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Vorerst keine testbezogenen Öffnungen nach Tübinger Modell: Gemeindetag bedauert Entscheidung des Sozialministeriums

Weitere Öffnungen seien angesichts der hohen Inzidenzzahlen nicht angebracht, sagte Sozialminister Manfred Lucha am Donnerstag. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger bedauert dies. Gleichwohl stehe der Gesundheitsschutz über allem, sagte Jäger. "Allerdings sind wir jetzt an einer kritischen Wegmarke angelangt: Wir können es uns nicht mehr leisten, dauerhaft nur über Schließungen zu diskutieren und die Menschen auf unbestimmte Zeit zu vertrösten", so Jäger weiter.

"Dadurch sinkt die Akzeptanz für die noch immer notwendigen Beschränkungen weiter. Diese gefährliche Entwicklung müssen wir unbedingt stoppen", betonte Jäger. Der Gemeindetag unterstütze daher das Vorhaben des Landes, gemeinsam mit den Vertretern der Städte und Gemeinden eine Strategie mit einer Perspektive für testbezogene und damit zusätzlich abgesicherte Öffnungen zu entwickeln, sagte der Präsident des Gemeindetags am Donnerstag in Reaktion auf die Ankündigung des Sozialministeriums, sich vorerst nicht mehr mit Anträgen auf Modellprojekte zu befassen. Das Ziel müsse sein, mit maßvollen und konkreten Schritten, flankiert vom Impffortschritt, den Menschen wieder ein stückweit gesellschaftliches Leben zu ermöglichen, sagte Jäger.

Sozialministerium: Mehr als 50 Anträge auf Öffnungen nach Vorbild des Tübinger Modells

Das Sozialministerium weist darauf hin, dass mehr als 50 Anträge auf Öffnungen nach dem Vorbild des Tübinger Modells vorlägen. Antragsteller seien einzelne Kommunen, Landkreise oder ganze Regionen. Kern des Modells ist es, Menschen mit tagesaktuellen negativen Corona-Tests den Zugang zu Geschäften und den Außenbereichen von Gaststätten zu ermöglichen. Beim Bund-Länder-Treffen am 22. März war vereinbart worden, einigen ausgewählten Regionen Modellstatus zuzusprechen und auf Schnelltests basierende Öffnungen zu ermöglichen.

Sozialministerium: Aktuelle Entwicklungen lassen keine weiteren Öffnungen mehr zu

Nun also der Rückzieher: "Die aktuellen Entwicklungen in Baden-Württemberg lassen nun aber keine weiteren Öffnungen zu. Das Infektionsgeschehen wird von zahlreichen Einzelfällen und Erkrankungshäufungen dominiert, einige wenige Kreise berichten über größere Ausbrüche", heißt es in der Stellungnahme des Sozialministeriums. Gleichwohl will das Land mit den Kommunalen Landesverbänden "klare Zielvorstellungen und transparente Perspektiven weiterentwickeln." Dabei wolle man auch die Hinweise aus den Anträgen berücksichtigen - ebenso die Erkenntnisse aus dem noch laufenden Pilotprojekt in Tübingen.

Gemeindetag: Öffnungsperspektive in zwei Schritten

Laut Gemeindetag umfassen die Überlegungen der Kommunen eine Öffnungsperspektive in zwei Schritten: Zunächst bedürfe es auf der Grundlage wirksamer Hygienekonzepte und gezielter Testungen eine Perspektive für die Lebensbereiche, die schon seither nicht zuvorderst die Infektionstreiber waren. In diesem Kontext muss laut Gemeindetag auch für den zwischenzeitlich wieder zum großen Teil geschlossenen Einzelhandel eine Perspektive, zumindest über Click&Meet eröffnet werden. Für epidemiologisch verantwortbare Lebensbereiche wie die Außengastronomie und Kultur- oder Freizeiteinrichtungen, bei denen sich Besucher überwiegend im Freien aufhalten können, käme aus Sicht des Gemeindetags eine testbezogene Öffnung in Frage. Auch Sportangebote für Kinder könnten mit den bereits angestrebten regelmäßigen Testungen an Schulen verbunden werden.

Steffen Jäger: Testbereitschaft würde enorm steigen, wenn Menschen nutzen erkennen

Gemeindetagspräsident Steffen Jäger ist überzeugt, dass eine solche Öffnungsstrategie für das ganze Land mehrere positive Effekte hätte: „Die Testbereitschaft der Menschen wird enorm steigen, wenn sie einen Nutzen im Testen erkennen. Gleichzeitig erhöhen wir damit die Chance, unerkannte Infektionen sichtbar zu machen und verhindern das Entstehen von Infektionsketten.Wir könnten außerdem sichere Alternativen für private Treffen anbieten, die sonst ohne Test und nicht selten ohne Maske und Abstand stattfinden.“

Auf landesweiter Grundlage wären weitere spezifische Modellprojekte möglich

Auf einer solchen landesweiten Grundlage hielte es der Gemeindetag schließlich für möglich, gezielt weitere Lebensbereiche zu erproben und dazu spezifische Modellprojekte in Städten und Gemeinden einzurichten, beispielsweise für Sportangebote, Musikschulen, Breitenkultur, oder Freizeitparks. Erfolgreiche Teilmodelle könnten dann schnell auf alle anderen Kommunen im Land übertragen werden.