Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg
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Landtagswahl 2021: Was tun Sie für Kitas und Grundschulen?

10. Februar 2021
Nur noch ein Monat bis zur Landtagswahl – Da stellt sich der kommunalen Ebene die Frage, welche Ziele die Parteien im neuen Landtag verfolgen werden. Besonders die Zukunft von Schule und Kita sind in den Städten und Gemeinden wichtiger denn je. Daher haben wir uns diesem Themenkomplex in unserer zweiten Frage an die Spitzenkandidaten gewidmet.

Kommen wir zu den kommunalen Aufgaben, die in den städtischen und gemeindlichen Haushalten den größten Posten ausmachen: Schulen und Kinderbetreuung. Insbesondere die Schulträgerschaft steht im 21. Jahrhundert vor großen Herausforderungen.

  • Wie werden Sie mit den Herausforderungen umgehen, die sich aus der Digitalisierung der Schule ergeben?

  • Wie schaff en wir es, eine adäquate Ganztagsbetreuung anzubieten, sowohl in den Kitas und Kindergärten als auch an den Grundschulen?

  • Wie kann es uns gelingen, mehr Menschen davon zu überzeugen, Erzieher zu werden?

*Anmerkung der Redaktion: Die Antworten der Parteien sind unbearbeitet – wie eingesendet – veröffentlicht

Winfried Kretschmann, Spitzenkandidat Bündnis 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg

Winfried Kretschmann zur Landtagswahl 2021 (c)Bündnis 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg

Wir wollen mit den Kita- und Schulträgern in einen strukturierten Prozess für eine moderne Trägerschaft eintreten und die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren – das gilt auch für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Schulstruktur und die digitale Transformation. Corona hat mehr als deutlich gemacht: Es geht dabei nicht nur um eine leistungsfähige digitale Infrastruktur, sondern vor allem um pädagogisch hochwertige digitale Lernmanagement- und Lernplattform-Angebote sowie Lehr- und Lernmaterialien und zeitgemäße Medien-Curricula. Die Ganztagesbetreuung ist ein zentraler Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Vor 2011 gab es in Baden-Württemberg Ganztagsschulen nur als Schulversuche - mit der gesetzlichen Verankerung haben wir verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen und deutlich in den Ausbau der Ganztagsschule investiert. Diesen Weg wollen wir fortführen und auf den weiterführenden Bereich ausweiten. In der frühkindlichen Bildung haben wir die Mittel für die Betreuung der Kinder unter drei Jahren seit 2011 massiv gesteigert und heute 60 Prozent mehr Krippenplätze als damals. Die Zuschüsse für die über Dreijährigen haben wir bedarfsgerecht angepasst. Und wir haben den besten Betreuungsschlüssel der Republik: Bei uns ist im Schnitt ein*e Erzieher*in für drei Kinder unter drei Jahren verantwortlich. Mit dem Pakt für gute Bildung und Betreuung haben wir mit Blick auf die Attraktivität des Berufs wichtige Weichen gestellt – etwa mit dem Ausbau der Leitungszeit als entscheidender Schlüssel für die pädagogische Weiterentwicklung der Kitas. Zusätzlich haben wir eine Fachkräfte offensive im Bereich der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) gestartet. Auch die Kindertagespflege haben wir als wichtige Säule der Betreuung weiter im Blick.

Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin CDU Baden-Württemberg

Susanne Eisenmann zur Landtagswahl 2021 (c)CDU Baden-Württemberg

Dass die Schulen vor gewaltigen Herausforderungen wie der Digitalisierung oder einer zunehmenden Heterogenität der Schüler stehen, ist unbestritten. Diese können das Land und die Kommunen nur gemeinsam meistern. Unter dem Motto „Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert“ sind zwischen den Kommunalen Landesverbänden und dem CDU-geführten Kultusministerium bereits konstruktive Gespräche geführt worden. Ziel ist, konkrete Vereinbarungen für ein zeitgemäßes Miteinander zu erarbeiten. Ein erstes Ergebnis ist die Vereinbarung zur IT-Administration an unseren Schulen. Sollte die CDU in Regierungsverantwortung kommen, werden wir diese partnerschaftliche Arbeit fortsetzen. Mit dem Pakt für gute Bildung und Betreuung haben wir die Qualität der frühkindlichen Bildung in dieser Legislaturperiode weiterentwickelt. Zum Beispiel ist das Forum „Frühkindliche Bildung“ eingerichtet worden, das landesweite inhaltliche Standards weiterentwickeln und die Träger der Einrichtungen beraten und begleiten soll. Auch ist es das Verdienst der CDU gewesen, dass das Land wieder in die Förderung von kommunalen Betreuungsangeboten für Grundschulkinder eingestiegen ist. Bei den Mitteln für den Ganztagsausbau habe ich als Kultusministerin – mit der Unterstützung des Gemeindetags – zudem so hartnäckig mit dem Bund verhandelt, dass diese Gelder nicht nur den gebundenen Ganztagsschulen und den Horten zugutekommen, sondern auch den von Eltern sehr geschätzten, flexiblen kommunalen Angeboten. Um den steigenden Bedarf an Erziehern zu erfüllen, haben wir eine Ausbildungsoffensive initiiert und das Modell der praxisintegrierten Ausbildung (PIA) gestärkt. Im Endausbau ist eine Verdopplung der PIA-Plätze vorgesehen, den Trägern wird dabei eine Ausbildungspauschale pro Platz und Monat gezahlt. Zudem soll die Zahl der Klassen an den Fachschulen weiter erhöht werden.

Andreas Stoch, Spitzenkandidat SPD Baden-Württemberg

Andreas Stoch zur Landtagswahl 2021 (c)SPD Baden-Württemberg/Hannah Bichay

Eine sozial gerechte, datenschutzkonforme und funktionierende Digitalisierung unserer Schulen muss grundsätzlich angegangen werden. Dafür sind Konzepte und das Geld vorhanden, aber es gibt erhebliche Verzögerungen beim Abrufen der bereitstehenden Mittel aus dem Digitalpakt des Bundes. Diese Mittel müssen den Schulen zur Verfügung gestellt und damit eine flächendeckende Verbesserung der digitalen Infrastruktur, die Aufstockung und IT-Weiterbildung der Lehrkräfte und das Einstellen von IT-Fachkräften in den Schulen erreicht werden. Ein sozial gerechtes Bildungssystem muss außerdem qualitativ hochwertige Ganztagsangebote für alle Schülerinnen und Schüler garantieren. Mit dem 750-Millionen-Euro-Ausbaupaket des Bundes und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey kann dies nun, trotz der Blockade der Landes-CDU, erreicht werden. Der Ausbau qualitativ hochwertiger Ganztagsbetreuung sorgt nicht nur für mehr Bildungsgerechtigkeit, sondern unterstützt auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichzeitig müssen die Arbeitsbedingungen in den Erzieherberufen so attraktiv wie möglich gestaltet werden, und auch die von uns eingeführte Ausbildung PiA schafft attraktivere Ausbildungsbedingungen.

Bernd Gögel (Vorsitzender) und Emil Sänze (stellv. Vorsitzender), AfD-Fraktion Baden-Württemberg

*Die AfD Baden-Württemberg hatte zum Zeitpunkt der Anfrage noch keinen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl

AfD-Vorsitzende zur Landtagswahl 2021

Die Tragweite der intendierten Transformation von Bildungseinrichtungen zu automatisierten Lernfabriken durch Digitaltechnik wird nur von Wenigen realisiert. Viele Beteiligte glauben, es ginge nur um eine bessere technische Ausstattung der Lehreinrichtungen zur Unterstützung der Lehrkräfte – und übersehen, dass der entscheidende Faktor die Lehrkraft ist. Ganz entscheidend ist, dass bei aller Notwendigkeit der Digitalisierung die menschliche Lehrkraft weiterhin der entscheidende Übermittler von Bildungsinhalten bleibt und nicht durch Maschinen oder Programme ersetzt werden kann. Deshalb setzt die AfD auf eine “Qualitätsoffensive in der Lehrerbildung”. Als Maßnahmen schlagen wir vor: zukünftig stärker als bisher Anschluss an internationale Diskurse zu medien- und digitalisierungsbezogenen Kompetenzen und Kompetenzentwicklung zu finden sowie entsprechende Forschung in den verschiedenen Disziplinen zu entwickeln. Es müssen auch viel stärker als bisher Veränderungen im Unterricht evaluiert und die Ergebnisse in die Ausbildung der Pädagogen integriert werden.

