Die Polizei überprüft die nächtlichen Ausgangssperren in Mannheim, Pforzheim und weiteren Kreisen in Baden-Württemberg.
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Erste Erfahrungen mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen und verschärfte Maskenpflicht - Diese Maßnahmen müssen in sogenannten Hotspots in Baden-Württemberg erlassen werden. Mannheim und Pforzheim haben die Verschärfungen als erste durchgeführt. Nach verstärkten Kontrollen ziehen die Städte erste Bilanz.

Wie können in Corona-Hotspots die Infektionszahlen schnell und effektiv gesenkt werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Bundesländer seit der Bund-Länder-Konferenz am 25. November. Landesverordnungen fehlten zunächst. Nun hat das Sozialministerium Baden-Württemberg Regeln erlassen. Zwei Städte handelten jedoch schon früher und erließen eigene zusätzlichen Maßnahmen. So haben Mannheim und Pforzheim bereits erste Erfahrungen mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und verschärfter Maskenpflicht.

Wann gelten die Regeln für Corona-Hotspots?

Die verschärften Maßnahmen für Corona-Hotspots sollen in Kommunen gelten, in denen die 7-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen bei über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegt. Zudem müssen die Maßnahmen nur verhängt werden, wenn es sich um ein "diffuses Infektionsgeschehen" handelt. Gibt es eine eindeutig auszumachende Quelle für das vermehrte Corona-Infektionsgeschehen, müssen die Regelungen also nicht zwangsläufig verhängt werden. Sobald die 7-Tage-Inzidenz fünf Tage in Folge unter den Wert von 200 pro 100.000 Einwohner fällt, dürfen die Hotspot-Regeln wieder aufgehoben werden. Die zusätzlichen Maßnahmen sollen vom zuständigen Gesundheitsamt per Allgemeinverfügung erlassen werden. 

Die Hotspot-Regelungen umfassen folgende Maßnahmen:

  • Nächtliche Ausgangsbeschränkungen

    Das Verlassen der Wohnung zwischen 21 und 5 Uhr ist verboten, solange kein triftiger Grund vorliegt. Als triftige Gründe gelten: die Ausübung beruflicher Tätigkeiten, einschließlich der Teilnahme Ehrenamtlicher an Einsätzen von Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst, die Inanspruchnahme medizinischer, therapeutischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen die Begleitung Sterbender und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen und Handlungen zur Versorgung von Tieren.
  • Beschränkungen von Treffen

    Im öffentlichen und privaten Raum dürfen sich nur noch Personen zweier Haushalte treffen, maximal jedoch fünf Personen. Anders als in der Corona-Verordnung festgehalten, dürfen Verwandte in gerader Linie, Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft, die nicht Teil dieser Haushalte sind, an den Treffen nicht mehr teilnehmen.
  • Verbot von Veranstaltungen

    Es ist verboten Veranstaltungen zu organisieren oder daran teilzunehmen. Dazu gibt es jedoch einige Ausnahmen: Etwa für Veranstaltungen von Religions-, Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Religionsausübung, Gerichtstermine, Aussagen bei Polizei oder Staatsanwaltschaft, Sitzungen kommunaler Gremien, Wahlen und Abstimmungen, dienstliche Veranstaltungen und Treffen, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der sozialen Fürsorge dienen und nicht aufgeschoben werden können.
  • Verschärfte Maskenpflicht

    Eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung muss auf Baustellen auch im Freien getragen werden, soweit der Abstand von 1,5 Metern zu anderen Personen nicht sicher eingehalten werden kann. Besuche in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind nur nach vorherigem negativem Antigentest oder mit FFP2-Atemschutzmaske erlaubt. 
  • Schließung von Geschäften

    Friseurbetriebe sowie Barbershops und Sonnenstudios werden geschlossen.
  • Schließung von Sportstätten

    Öffentliche und private Sportstätten, Schwimm-, Hallen-, Thermal-, Spaßbäder und sonstige Bäder werden abweichend von der Corona-Verordnung auch für den Schulsport, Studienbetrieb sowie Freizeit- und Individualsport geschlossen. 
  • Weitere Einschränkungen für den Einzelhandel

    Verbote von besonderen Verkaufsaktionen (z. B. Räumungs- oder Schlussverkäufe, besondere Rabattaktionen), bei denen unter anderem aufgrund des Eventcharakters oder erwarteten zusätzlichen Publikumsverkehrs ein größerer Zustrom von Menschenmengen erwartet werden kann. Ebenfalls verboten sind Märkte, welche nicht der Deckung des täglichen Lebensbedarfs dienen wie etwa Floh- und Jahrmärkte

Kommunale Landesverbände stehen hinter den Hotspot-Regeln

Die kommunalen Landesverbände waren in die Definition der Hotspot-Regelungen zu jeder Zeit eingebunden. Nach Erlass der Hotspot-Verordnung verteidigte Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags, die Einschränkungen. Ihm sei bewusst, dass Ausgangsbeschränkungen ein heftiges Mittel seien, nach schmerzlichem Überlegungen sei man im Corona-Lenkungskreis der Landesregierung jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es keine andere Möglichkeit gebe. Er selbst habe sogar die Idee eines ganz harten Lockdowns zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-Könige ins Spiel gebracht. Die Kommunen stünden nun aber hinter dem gefundenen Kompromiss. Es sei richtig, dass lange und intensiv um solche Maßnahmen gerungen werde, da es sich um große Einschnitte für die Menschen im Land handele. Auch Peter Kurz, Oberbürgermeister in Mannheim und Präsident des Städtetags Baden-Württemberg, hatte einen harten Lockdown in den Weihnachtsferien als sinnvoll bezeichnet.

