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Planungen für Mobilitätspass werden intensiver

Freiburg, Karlsruhe und der Ortenaukreis machen Ernst in Sachen Mobilitätspass. Mit dem Instrument wollen sie die Finanzierung des Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs auf eine solide Grundlage stellen. Rechtlich bleiben allerdings Fragen offen.

In Baden-Württemberg entwickeln die Städte Karlsruhe und Freiburg sowie der Ortenaukreis derzeit den Mobilitätspass weiter. Dieses Projekt folgt auf ein Modellprojekt mit 21 Kommunen, das die finanziellen Potenziale für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erforschte. Das Land Baden-Württemberg unterstützt die drei Vorreiterkommunen bei der Ausgestaltung des Mobilitätspasses als Finanzierungsinstrument für den ÖPNV. Ziel ist es, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und zu verbessern, um Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen und die Straßenbelastung zu reduzieren.

Zwei Stadt- und ein Landkreis gehen in detaillierte Planung 

Der Mobilitätspass soll als neues Finanzierungskonzept dienen, wobei die genaue Umsetzung und die gesetzlichen Grundlagen noch in der Ausarbeitung sind. die:gemeinde hat bereits häufig über das Vorhaben berichtet, unter anderem hier. Das Ministerium für Verkehr bietet individuelle Beratung und unterstützt die Klärung offener Fragen zur Einführung. Von den Erfahrungen der Vorreiterkommunen sollen zukünftig alle Kommunen im Land profitieren können, die eine Einführung des Mobilitätspasses planen. "Um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen, ist eine erhebliche Verbesserung und Ausweitung des ÖPNV vor Ort unerlässlich. Zusammen mit den Vorreiterkommunen möchten wir den Mobilitätspass als neues Finanzierungsinstrument für den ÖPNV vorbereiten. Mit der Einführung des Mobilitätspasses erwarten wir auch eine Entlastung der Straßen in den Städten und Landkreisen vor Ort", sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) vergangene Woche in Stuttgart. 

Gesetzliche Grundlage muss genauer untersucht werden 

Unter Berücksichtigung der noch ausstehenden gesetzlichen Regelungen plant das Ministerium für Verkehr, offene Detailfragen zur bundesweit erstmaligen Einführung des Mobilitätspasses individuell zu klären und die Vorreiterkommunen dabei zu unterstützen, ohne bereits eine verbindliche Entscheidung über seine Einführung zu treffen. Die Erfahrungen der Vorreiter sollen zukünftig allen Kommunen im Land zugutekommen, die den Mobilitätspass einführen möchten. Der Oberbürgermeister von Freiburg, Martin Horn, betonte: "Der Mobilitätspass könnte eine interessante Option sein, um den ÖPNV in Kommunen zu stärken. Ob und wie dies für Freiburg in Frage kommt, werden wir als Vorreiterkommune genau prüfen. Eine Entscheidung erfordert eine genaue Untersuchung und eine klare gesetzliche Grundlage sowie einen politischen Dialog in Freiburg. Es steht jedoch außer Frage, dass unser ÖPNV dringend eine solide Finanzierung benötigt."

Auch der Oberbürgermeister von Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, äußerte sich dazu: "Das Karlsruher ÖPNV-Netz ist bereits vorbildlich. Um es weiter auszubauen und die Qualität der Angebote zu steigern, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Dies ist entscheidend für den Erfolg der Mobilitätswende. Als Vorreiterkommune erhalten wir Einblick in die finanziellen Auswirkungen einer Nahverkehrsabgabe auf die Investitionsfähigkeit der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und den Prozess zur Einlösung des Mobilitätsguthabens beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV). Durch die Beratung des Landes hoffen wir auch auf Erkenntnisse zur Verbesserung unseres ÖPNV. Wir haben die Gelegenheit, ein maßgeschneidertes Modell für die Einführung des Mobilitätspasses zu entwickeln und die Interessen einer großen ÖPNV-Region in die Vorbereitung der rechtlichen Rahmenbedingungen einzubringen."

Frank Scherer: Ausbau des ÖPNV hat höchste Priorität 

Landrat Frank Scherer äußerte sich im Namen des Ortenaukreises: "Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs hat für den Ortenaukreis höchste Priorität. Wir unterstützen die Ausbaupläne des Landes und setzen konsequent auf weniger individuellen Autoverkehr und mehr öffentlichen Nahverkehr. Die Ernennung zur Vorreiterkommune für den Mobilitätspass kann uns in diesem Vorhaben einen zusätzlichen Schub geben. Wir sind offen für die Ergebnisse des Beratungsprozesses und hoffen auf belastbare Erkenntnisse, die es den Gremien des Kreises ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen."

Der Mobilitätspass ist fest im Koalitionsvertrag, in der ÖPNV-Strategie 2030 und in den Eckpunkten des Landeskonzepts Klima und Mobilität der Landesregierung verankert. Die rechtliche Grundlage zur Einführung des Mobilitätspasses soll durch das Landesmobilitätsgesetz geschaffen werden, das sich noch im Gesetzgebungsprozess befindet. Wenn die konkreten Vorbereitungen mit den drei Vorreiterkommunen weitere Erkenntnisse liefern, sollen diese in die Anhörung einfließen.

Varianten des Mobilitätspasses 

Es gibt vier Varianten des Mobilitätspasses für Baden-Württemberg:

  1. Mobilitätspass für Einwohnerinnen und Einwohner (Einwohnerbeitrag)
  2. Mobilitätspass für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (Arbeitgeberbeitrag)
  3. Mobilitätspass für Kfz-Halterinnen und -Halter (Kfz-Halterbeitrag)
  4. Mobilitätspass für Kfz-Nutzende (Straßennutzungsgebühr)

Die Berechnungen des Verkehrsministeriums zeigen, dass mit einem Arbeitgeberbeitrag von beispielsweise monatlich 10 Euro pro Arbeitnehmer in den betrachteten Großstädten zwischen 13 und 52 Millionen Euro pro Jahr für den Ausbau des ÖPNV erzielt werden können. Mit der Straßennutzungsgebühr können in den Großstädten zwischen 24 und 87 Millionen Euro pro Jahr erzielt werden, wenn monatlich 25 Euro pro Fahrzeug veranschlagt werden. Der Einwohnerbeitrag bietet in Flächenlandkreisen mit unterschiedlicher Einwohnerzahl das größte Erlöspotenzial.

Das im März 2023 abgeschlossene Modellprojekt hat gezeigt, dass mit diesen Finanzierungselementen der ÖPNV vor Ort erheblich ausgebaut werden kann. Die Kosten für Technik und Verwaltung sind bereits berücksichtigt. Die detaillierten Ergebnisse aus den Modellberechnungen sollen Anfang 2024 veröffentlicht werden. In vielen europäischen Ländern spielen solche Elemente eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des ÖPNV. Zum Beispiel sind der "versement mobilité" in Frankreich und die Dienstgeberabgabe in Wien bewährte Modelle.