Erneuerbare Energien in Baden-Württemberg - Ausbau von Windkraft und Solarenergie 2022 nicht schnell genug
© Adobe Stock

Erneuerbare Energien: Solarenergie nimmt zu, dramatische Lage bei der Windenergie

Mit nur drei neuen Windkraftanlagen im ersten Quartal 2022 kommt der Ausbau fast zu einem Halt. Beim Solarenergieausbau sieht es deutlich besser aus, doch um die Ziele der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes zu erreichen, muss auch hier noch deutlich mehr passieren.

Genau drei neue Windkraft-Anlagen sind in Baden-Württemberg im ersten Quartal 2022 ans Netz gegangen. Die installierte Gesamtleistung beträgt 13,5 Megawatt. Der Windenergiezubau sei damit deutlich zu gering, warnt die Plattform Erneuerbare Energie BW: Für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz im Südwesten seien bis 2030 im Schnitt 100 neue Windenergieanlagen pro Jahr erforderlich. „Im Land geht es bei der Windenergie nicht voran“, kritisiert Franz Pöter von der Plattform EE BW. „Hier brauchen wir schnell deutlich mehr Genehmigungen.“ Bei den drei neuen Windenergieanlagen handelt es sich um den Bürgerwindpark Bretzfeld-Obersulm, an dem knapp 100 Bürgerinnen und Bürger sowie sechs örtliche Bürgerenergiegenossenschaften finanziell beteiligt sind.

Knapp 10.000 neue Solarstromanlagen

Positiver gestaltet sich hingegen der Ausbau der Photovoltaik: Im gleichen Quartal, in dem das Land gerade einmal drei Windenergieanlagen hinzugewonnen hat, wurden 9.850 neue Solarstromanlagen errichtet. Die installierte Gesamtleistung liegt bei rund 170 Megawatt. Diese vorläufigen Zahlen stammen aus dem Marktstammdatenregister. Durch Nachmeldungen können sich die vorläufigen Zahlen noch etwas steigern. 2021 wurden insgesamt rund 620 Megawatt installiert. Doch auch bei der Solarstromerzeugung ist die Bilanz getrübt: Nötig sind künftig durchschnittlich fast 2.000 Megawatt pro Jahr bis 2030.

Pöter: "Es müssen rasch mehr Windenergieanlagen genehmigt werden"

Der unzureichende Ausbau in der Windenergie in Baden-Württemberg macht der Plattform EE BW große Sorgen, wie Franz Pöter erklärt: „Die Hypothek wächst von Monat zu Monat. Jedes nicht gebaute Windrad macht es schwieriger, den für Versorgungssicherheit und Klimaschutz so dringend benötigen Ökostrom zu erzeugen. Es müssen nun rasch mehr Windenergieanlagen genehmigt werden, damit die Flaute beim Windenergieausbau ein Ende hat." Die Anzahl der zuletzt in Baden-Württemberg erteilten Genehmigungen – im gesamten Jahr 2021 lediglich zehn, seit Jahresbeginn 2022 immerhin neun – wäre dafür aus Sicht der Branche bei weitem nicht ausreichend.

28 neue Windkraft-Anlagen im Jahr 2021

Um das landesweit gültige Ziel der Klimaneutralität 2040 zu erreichen, sei ein dynamischer Zuwachs der Windenergie notwendig. 2021 gingen lediglich 28 neue Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 114 Megawatt in Betrieb. Dieser Wert muss sich laut Plattform EE BW schnellstmöglich verdoppeln, und ab Mitte des Jahrzehnts bei über hundert Anlagen pro Jahr liegen. Die Berechnung geht von einem Leistungszuwachs von aktuell vier auf künftig rund sechs Megawatt pro Anlage aus. Für den Zeitraum von 2030 bis 2040 ist der Leistungszuwachs pro Anlage schlecht zu prognostizieren, daher ist eine verlässliche Aussage der erforderlichen Zahl von zu errichtenden Windrädern pro Jahr nicht möglich.

Kaum Ausbau bei Wasserkraft, Biogas, Holzenergie und Geothermie

Bei Wasserkraftwerken, Biogas- und Holzenergieanlagen ist schon seit längerem kein nennenswerter Ausbau zu verzeichnen. Ähnlich sieht es bei der tiefen Geothermie aus. Dabei seien diese Erneuerbaren Energien mit ihrer planbaren Erzeugung für die Versorgungssicherheit besonders wichtig - gerade in Zeiten eines drohenden Erdgaslieferstopps, wie die Plattform EE BW mahnt.

Was ist für eine klimaneutrale Energieversorgung nötig?

Eine Ende 2021 veröffentlichte Studie der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg zeigt, wie viel Erneuerbare für eine komplett klimaneutrale Energieversorgung erforderlich sind: Die installierte Leistung zur Erzeugung von erneuerbarem Strom muss sich bis 2040 auf mindestens 52 Gigawatt verfünffachen, heißt es dort. Dafür sei beim Ausbau eine erheblich höhere Geschwindigkeit als in den vergangenen zehn Jahren erforderlich. Die komplette Studie finden Sie hier:

Fünfmal soviel Solarenergie, siebenmal soviel Windkraft benötigt

Die Photovoltaik und die Windenergie sollen im Jahr 2040 zusammen rund 70 Prozent des bis dahin gestiegenen Bruttostromverbrauchs in Baden-Württemberg decken. Um das zu erreichen, muss die installierte Leistung der auf Dächern, Fassaden und im Freiland installierten Photovoltaik-Module bis 2040 mehr als verfünffacht werden, von heute knapp sieben auf rund 39 Gigawatt. Bei der Windenergie vergrößert sich die nötige installierte Leistung bis 2040 um den Faktor sieben von heute 1,6 Gigawatt auf dann 11,5 Gigawatt.