absage. Sie gefährdet auch die Werkrealschulstandorte, die aufgrund des 10. Schuljahres gut nachgefragt sind. Wenn solche Werkrealschulstandorte nicht weitergeführt werden können, müsste Schulraum an anderer Stelle neu geschaffen werden, was in der aktuellen Finanzsituation unklug wäre. Ebenso bleibt die Zukunft des 10. Schuljahres an Werkrealschulen unklar, was langfristig zu einer weiteren Schwächung dieser Schulart führen könnte.

Was erwarten Sie von der weiteren Diskussion im Landtag?

Wir erwarten eine intensive Auseinandersetzung mit den praktischen Auswirkungen des Gesetzes auf die Schulträger und den Auswirkungen der Schulgesetzänderung auf die kommunalen Finanzen. Der Konnexitätsgrundsatz, der sicherstellen soll, dass keine kostenintensiven Aufgaben vom Land auf die kommunale Ebene übertragen werden, ohne dass die Kommunen für diese Mehrbelastung vom Land einen entsprechenden Ausgleich erhalten, muss verbindlich eingehalten werden. Der Gesetzentwurf enthält zu den zentralen Neuerungen jeweils Ermächtigungen der Landesregierung, die konkrete Ausgestaltung durch Rechtsverordnung zu regeln. Hier hoffen wir auf klare und verbindliche Regelungen, die die Schulträger in ihrer Arbeit unterstützen und nicht überfordern.

Welche wichtigen Forderungen und Anregungen aus der Stellungnahme des Gemeindetags wurden im Regierungsentwurf nicht berücksichtigt?

Leider wurden einige unserer zentralen Forderungen nicht aufgegriffen. Dazu gehört insbesondere die Beibehaltung des Werkrealschulabschlusses sowie die Sicherung des 10. Schuljahres an Werkrealschulstandorten durch Kooperationen oder Verbünde. Auch unsere Anregung, die Einrichtung von Sprachfördergruppen und Juniorklassen nur im Einvernehmen mit den Schulträgern vorzunehmen, wurde im Entwurf lediglich als „im Benehmen“ aufgenommen, was die kommunale Mitbestimmung schwächt obwohl die Kommunen für die Bereitstellung der Räumlichkeiten Verantwortung tragen. . Ähnlich verhält es sich mit der Einrichtung von Oberstufenverbünden, bei der eine aktive Beteiligung der Schulträger gar nicht vorgesehen ist, was wiederum der hohen Identifikation der Schulträger mit „seinen“ Schulen entgegensteht. Diese Punkte bleiben für uns essenziell und wir werden uns dafür einsetzen, sie im weiteren Verfahren zu adressieren.

Welche Auswirkungen könnten die geplanten Änderungen auf die Kommunen haben?

Die Änderungen bringen zahlreiche Herausforderungen mit sich. Allen voran und am augenscheinlichsten ist die Schaffung von zusätzlichem Schulraum für das neunte Schuljahr an Gymnasien, aber auch für Juniorklassen, die an Grundschulen eingerichtet werden sollen und der ersten Klasse vorgeschaltet sind. Zudem ist die Frage der Ressourcenausstattung entscheidend. Ohne zusätzliche Lehrkräfte und finanzielle Mittel werden viele Maßnahmen schwer umsetzbar sein. Am herausforderndsten ist sicherlich die Umsetzung der Regierungsbeschlüsse vom 2. Mai 2024 in kürzester Zeit. Dadurch war eine Pilotphase, die für einzelne Änderungen sinnvoll gewesen wäre, nicht möglich.

Wie stehen Sie zur Evaluationsklausel im Konnexitätsausgleich?

Die Forderung, den Konnexitätsausgleich nach drei Jahren zu überprüfen stammt vom Gemeindetag. Deshalb begrüßen wir die Aufnahme einer Evaluationsklausel, da sie sicherstellt, dass die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes nach einem gewissen Zeitraum überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.