Klimaschutz soll als Gemeinschaftsaufgabe ins Grundgesetz
In einer Studie im Auftrag der Klima-Allianz hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) untersucht, welche Möglichkeiten es gibt, Klimaschutzmaßnahmen vor Ort in den Kommunen zu verbessern. Die Forschenden haben darin Vor- und Nachteile zweier Konzepte miteinander verglichen: Die Einführung einer neuen „Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz” im Grundgesetz und die Umverteilung von Umsatzsteuereinnahmen zugunsten der Kommunen. Wie das Difu schreibt, scheint die zweite Version auf den ersten Blick praktikabler, da für sie - anders als bei der Gemeinschaftsaufgabe - keine Änderung des Grundgesetzes nötig ist. Trotzdem kommen die Autorinnen und Autoren zu dem Schluss, dass die Gemeinschaftsaufgabe der sinnvollere Ansatz ist. Diese sei der Umsatzsteuerverteilung „klar vorzuziehen“, schreibt das Institut.
„Mit der Gemeinschaftsaufgabe können die finanziellen Mittel effizient und flexibel dort eingesetzt werden, wo Investitionen in den Klimaschutz nötig sind, und die meisten Wirkungen erzielen. Zudem besteht mit der Gemeinschaftsaufgabe die Möglichkeit, finanzschwache Kommunen gezielt zu unterstützen. Die Umsatzsteuer hingegen wird nach starren Quoten verteilt und folgt damit eher dem Gießkannenprinzip. Eine neue Gemeinschaftsaufgabe bietet zudem die Möglichkeit, die sehr hohe Zahl an komplizierten Förderprogrammen in die Gemeinschaftsaufgabe zu überführen“, so die Begründung.
DStGB: Es braucht Planbarkeit und Verlässlichkeit
Das Präsidium des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) hatte bereits im November gefordert, eine neue Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung in Artikel 91a Absatz 1 des Grundgesetzes zu verankern. „Durch eine neue Gemeinschaftsaufgabe könnten Bund und Länder den Kommunen durch eine Mischfinanzierung ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Klimaschutz und Klimaanpassung sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, an deren Umsetzung alle Akteure mitwirken müssen“, schreibt der DStGB. Dabei verweist der Verband auf die steigenden Anforderungen an die Kommunen in Sachen Klimaschutz, wie die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes, des Klimaanpassungsgesetzes und der kommunalen Wärmeplanung.
„Es braucht Planbarkeit und Verlässlichkeit. Die ehrgeizigen Klimaschutzziele in Deutschland werden nur gemeinsam mit den Kommunen erreicht werden können. Nun bleibt der Deutsche Bundestag gefordert, die erforderlichen grundgesetzlichen Änderungen auf den Weg zu bringen“, so der DStGB. Die Autorinnen und Autoren der Studie sähen in einer grundgesetzlich normierten Gemeinschaftsaufgabe ein „symbolträchtiges Bekenntnis für einen ebenenübergreifenden Klimaschutz“. Mit ihrer Implementierung würde das in Artikel 20a des Grundgesetzes formulierte Staatsziel zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen konkretisiert.
Klimaschutz als Aufgabe für alle staatlichen Ebenen
„Eine Gemeinschaftsaufgabe ‚Klimaschutz‘ könnte damit perspektivisch zu einem neuen Ankerpunkt der föderalen Klimaschutzfinanzierung werden, indem sich eine Vielzahl der bestehenden Förderprogramme sukzessive in dieses neue Rahmenwerk überführen ließe“, schreiben sie. Fest steht für die Forschenden, dass Klimaschutz zu einem wesentlichen Aufgabenfeld der Politik auf allen staatlichen Ebenen avanciert ist. Angesichts der Zunahme von Extremwetterereignissen werde auch die Anpassung an den Klimawandel immer wichtiger. „Die mit dem Krieg in der Ukraine ausgelöste Debatte über Fragen der Energiesicherheit in Europa unterstreicht die Dringlichkeit von Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung dabei nur ein weiteres Mal“, schreiben sie.
Inzwischen sprächen zahlreiche Gründe dafür, dass auch Kommunen eine wesentliche Rolle bei Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung spielen sollten. So seien urbane Räume beispielsweise für mehr als 70 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Außerdem würden Kommunalverwaltungen und politische Akteure auf der lokalen Ebene sowohl die örtlichen Infrastrukturen als auch die Bedarfe und Bedürfnisse der Bevölkerung besonders gut kennen und sollten darum in der Lage sein, die notwendigen Transformationserfordernisse zu moderieren.
Stabile Finanzierung der Maßnahmen nötig
„In Deutschland haben sich inzwischen viele Kommunen auf den Weg gemacht: Dabei bilden Klimaschutzkonzepte, Klimanotstandsbeschlüsse und entsprechende Haushaltsansätze (als Teil von Nachhaltigkeitshaushalten) den Rahmen für die Umsetzung diverser Maßnahmen vor Ort. Auch Bund und Länder unterstützen die Klimaaktivitäten von Landkreisen, Städten und Gemeinden mit einer Vielzahl an Programmen“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Trotz der offenkundigen Handlungsnotwendigkeiten, die der Klimawandel erzeuge, sei es in den vergangenen Jahren politisch nicht gelungen, Klimaschutz und Klimaanpassung in den Bestand der kommunalen Pflichtaufgaben zu überführen.
„Jenseits der Diskussion, auf welcher Ebene die Zuständigkeiten für diese beiden Handlungsfelder angesiedelt sein sollten, mangelt es mithin nicht an politischer Bereitschaft der Kommunen als vielmehr an unzureichenden finanziellen und personellen Ressourcen“, so die Forschenden. Die Studie liefert nun einen Ansatz dafür, eine stabile Grundlage zumindest für die finanziellen Ressourcen zu schaffen.