Einige Kommunen legten bereits vor

Einige Hotspots kamen dem Erlass des Sozialministeriums noch zuvor. So gingen etwa Mannheim, Tuttlingen und der Schwarzwald-Baar-Kreis mit eigenen Maßnahmen voran. Dort lagen die Zahlen bereits über der kritischen Grenze von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern.

Mannheims Hotspot-Regelungen

Mannheim hatte als erste Kommune bereits am Donnerstag (3. Dezember)  eine nächtliche Ausgangsbeschränkung angekündigt, die ab Freitag zwischen 21 und 5 Uhr gilt. Sie ist zunächst befristet bis zum 14. Dezember. Als Ausnahmen gelten etwa berufliche Tätigkeiten oder Arztbesuche. Ob ein solcher Grund vorliegt, muss bei einer Kontrolle glaubhaft gemacht werden können. Die Polizei hat die Ausgangsbeschränkungen am Wochenende strikt kontrolliert. 

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen in Mannheim

Mit der Freitagnacht zeigte sich die Polizei zufrieden. Mannheims Polizeipräsident Andreas Stenger lobte die Bürger für die weitgehende Einhaltung der neuen Maßnahmen. Die Polizei hatte rund 70 zusätzliche Beamte für stationäre und mobile Kontrollen eingesetzt. Sie kontrollierten in der Nacht 631 Fahrzeuge und 837 Menschen. 55 Kontrollierte konnten keinen triftigen Grund für ihre Reise nennen. Hier verhängte die Polizei zunächst keine Bußgelder, sondern appellierte an die Einsicht der betreffenden Personen. Von den Menschen mit triftigem Grund waren 80 Prozent aus beruflichen Gründen unterwegs, 20 Prozent aus familiären Gründen. Darüber hinaus hatten 17 Menschen gegen die Corona-Verordnung verstoßen. 13 erhielten ein Bußgeld. 

In den Samstagnacht kam es zu deutlich mehr Verstößen. Es waren 100 zusätzliche Beamte im Einsatz. Wie schon in der Nacht zuvor wurden stationäre und mobile Kontrollen durchgeführt. Es wurden 294 Fahrzeuge und 407 Personen kontrolliert. Das sind deutlich weniger als ich den Nacht zuvor. Trotzdem wurden mit 189 Verstößen deutlich mehr Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen registriert. In vielen Fällen habe es sich dabei jedoch um Menschen von außerhalb gehandelt, die über die Beschränkungen in Mannheim nicht informiert waren. Die meisten seien bei Ansprache einsichtig gewesen. Nur gegen fünf Personen sei ein Bußgeld verhängt worden, da sie uneinsichtig blieben. Die Polizei verhängte in diesen Fällen außerdem ein Platzverbot für das gesamte Stadtgebiet. Davon abgesehen waren zehn Verstöße gegen Corona-Maßnahmen registriert worden, die ebenfalls mit Bußgeldern geahndet wurden. 

Corona-Hotspot-Regelungen in Pforzheim

Die Stadt Pforzheim verkündete die nächtliche Ausgangsbeschränkung kurz nach Mannheim - am späten Freitagabend. Sie trat am Samstag in Kraft und gilt bis zum 14. Dezember zwischen 21 und 5 Uhr. Als Ausnahme von der Regelung gelten ebenfalls nur triftige Gründe. In Pforzheim wurden zudem eine erweiterte Maskenpflicht in Fußgängerzonen in der Zeit von 7 bis 19 Uhr beschlossen sowie ein Veranstaltungsverbot, das lediglich etwa religiöse Zwecke und Demos ausnimmt. 

Die Erfahrungen des ersten Wochenendes in Pforzheim

Auch in Pforzheim haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag Polizisten die erstmals geltenden Ausgangsbeschränkungen kontrolliert. Ab 21 Uhr waren die Beamten im gesamten Stadtgebiet im Einsatz. Die Regeln wurden schwerpunktmäßig von den Polizisten der Polizeireviere des Enzkreises und der Stadt Pforzheim durchgeführt und endeten gegen 5 Uhr am frühen Sonntagmorgen. Insgesamt konnten so rund 120 Fahrzeuge und 80 Fußgänger kontrolliert werden. Die Polizisten registrierten 42 Verstöße. Die Mehrheit hielt sich an die Vorgaben der Stadtverwaltung. Die Mehrheit der Kontrollierten waren aus beruflichen Gründen unterwegs.

Weitere Kreise mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen

Ähnlich strenge Corona-Maßnahmen haben auch die Landkreise Tuttlingen, Lörrach, Calw und der Schwarzwald-Baar-Kreis beschlossen. Öffentlich und privat darf sich im Kreis Tuttlingen und im Schwarzwald-Baar-Kreis seit Samstag nur noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, maximal fünf Personen. So steht es in Allgemeinverfügungen der beiden Kreise, die am Freitag veröffentlicht wurden. Veranstaltungen sind mit wenigen Ausnahmen untersagt. An Beerdigungen dürfen nur noch 50 Personen teilnehmen. Krankenhäuser und Pflegeheime dürfen nur noch nach Antigentest oder mit FFP2-Maske besucht werden.Die Maskenpflicht wird in beiden Kreisen verschärft - Sie gilt zu bestimmten Uhrzeiten im Umfeld von Schulen und Kitas. Außerdem auf Friedhöfen und in bestimmten Straßen im Innenstadtbereich von Tuttlingen, Trossingen, Villingen-Schwenningen und Donaueschingen. Im Corona-Hotspot Heilbronn soll es ab Dienstag eine nächtliche Ausgangsbeschränkung geben.