Erneuerbare Energien: Guter Fortschritt bei Solaranlagen, schwache Leistung bei Windkraft
Um seine Klimaziele erreichen zu können, wollte Baden-Württemberg jährlich 100 neue Windkraftanlagen ans Netz nehmen. 2024 sind es bisher sechs, wie die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) und der Bundesverband Windenergie in Baden-Württemberg bekannt geben. Auch die Zahl der Genehmigungen bleibt deutlich hinter den für 100 Windkraftanlagen pro Jahr benötigten zurück. Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Baden-Württemberg laut Zahlen der Bundesnetzagentur 24 Windkraftanlagen genehmigt. Damit unterscheiden sich die Zahlen kaum von denen des Vorjahres: 2023 gab es insgesamt 47 Genehmigungen.
Windkraft soll bis 2040 für deutlich mehr Leistung sorgen
In Baden-Württemberg stehen aktuell rund 775 Windräder mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 1,8 Gigawatt. Bis zum Jahr 2040 sind den Angaben zufolge 3.000 Windräder mit einer installierten Leistung von insgesamt zwölf Gigawatt erforderlich. Zum Vergleich: Die Leistung der in den ersten sechs Monaten neu errichteten sechs Windräder sowie einer erneuerten Anlage beläuft sich insgesamt auf 35 Megawatt, also umgerechnet 0,035 Gigawatt.
Spitzenreiter im Ländervergleich derzeit Nordrhein-Westfalen
Deutschlandweit sind im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 250 neue Windenergieanlagen gebaut worden, die eine Gesamtleistung von 1.308 Megawatt haben. Das waren 19 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Spitzenreiter im Ländervergleich ist Nordrhein-Westfalen. Dort sei durch Neubau – abzüglich des Rückbaus – 249 Megawatt mehr Leistung entstanden. Der Süden müsse aufholen und Flächen ausweisen, forderte Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. Um die Klimaziele zu erreichen, benötigt Baden-Württemberg mehr als 100 neue Windräder im Jahr. Ursprünglich hatte die grün-schwarze Landesregierung im Koalitionsvertrag als Ziel vereinbart, bis 2026 im Land 1.000 neue Windräder zu bauen. Als Hauptgründe für den stockenden Ausbau gelten zu wenig ausgewiesene Flächen, viele Klagen und lange Genehmigungsverfahren. An Orten, wo Windräder gebaut werden sollen, gibt es in Baden-Württemberg oft erhebliche Proteste.
Über ein Gigawatt zusätzliche Leistung durch Solaranlagen
Deutlich besser sieht es in Baden-Württemberg beim Solarstrom-Ausbau aus. Im ersten Halbjahr 2024 errichteten Privatleute, Unternehmen und Kommunen Photovoltaik-Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 1.032 Megawatt. Der Zubau in diesem Zeitraum lag damit zum zweiten Mal in Folge knapp im vierstelligen Megawattbereich (im zweiten Halbjahr 2023 waren es 1.072 Megawatt). Insgesamt kamen im Südwesten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 75.056 Anlagen neu hinzu. Mit dem daraus erzeugten Strom können rund 300.000 Haushalte im Jahr versorgt werden.
Solaranalgen versus Windkraft
Die 75.056 Solaranlagen stehen sechs neuen Windkraftanlagen gegenüber. Mit den 75.056 Solaranlagen wird dreißigmal mehr Strom erzeugt als mit den sechs Windkraftanlagen. Was jedoch auch zeigt, wie viel mehr Strom eine einzelne Windkraftanlage im Verhältnis zu einer Solaranlage produzieren kann.
Baden-Württemberg bundesweit auf Platz 2
Die neuen Zahlen haben die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) und das Solar Cluster Baden-Württemberg für die Photovoltaik-Liga Baden-Württemberg zusammengestellt. Die Photovoltaik-Liga ist eine Rangliste der beim Solarstrom-Ausbau erfolgreichsten Landkreise im Südwesten. Die Ergebnisse werden halbjährlich veröffentlicht. Mit dem Ergebnis im ersten Halbjahr hat sich Baden-Württemberg bundesweit auf Platz zwei im Ländervergleich vorgearbeitet und konnte den langjährigen Zweitplatzierten Nordrhein-Westfalen hinter sich lassen. Auf Platz eins steht unangefochten Bayern.
Gebäude-Solaranlagen machen Löwenanteil aus
Den Großteil des aktuellen Anstiegs im Südwesten machen Gebäude-Solaranlagen mit 723 Megawatt installierter Leistung aus – 70 Prozent der insgesamt installierten Leistung im ersten Halbjahr. Bei den Photovoltaik-Freiflächenanlagen kamen 309 Megawatt hinzu. Die installierte Gesamtleistung der Photovoltaik-Anlagen in Baden-Württemberg lag am 30. Juni 2024 bei 11.307 Megawatt.
Große Unterschiede zwischen den Landkreisen
Blickt man auf den Ausbau in den einzelnen 44 Stadt- und Landkreisen, zeigen sich große Unterschiede. Der Main-Tauber-Kreis belegt mit einem Photovoltaik-Zubau im ersten Halbjahr von 110 Megawatt den ersten Rang, gefolgt vom Neckar-Odenwald-Kreis mit 58 Megawatt und Sigmaringen mit 53 Megawatt. Unterscheidet man zwischen Gebäude- und Freiflächenanlagen, ergibt sich folgendes Bild: Die Spitzenreiter bei den Photovoltaik-Gebäudeanlagen sind der Rhein-Neckar-Kreis mit 35 Megawatt, der Ortenaukreis mit 34 Megawatt und der Landkreis Karlsruhe mit 32 Megawatt. Bei neuen Freiflächenanlagen führen im ersten Halbjahr der Main-Tauber-Kreis mit 96 Megawatt, der Neckar Odenwald-Kreis mit 44 Megawatt und der Landkreis Sigmaringen mit 26 Megawatt. Was die gesamte installierte Leistung auf Dächern und dem Freiland der vergangenen Jahre betrifft, stehen die Kreise Alb-Donau (546 Megawatt), Ravensburg (528) und Biberach (508) derzeit ganz vorne in Baden-Württemberg.
Noch große Potenziale vorhanden
Der Zubau der Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Baden-Württemberg stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an. Doch dem stehen viele ungenutzte Potenziale gegenüber: Das Flächenpotenzial ist bisher nur zu rund einem Drittel ausgeschöpft. Das gilt auch für das Potenzial auf Dachflächen. Der bestplatzierte Alb-Donau-Kreis hat es mit gut 26 Prozent nur zu einem Viertel ausgeschöpft, wie dem Photovoltaik-Dashboard der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zu entnehmen ist.
Alle Ergebnisse der Photovoltaik-Liga finden Sie auf der Website des Photovoltaik-Netzwerks Baden-Württemberg. Detailliertere Informationen zu den einzelnen Landkreisen gibt es bei der regionalen Photovoltaik-Netzwerken. Die monatlich aktualisierten Photovoltaik-Ausbau-Daten der Landkreise sind vollständig im Photovoltaik-Dashboard der LUBW abgebildet.