© Adobe Stock

Gemeindetag fordert Prioritäten für Zivilschutz

Baden-Württembergs Kommunen nehmen ihre Rolle im Bevölkerungsschutz ernst – doch sie benötigen bessere Rahmenbedingungen. Der Gemeindetag drängt auf eine strukturelle Stärkung der zivilen Verteidigung.

Die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg arbeiten intensiv daran, den Bevölkerungsschutz in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten zu gewährleisten. Beim Spitzengespräch im Innenministerium Stuttgart wurde erneut deutlich, wie zentral die Kommunen für die Sicherheitsarchitektur des Landes sind – und wie groß gleichzeitig die Herausforderungen bleiben.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg betont: Angesichts der veränderten Bedrohungslage hätten Fragen des Zivil- und Bevölkerungsschutzes in den vergangenen Jahren nicht die politische Priorität erhalten, die eigentlich notwendig gewesen wäre. Dies zeige sich auch in der kommunalen Infrastruktur. Schutzräume, Warnsysteme und die Resilienz kritischer Einrichtungen müssten dringend an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. Kommunale Maßnahmen vor Ort müssten zudem strategisch sinnvoll in überörtliche Konzepte eingebunden werden.

Bereits im Frühjahr 2022 hatte der Gemeindetag auf die wachsende Bedeutung des Bevölkerungsschutzes hingewiesen und eine stärkere Prioritätensetzung über alle staatlichen Ebenen hinweg gefordert. Neben der Notfallplanung müsse auch die Vernetzung von Warn- und Kommunikationssystemen verbessert werden. Die Aufgaben der zivilen Verteidigung erforderten eine kontinuierliche und lageangepasste Weiterentwicklung der Konzepte – mit einem besonderen Fokus auf die Rolle der Kommunen.

Kommunale Maßnahmen müssen besser unterstützt werden

Die jüngste Änderung des Grundgesetzes, die Investitionen in Verteidigungsausgaben auch über die Schuldenbremse hinaus ermöglicht, wird vom Gemeindetag grundsätzlich begrüßt. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger unterstrich jedoch die Notwendigkeit, dass die neuen Finanzierungsmöglichkeiten auch bei den Städten und Gemeinden ankommen. Maßnahmen zur Stärkung der nationalen Verteidigungsfähigkeit, des Zivil- und Bevölkerungsschutzes sowie der Cybersicherheit müssten kommunal mitgetragen und unterstützt werden können. Dafür brauche es ein klares politisches Signal: Der neue Verfassungsweg dürfe nicht an der kommunalen Ebene enden.

Die Bedeutung der Kommunen als tragende Säule im Bevölkerungsschutz zeigt sich in vielen Bereichen – vom Schutz kritischer Infrastrukturen über Notfalltreffpunkte und Warnsysteme bis hin zur Cybersicherheit. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre machen aber auch deutlich: Strukturen, die nach dem Kalten Krieg abgebaut wurden, lassen sich nicht kurzfristig wiederaufbauen. Es braucht langfristige Strategien, ausreichende Ressourcen und gezielte Unterstützung.

Warnsysteme, Schutzräume und Cybersicherheit im Fokus

Bei der Veranstaltung im Innenministerium wurden die Kommunen umfassend über neue Planungen informiert. Der sogenannte „Operationsplan Deutschland“ legt fest, wie militärische und zivile Kräfte im Verteidigungsfall zusammenarbeiten sollen. Im Fokus stehen neben klassischen Bedrohungsszenarien auch neue Herausforderungen wie hybride Angriffe und Cyberattacken. Eine besondere Rolle spielt zudem die Verbesserung der Warninfrastruktur: Baden-Württemberg setzt hier auf ein satellitengestütztes System, das Sirenen, Apps und weitere Medien gleichzeitig ansteuert.

Gleichzeitig zeigt sich beim Thema Schutzräume ein deutlicher Handlungsbedarf: Viele bestehende Anlagen sind baulich noch vorhanden, aber nicht mehr funktionsfähig. Bund und Länder arbeiten an neuen Konzepten, um diese Lücke zu schließen. Notfalltreffpunkte, die vielerorts bereits eingerichtet wurden, sollen im Ernstfall als Anlaufstellen für die Bevölkerung dienen.

Der Gemeindetag macht deutlich: Damit die Kommunen ihrer wichtigen Rolle im Bevölkerungsschutz gerecht werden können, benötigen sie klare gesetzliche Rahmenbedingungen, gezielte Unterstützung und verlässliche Finanzierungsperspektiven. Nur so kann die notwendige Resilienz auf lokaler Ebene entstehen – und damit auch der Schutz der Bevölkerung in Krisenzeiten sichergestellt werden.