Mai-Steuerschätzung 2022 und KfW-Studie
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Südwest-Kommunen laut Steuerschätzung gut aufgestellt - Grund zum Zweifel?

Laut Mai-Steuerschätzung stehen sowohl das Land als auch die Kommunen finanziell deutlich besser da, als noch bei der November-Steuerschätzung angenommen. Südwest-Politiker mahnen zur Vorsicht.

Bis 2026 kann das Land Baden-Württemberg mit über 7,4 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als bei der November-Steuerschätzung erwartet. Damit korrigiert die Mai-Steuerschätzung die letzten Zahlen deutlich nach oben. Am Donnerstag war die Steuerschätzung für Deutschland veröffentlicht worden. Das Finanzministerium hat die Zahlen für Baden-Württemberg heruntergerechnet und nun ein positives Ergebnis vermelden können: In den nächsten fünf Jahren sollen die Steuereinnahmen kontinuierlich steigen. Noch in diesem Jahr kann das Land mit Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro rechnen. Im Doppelhaushalt 2023/24 werden es knapp drei Milliarden Euro sein. 2025 rechnet die Mai-Steuerschätzung mit einem Plust von 1,6 Milliarden Euro. Für das Jahr 2026 sind Mehreinnahmen von 1,8 Milliarden Euro prognostiziert - Einnahmen von insgesamt mehr als 40 Milliarden Euro.

Kommunen ebenfalls mit Plus in der Mai-Steuerschätzung

Auch bei den Kommunen ist die Mai-Steuerschätzung deutlich optimistischer als noch die November-Steuerschätzung. In den nächsten drei Jahren nehmen sie laut der Schätzung 3,1 Milliarden Euro mehr ein. 2022 bedeutet das für die Städte und Gemeinden Mehreinnahmen von gut 800 Millionen Euro verglichen mit den Zahlen aus November. 2023 sind es 1,1 Milliarden Euro, 2024 fast 1,2 Milliarden Euro mehr. Für die Jahre 2025 und 2026 liegen keine Zahlen vor. In der Landesregierung sieht man die Zahlen der Mai-Steuerschätzung skeptisch. Finanzminister Danyal Bayaz hatte schon vor Veröffentlichung der Zahlen davor gewarnt, die Ergebnisse könnten irreführend sein. Im Südwesten geht man davon aus, dass die Konjuktur und damit auch die Steuereinnahmen einbrechen könnten.

KfW-Studie: Südwest-Kommunen im Bundesvergleich finanziell gut aufgestellt

Eine Studie der KfW zeigt, dass die baden-württembergischen Kommunen das Jahr 2021 im bundesdeutschen Durchschnitt mit dem höchsten Überschuss beendet haben. Während der Überschuss je Einwohner im Südwesten bei 191 Euro lag, waren es bundesweit nur 55 Euro. Die Steuern waren dabei im letzten Jahr unterdurchschnittlich gestiegen. 13,9 Prozent in Baden-Württemberg bei einem deutschlandweiten Schnitt von 15 Prozent. Weiterhin haben die baden-württembergischen Kommunen weit unterdruchschnittliche Kassenkredite. Während der Bundesschnitt bei 382 Euro je Einwohner liegt, sind es im Südwesten gerade einmal 62 Euro je Einwohner. Ähnlich sieht es bei den sonstigen Krediten aus. Deutschlandweit liegen sie bei 1.306 Euro je Einwohner. In den baden-württembergischen Kommunen bei 861 Euro je Einwohner. Die Umfrage der KfW ergab, dass fast die Hälfte der deutschen Kommunen nach zwei Coronajahren ihren Finanzlage als "ausreichend" oder "mangelhaft" bewertet.

Gemeindetag: KfW-Zahlen geben Grund zur Sorge

„Die aktuellen Zahlen des KfW-Kommunalpanels belegen große Sorgen für die Lage und Perspektiven der Kommunalfinanzen", kommentiert Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. „Die Kommunen und damit die Kommunalfinanzen sind durch die Corona-Pandemie und den Ukrainekrieg im Dauerkrisenmodus. Viele notwendige Investitionen mussten in den letzten beiden Jahren angesichts der Unsicherheiten oder auch der nicht gegebenen Marktverfügbarkeit verschoben werden. Das KfW-Kommunalpanel belegt allein für die Kommunen im Lande einen Investitionsrückstand von 25 Milliarden Euro. Zudem müssen viele Investitionen in die Zukunft nun umso konsequenter angegangen werden."

Die auf den ersten Blick positiven Aussagen der Steuerschätzung dürften daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kommunalfinanzen vor erheblichen Herausforderungen stehen. Denn auch wenn eine Steigerung der Steuereinnahmen in absoluten Zahlen prognostiziert werde, so gehöre zur Wahrheit dazu, dass in diese Prognose die langfristigen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine noch nicht einbezogen sind. Und trotzdem sei es schon jetzt so, dass die nominale Steigerung durch die immense Kostenentwicklung durch die Inflation mehr als aufgefressen wird.

"Die Folgen des Ukraine-Kriegs belasten die Städte und Gemeinden bereits heute, beispielsweise durch gestiegene Energiepreise, Steigerungen bei den Sozialausgaben, und ökonomische Verwerfungen", so Jäger weiter. "Weitere Unwägbarkeiten, beispielweise eine angekündigte Zinssteigerung, sind derzeit zwar nicht bezifferbar, sie können aber die Gesamtsituation in den Kommunen weiter verschärfen. Die Kommunalfinanzen drohen daher auch in Baden-Württemberg in eine Schieflage zu geraten. Um weiterhin handlungsfähige Kommunen zur akuten Krisenbewältigung als auch die konkrete Zukunftsgestaltung in Daseinsvorsorge und Transformation zu gewährleisten, benötigen die Städte und Gemeinden von Bund und Ländern eine aufgabengerechte Finanzierung. Klar ist aber auch, es braucht von den politischen Ebenen eine deutliche Prioritätensetzung im Lichte der Zeitenwende, um eine verlässliche Planbarkeit in den Kommunen zu gewährleisten.“