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Landesbauordnung: Ein kommunaler Blick auf den Gesetzentwurf

Am 23. Juli 2024 wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein „Gesetz für das schnellere Bauen” zur Anhörung freigegeben. Damit setzt diese die angekündigte umfangreiche Novelle der Landesbauordnung um, mit der baurechtliche Verfahren optimiert und beschleunigt sowie bauliche Standards abgebaut werden sollen. Diese Zielstellung kann aus kommunaler Sicht begrüßt werden, da es nach Wahrnehmung der Städte und Gemeinden einen mutigen Schritt hin zur Beschleunigung und Vereinfachung der baurechtlichen Verfahren braucht, wie Christian Manz vom Gemeindetag erklärt.

Folgende Änderungen sind im aktuellen Gesetzentwurf insbesondere vorgesehen:

  • Einführung einer Genehmigungsfiktion
  • Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bei den Regierungspräsidien
  • Einführung einer Typengenehmigung
  • Ausweitung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens
  • Vereinfachungen für das Bauen im Bestand, u.a. vereinfachte Nutzungsänderungen und Umbauten und Anpassungen beim Brandschutz
  • Vereinfachung der Abstandsflächenregelungen
  • Anpassung der Kinderspielplatzpflicht
  • Entfall der Verlängerungsmöglichkeit der Frist zur Nutzungsunterbrechung bei Tierhaltungsanlagen
  • Erhöhung personeller Standards bei den unteren Baurechtsbehörden

Kinderspielplatzpflicht

Für die Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen, die jeweils mindestens zwei Aufenthaltsräume haben, besteht derzeit die Pflicht, einen Kinderspielplatz zu errichten. Lediglich zur Erfüllung dieser Pflicht werden vor Ort Spielgeräte seitens der Bauherrschaft zumeist ungeplant zusammengestellt, sodass diese Geräte häufig nicht genutzt werden. Dennoch führt dies für die Bauherren zu Kosten, die wiederum der Schaffung bezahlbaren Wohnraums zuwiderlaufen. Gleichzeitig investieren Städte und Gemeinden in attraktive und an den Bedarfen der Kinder orientierte zentrale Spielplätze. Um einerseits diese kommunal geschaffene Infrastruktur – auch als sozialen Ort der Begegnung – zu stärken und andererseits die Kosten der Bauherren zugunsten des bezahlbaren Wohnraums zu senken, ist die Spielplatzpflicht kritisch zu hinterfragen. Sofern an der Spielplatzpflicht festgehalten werden soll, ist die weiterhin vorgesehene Möglichkeit zur Ablöse in Form einer Geldzahlung an die Gemeinde zu begrüßen. Hierbei muss dieses Instrument gewährleisten, dass der Geldbetrag für die Instandhaltung bestehender Spielplätze als gleichrangige Anwendungsalternative ohne zusätzliche Begründungserfordernis genutzt werden kann. Zudem muss die Gemeinde den Geldbetrag im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Bauherren selbst festlegen können.

Ausweitung vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, dass neben dem Kenntnisgabeverfahren für alle Bauvorhaben, mit Ausnahme der Sonderbauten, lediglich das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gewählt werden kann. Das normale Baugenehmigungsverfahren findet daher nur noch auf Sonderbauten Anwendung. Diese Änderung beinhaltet zur Erreichung der Verfahrensbeschleunigung einen grundsätzlich richtigen Ansatz. Um die damit angestrebte Beschleunigung in der Praxis tatsächlich wirksam werden zu lassen, sollte jedoch der konkrete Prüfumfang des vereinfachten Verfahrens im Rahmen des Regelungstextes kenntlich gemacht werden. So würden unter anderem bei den Bauherren keine falschen Erwartungen an den geprüften Umfang des vereinfachten Verfahrens erweckt. Die dringende Erfordernis der Ausführung eines solchen konkreten Prüfkatalogs wird auch seitens der Praxis vor Ort bestätigt, da sonst zu befürchten ist, dass mit einem Belassen der momentanen Formulierung die angestrebte Verfahrensbeschleunigung nicht eintritt. Erhöhung personeller Standards bei den unteren Baurechtsbehörden: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Gemeinden zukünftig nur noch untere Baurechtsbehörden sein können, wenn sie bestimmte erhöhte Voraussetzungen erfüllen. Demnach müsste die untere Baurechtsbehörde mit einem Beamten, der die Befähigung zum höheren bautechnischen Verwaltungsdienst und einem weiteren Beamten, der die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst hat, besetzt sein. Diese Änderung wird seitens des Gemeindetags ausdrücklich abgelehnt.

