
Größter Solarpark Baden-Württembergs eröffnet – aber der Weg zum Ziel ist noch weit
Es ist der bislang größte seiner Art in Baden-Württemberg: In Langenenslingen-Wilflingen ist Ende Mai ein Solarpark mit einer installierten Leistung von 80 Megawatt Peak (MWp) eröffnet worden. Auf 80 Hektar Fläche erzeugen 146.016 Solarmodule Strom – rechnerisch genug für rund 30.000 Haushalte. Die EnBW errichtete die Anlage innerhalb eines Jahres und ganz ohne staatliche Förderung. Der erzeugte Strom wird über ein eigenes Umspannwerk ins 110-kV-Hochspannungsnetz eingespeist. Die Gesamtkosten liegen im mittleren zweistelligen Millionenbereich.
Für eine Gemeinde mit rund 3.500 Einwohnerinnen und Einwohnern ist das Projekt ein Kraftakt – und ein Erfolg, auf den man stolz ist. „Wir haben hier eine enorme Infrastruktur zu unterhalten – verteilt auf neun Ortsteile. Da tut uns jeder Euro gut“, sagt Schneider. Neben dem Imagegewinn durch den Titel „größter Solarpark des Landes“ sei auch die finanzielle Komponente nicht zu unterschätzen. Zwar erhält die Gemeinde keine Pacht, da die Flächen privat sind – aber sie profitiert über eine Beteiligung an der erzeugten Strommenge sowie über künftige Gewerbesteuereinnahmen: „Das stärkt unsere Gemeindekasse langfristig.“
Großprojekt für kleine Gemeinde
Die Planungen begannen bereits 2019: Damals war es die EnBW, die gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer auf die Gemeinde zuging und ihre Idee vorstellte. Die Flächen befinden sich vollständig in Privateigentum. Die Rolle der Gemeinde lag in der Bauleitplanung – inklusive Flächennutzungs- und Bebauungsplanverfahren. „Wir haben das Projekt sehr frühzeitig in unseren Ortschaftsrat und den Gemeinderat eingebracht“, so Bürgermeister Andreas Schneider im Gespräch mit die:gemeinde.
„Alle Beschlüsse wurden einstimmig gefasst – es gab keine Bürgerinitiative, keinen öffentlichen Protest“, betont Schneider. Ein Schulterschluss, den man sich andernorts nur wünschen kann. Laut EnBW wurde im März 2020 der Pachtvertrag unterzeichnet, im Juni desselben Jahres der Aufstellungsbeschluss gefasst. Das Bauleitverfahren konnte mit dem Satzungsbeschluss Ende 2022 abgeschlossen werden. Im Juni 2023 erhielt die EnBW dann die Baugenehmigung. Der Baustart erfolgte im Februar 2024. Auch die Umwelt wurde mitgedacht: 30 neue Amphibienteiche, 250 neu gepflanzte Sträucher und Bäume sowie der Erhalt von Streuobstbeständen sollen die Artenvielfalt sichern.
Ein Solarpark – und dann?
Während Langenenslingen ein Beispiel dafür ist, wie lokale Energiewende gelingt, zeigt die landesweite Perspektive eine ernüchternde Lücke. Das Photovoltaik-Ausbauziel Baden-Württembergs liegt bei 47,2 Gigawatt Peak (GWp) bis 2040. Derzeit sind etwa 12,9 GWp installiert. Die Einheit GWp beschreibt die maximale Stromleistung von PV-Anlagen unter optimaler Sonneneinstrahlung. Zum Vergleich: Der Solarpark in Langenenslingen trägt mit seinen 0,08 GWp rund 0,17 Prozent zum noch fehlenden Ausbau bei.
Laut Energieatlas BW liegt der geplante Zubau 2025 bei nur 0,42 GWp. Um die Lücke von 34,3 GWp in den kommenden 15 Jahren zu schließen, müssten jedes Jahr rund 2,3 GWp hinzukommen – also mehr als das Fünffache des aktuellen Tempos. Und dabei wäre das Ziel rein technisch erreichbar: Das landesweite Solarpotenzial liegt bei 751 GWp – auf Dächern, Konversionsflächen und geeigneten Freiflächen. Fläche ist also genug da. Was fehlt, ist Umsetzungskraft.
Solarparks wie in Langenenslingen zeigen: Wenn politische Rückendeckung, engagierte Projektentwickler und eine pragmatische Verwaltung zusammenkommen, sind auch große Projekte in kleinen Gemeinden machbar. Damit die Energiewende in Baden-Württemberg Fahrt aufnimmt, braucht es jetzt viele, die diesen Weg ebenfalls gehen. Bürgermeister Schneider formuliert es so: „Der Schlüssel zum Erfolg war, alle frühzeitig mit einzubinden – Ortschaftsrat, Gemeinderat, Bürgerinnen und Bürger. Wenn man Fragen offen beantwortet, nimmt man vielen Kritikern den Wind aus den Segeln.“