Hans-Ulrich Rülke, Spitzenkandidat FDP Baden-Württemberg

Hans-Ulrich Rülke zur Landtagswahl 2021 (c)FDP Baden-Württemberg

Alle Bildungseinrichtungen des Landes brauchen eine digitale Infrastruktur, die den Einsatz vielfältiger Unterrichtsmethoden ermöglicht und auch in Zeiten des Fernunterrichts kein Kind zurücklässt. Die Digitalisierung der Schulen erfordert ein entschlossenes Handeln des Landes sowie der Schulträger. Außerdem treten wir für einen Digitalpakt 2.0 ein. Neben Investitionen in die notwendige technische Ausstattung gilt es auch, digitale und mediendidaktische Kompetenzen als unverzichtbaren Lehrinhalt in Lehramtsstudiengängen festzuschreiben und existierende Fortbildungsprogramme zu stärken sowie neue Programme zu fördern. Zusätzlich zur gebundenen Form der Ganztagsgrundschule wollen wir auch die offene Form ins Schulgesetz auf nehmen, damit Wahlfreiheit vor Ort gewährleistet werden kann – auch für weiterführende Schulen. Das Land muss seine Verantwortung für die Kindertagesbetreuung mit dem gebotenen finanziellen Engagement wahrnehmen und dabei den kommunalen, kirchlichen und freien Trägern Gestaltungsfreiheit für ein vielfältiges Angebot lassen. Wir wollen in die Qualität investieren, u. a. die Leitungszeit auch über das Jahr 2022 hinaus fördern und den Orientierungsplan im Rahmen einer Vereinbarung mit den Kommunen verbindlich machen. Und wir wollen in die Ausbildung weiterer pädagogischer Fachkräfte investieren. Auch könnten die Möglichkeiten der Weiterqualifizierung von Tageseltern zu Erzieherinnen und Erziehern verbessert werden.

Sahra Mirow, Spitzenkandidatin DIE LINKE Baden-Württemberg

Sahra Mirow zur Landtagswahl 2021 (c)DIE LINKE Baden-Württemberg

Gute Bildung ist uns als LINKE besonders wichtig. Beim Thema Bildungsgerechtigkeit hat Baden-Württemberg noch einen großen Aufholbedarf. Bildungschancen hängen hier viel zu sehr von der sozialen Herkunft ab. Bildung beginnt in der Kita und die müssen daher landesweit gebührenfrei sein. Nur so können wir gewährleisten, dass Kinder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern frühkindliche Erziehung genießen. Dafür braucht es längere Betreuungszeiten und natürlich mehr Personal. Das ist nicht nur eine Frage von Bildungsgerechtigkeit, sondern auch von Geschlechtergerechtigkeit. Ganztagsbetreuung ist nur mit mehr Personal zu realisieren. Mehr Erzieher*innen gewinnen wir mit besseren Arbeitsbedingungen und höheren Gehältern. Viele junge Menschen möchten Erzieher*in werden.  Nur die Motivation sinkt dann, wenn sie feststellen, dass sie sich von dem kargen Lohn die Mieten in Städten wie Heidelberg oder Stuttgart nicht leisten können. Grundschullehrkräfte müssen gleichgestellt werden, d.h. auch hier muss eine Bezahlung nach A 13 erfolgen. Die Digitalisierung der Schulen scheitert vor Ort bereits an fehlendem WLAN oder Klassenzimmern ohne Steckdosen. Das Land muss also in die Schulen investieren und die Kommunen als Schulträger bei den Schulsanierungen unterstützen. Es muss endlich eine einheitliche und funktionierende Lernplattform bereitstellen, die den Datenschutz der Schüler*innen und Lehrer*innen sicherstellt. Auch die Digitalisierung kann nur mit mehr Personal gelingen. Es kann nicht sein, dass Lehrkräfte diese Aufgabe zusätzlich stemmen sollen.