Die Einführung dieser Anforderungen wäre angesichts des leergefegten Fachkräftemarktes für einen großen Teil der unteren Baurechtsbehörden, insbesondere diejenigen in Trägerschaft der Städte und Gemeinden beziehungsweise in interkommunaler Verantwortung, schlicht nicht erfüllbar, sodass das Land damit bewusst eine Verringerung der Zahl der unteren Baurechtsbehörden herbeiführen würde. Das Ziel, Bauen schneller und einfacher zu machen, würde mit dieser Standarderhöhung konterkariert. Denn die reine Größe der Behörde und die personelle Qualifikationsanforderung sind kein Maßstab für die Bearbeitungsgeschwindigkeit und die Qualität der geleisteten Arbeit. Vielmehr erscheinen das Wissen um die örtlichen Gemengelagen, der persönliche Austausch ergänzt um die vorhandenen Kompetenzen der handelnden Personen im bestehenden System wesentlich dafür zu sein, die in der Sache geeignetsten Lösungen zu finden. So zeigen zahlreiche Beispiele aus der Praxis, dass kleinere und mittlere Baurechtsbehörden ohne den nun angestrebten Qualifikationsstandard sehr gute und qualitätsvolle Entscheidungen treffen. Die Lösung für eine zunehmende Überregulierung und Verkomplizierung des Rechtsrahmens liegt nicht darin, die Zahl der Behörden zu verringern. Vielmehr müssen die zu komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen selbst abgebaut und vereinfacht werden.

Einführung der Genehmigungsfiktion

Infolge der vorgesehenen Gesetzesänderung soll bei Nichtbescheidung eines Bauantrags innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist die Genehmigungsfiktion eintreten. Die beantragte Baugenehmigung würde sodann als erteilt gelten. Dem Grunde nach kann diese Bestrebung zur Entbürokratisierung von Verwaltungsverfahren positiv bewertet werden. Das nachvollziehbare Ansinnen, eine Verfahrensbeschleunigung über eine Genehmigungsfiktion zu erreichen, darf jedoch insgesamt nicht überschätzt werden. Dies insbesondere deshalb, da die Verzögerungen im Verfahren häufig außerhalb des Einflussbereichs der Baurechtsbehörden selbst liegen, weil beispielsweise die Stellungnahmen der Fachbehörden oder anderer Verfahrensbeteiligter abzuwarten sind. Zudem wurden aus der kommunalen Praxis zahlreiche offene Fragen formuliert, die im Zusammenhang mit der Genehmigungsfiktion stehen. Diese gilt es zunächst im Gesetzgebungsprozess seitens des Landes zu beantworten, um mit diesem Instrument eine tatsächliche Beschleunigung erwirken zu können.

Entfall der Verlängerungsmöglichkeit der Frist zur Nutzungsunterbrechung bei Tierhaltungsanlagen

 Nach derzeitigem Regelungsstand verliert die Baugenehmigung für Tierhaltungsanlagen infolge einer Nutzungsunterbrechung von sechs Jahren ihre Rechtsgültigkeit durch Zeitablauf. Bislang konnte diese Frist bis auf insgesamt zehn Jahre verlängert werden. Diese Verlängerungsoptionen sollen nun ersatzlos gestrichen werden. Dieser Entfall der Verlängerungsoptionen wird seitens des Gemeindetags ausdrücklich begrüßt. Dies vor allem vor dem Hintergrund einer nach wie vor virulenten Problemstellung bei der Innenentwicklung gerade im ländlichen Raum, welche durch die Abstände zu ehemaligen Tierhaltungsanlagen bedingt sind. Insofern sollte die Frist der Nutzungsunterbrechung aus gemeindlicher Sicht auf zwei Jahre verkürzt werden. Zudem sollte erwogen werden, die Verbindlichkeit der Regelung dahingehend zu erhöhen, dass bei offensichtlich nicht mehr den veterinärrechtlichen Anforderungen entsprechenden Stallgebäuden ein Widerspruch der Eigentümerinnen und Eigentümer dem Bauvorhaben nicht mehr entgegenstehen kann.

Vereinfachung für das Bauen im Bestand

Zur Vereinfachung des Bauens im Bestand sind mehrere Maßnahmen im Gesetzentwurf vorgesehen. So ist beispielsweise vorgesehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzungsänderung von Gebäuden nicht zu höheren brandschutzbezogenen Anforderungen an tragende, aussteifende und raumabschließende Bauteile oder Bauteile in Rettungswegen führt. Zudem soll die Nutzungsänderung verfahrensfrei sein, wenn durch die neue Nutzung Wohnraum im Innenbereich geschaffen wird. Des Weiteren wird der Umbau von Gebäuden vereinfacht, indem Abweichungen von Abstandsregelungen möglich werden, sofern das Gebäude durch den Umbau nicht größer wird. Insgesamt können das durchaus sinnvolle Ansatzpunkte für eine vereinfachte Nutzung des baulichen Bestands sein, wenngleich bei der Umsetzung jeweils die nachbarlichen Interessen gewahrt bleiben sowie die Festlegungen der kommunalen Bauleitpläne vorrangige Anwendung finden müssen.