Der neue Gesetzesentwurf für das Landesmobilitätsgesetz ist da und erneut flammt Kritik am Mobilitätspass auf
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Wieder Diskussionen um den Mobilitätspass

Das Verkehrsministerium hat einen neuen Entwurf für das Landesmobilitätsgesetz erarbeitet. Kritik entflammt erneut über den sogenannten Mobilitätspass.

Nachdem der letzte in der Koalition gescheitert ist, legt Verkehrsminister Winfried Hermann nun einen neuen Entwurf für ein Landesmobilitätsgesetz vor. Das berichtet der SWR, dem der Entwurf bereits vorliegt. Dieses soll den öffentlichen Nahverkehr verbessern, das Radwegenetz erweitern und Emissionen abbauen. Dafür sollen alle 44 Stadt- und Landkreise eine Koordinationsstelle für Radverkehrsnetze einrichten. Und das Ministerium will den Verkehrsunternehmen und Kommunen Vorgaben machen, bis wann ihre Busse im öffentlichen Nahverkehr emissionsfrei unterwegs sein müssen. Außerdem sollen landesweite Bedienstandards festgelegt werden, die die Erreichbarkeit in öffentlichen Nahverkehr verbessern.

Mobilitätspass ist weiterhin geplant

Trotz vieler Änderungen im Entwurf, bleibt ein Kernpunkt die umstrittene Nahverkehrsabgabe – auch Mobilitätspass genannt. Es handelt sich um eine kommunale Abgabe, die Städte und Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern für die Finanzierung und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nutzen können. Diese kann bei Einwohnerinnen und Einwohnern, Kfz-Halterinnen und -Haltern, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern oder Autofahrerinnen und Autofahrern erhoben werden. Alle vier Möglichkeiten sehen vor, dass die Gebührenzahlerinnen und -zahler im Gegenzug Gutscheine für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erhalten. Ihre Einführung ist für die Kommunen freiwillig – im ersten Entwurf war sie noch verpflichtend. Kommunen dürfen die Abgabe laut Entwurf nur einführen, wenn ein ausreichendes Angebot des ÖPNV zur Verfügung stehe. Dafür müsse der ÖPNV zu den gängigen Verkehrszeiten als zumutbare Alternative zum Auto eingestuft werden können. Wie hoch die Gebühr sein kann, soll die jeweilige Kommune selbst festlegen. Bei einem Modellversuch in vier Kommunen waren Monatsbeiträge von zehn bis 57 Euro diskutiert worden. Damit sollen die Kommunen das Angebot im Nahverkehr ausweiten und Tickets günstiger anbieten können.

VCD: Mobilitätspass wegen unzureichender Bundesfinanzierung nötig

Der neue Gesetzesentwurf befindet sich noch nicht im Gesetzgebungsverfahren. Nötig sei der Mobilitätspass, da die Bundesregierung keine ausreichende Finanzierung für den Ausbau des Nahverkehrs zur Verfügung stelle, so der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Nahverkehrsabgabe werde den Kommunen Handlungsspielräume einräumen, um besseren Nahverkehr sicherzustellen. Doch der Mobilitätspass ist bei vielen anderen Akteuren umstritten.

Gemeindetag: Ländlicher Raum kann nicht nur auf ÖPNV setzen

So etwa beim Gemeindetag Baden-Württemberg. Das Ziel, den ÖPNV auszubauen und damit zu verbessern, hält der Gemeindetag grundsätzlich für begrüßenswert. Aber: „Ein Umstieg auf den ÖPNV findet in größerem Maße nur dann statt, wenn dessen Angebote nahezu komfortgleich zur Fahrt mit dem eigenen Auto sind. Eine mögliche Mobilitätsgarantie sollte daher eng verknüpft werden mit neuen, innovativen Mobilitätsangeboten gerade für die vielen ländlichen Räume in Baden-Württemberg“, sagt Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. „Zur Ehrlichkeit gehört aber trotzdem: gerade außerhalb der urbanen Zentren wird der Individualverkehr auch künftig noch einen wesentlichen Teil zur Deckung der Mobilitätsbedarfe beitragen.“ Deshalb müsse es auch ein Ziel sein, durch weitere - den ÖPNV ergänzende - Mobilitätsangebote (zum Beispiel On-Demand-Verkehre) zu einer verbesserten Mobilität der Nutzerinnen und Nutzer beizutragen.

"Versprechen des Landes müssen vom Land finanziert werden"

Der Gemeindetag fordert: Landesseitig definierte Standards im Gesetzesentwurf müssten auch vom Land finanziert werden. „Klar muss sein, dass Mobilitätsgarantie und Mobilitätspass zwei verschiedene Paar Stiefel sind“, sagt Steffen Jäger. „Wenn das Land eine Mobilitätsgarantie als Mindestbedienstandard festschreiben möchte, dann muss es dafür auch eine belastbare und nachhaltige Finanzierung sicherstellen.“

Verschiedene Kommunen haben Interesse am Mobilitätspass

„Zu Beginn der Diskussion haben wir wahrgenommen, dass der Mobilitätspass für bestimmte Kommunen grundsätzlich ein überlegenswertes Instrument sein kann, um Zusatzangebote im ÖPNV zu finanzieren“, so Jäger. „Allerdings muss zwischenzeitlich aber doch die Frage beantwortet werden, wie das mit einem milliardenschwer subventionierten Deutschlandticket in eine gemeinsame Logik gebracht werden kann. Es kann nicht sein, dass Bund und Länder günstigere Tickets versprechen und die Kommunen dann den Menschen und Unternehmen die Rechnung dafür schreiben sollen.“ Jäger sieht einen großen Pluspunkt daran, dass das Deutschlandticket Verbundgrenzen überwindet. Der finanzielle Aufwand sei dennoch zu groß.

Es wäre besser gewesen, die drei Milliarden Euro für das Deutschlandticket in den Ausbau der Verkehre zu investieren.

Steffen Jäger, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg

Steffen Jäger über den Mobilitätspass und das Landesmobilitätsgesetz
(c) Gemeindetag Baden-Württemberg

Zukunftsorientierte Kommunalentwicklung soll im Fokus stehen

Die Städte und Gemeinden nähmen ihre Rolle bei der nachhaltigen, modernen und klimagerechten Mobilitätsentwicklung bewusst wahr und arbeiteten zielorientiert und kooperativ an einem zuverlässigen, zugänglichen und zukunftsgerechten Verkehrssystem. Dabei seien die Belange des Verkehrs nur Teil eines komplexen Abwägungsprozesses, bei dem die unterschiedlichen Nutzungsansprüche berücksichtigt und in die Gesamtleistungsfähigkeit eingeordnet werden müssten. Nur dann gelinge eine zukunftsorientierte Kommunalentwicklung, die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte bei der örtlichen Entwicklungsplanung integriere.

Modellregionen für den Mobilitätspass