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Transparenzgesetz soll Verwaltung zur Veröffentlichung von Daten verpflichten

Ein Transparenzgesetzt hatte die grün-schwarze Regierung bereits im Koalitionsvertrag 2021 verankert. Nun legt der zum Jahresende aus dem Amt scheidende Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Stefan Brink, einen Gesetzesentwurf vor. Im Kern geht es darum, dass Behörden fast sämtliche Informationen aktiv und automatisiert auf einem Online-Portal veröffentlichen und nicht mehr reaktiv auf Nachfrage der Bürgerinnen und Bürger.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat bereits vor zehn Jahren ein ähnliches Transparenzgesetz eingeführt, das seither immer wieder als Vorbild für andere Länder genannt wird. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI), Stefan Brink, verbindet mit dem Gesetz einen Paradigmenwechsel. Es soll Bürgerinnen und Bürgern deutlich erleichtern, an bestimmte Informationen zu kommen, und deren bisher bestehende Holschuld durch eine Bringschuld der Landes- und Kommunalbehörden ersetzen. Denn bislang müssen Bürgerinnen und Bürger die Informationen bei den Behörden abfragen. Auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes haben sie darauf zwar ein Anrecht. Oft müssen sie jedoch Gebühren zahlen, zumal Behörden Anfragen aus bestimmten Gründen auch ablehnen können.

Entwurf orientiert sich an Text zivilgesellschaftlicher Initiativen  

Konkret nannte Brink bei der Vorstellung des Entwurfs 33 Dokumententypen, die Landes- und Kommunalbehörden künftig proaktiv veröffentlichen sollen. Es geht dabei um Gutachten, Evaluationen, um die Empfänger von Subventionen, um Verträge mit einem Gegenstandswert von mehr als 100.000 Euro oder um Quellcodes von Software. Der Gesetzesentwurf stimmt teilweise wörtlich mit jenem überein, den ein Bündnis an zivilgesellschaftlichen Organisationen in der vergangenen Woche dem Bundesinnenministerium übergeben hatte, darunter Netzwerk Recherche, Frag den Staat, Transparency International Deutschland und Wikimedia Deutschland. Sie drängen auch auf Bundesebene auf ein Transparenzgesetz. Außerdem hat sich Brink am Transparenzgesetz von Rheinland-Pfalz sowie an einem Entwurf für ein Transparenzgesetz des Volksentscheids Berlin orientiert. 

Landes- und Kommunalbehörden könnten aus Sicht von Brink selbst profitieren 

Allerdings sieht Brink nicht nur die Bürgerinnen und Bürger als Profiteure des Gesetzes, sondern auch die Behörden selbst. Schließlich müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bislang auf jede Anfrage individuell reagieren und die entsprechenden Informationen recherchieren. Ein zeitintensives Intermezzo, das den Arbeitsfluss unterbricht. Befürworter eines Transparenzportals argumentieren, dass diese Arbeit durch ein Transparenzgesetz entfallen würde. Die Bereitstellung der Information erfolgt nämlich nur einmal, direkt zu Beginn des Prozesses. Ist sie erst einmal online, fallen keine weiteren Nachfragen an die Behörden an. Interessierte können sie ohne Weiteres einsehen. 

Gemeindetag kritisiert Zeitpunkt und Inhalt des Vorstoßes 

Der Gemeindetag sieht den Vorstoß Brinks allerdings kritisch. „Deutschland ist ein ausgeprägter Rechtsstaat mit vielfältigen Möglichkeiten, staatliches Handeln zu begleiten und zu überprüfen. Und in diesem Staat stehen wir aktuell vor der größten Krisensituation seit seinem Bestehen. Deshalb muss es jetzt darum gehen, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Ein neues Transparenzgesetz gehört nach unserer Auffassung nicht dazu“, kommentiert Präsident Steffen Jäger den Vorstoß.

Jäger: Umsetzung mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden

Doch nicht nur den Zeitpunkt hält Jäger für ungünstig. Auch inhaltlich hält er wenig davon. „Die Umsetzung eines solch weitreichenden Transparenzgesetzes ist mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, was in Zeiten eines massiven Fachkräftemangels ein völlig falsches Signal setzen würde. Denn ein weiteres Mal müssten die Behörden sich zunächst mit sich selbst beschäftigen. Noch schlimmer ist aber die Botschaft, die mit diesem Vorschlag unterschwellig mitschwingt: Der Verwaltung muss man stärker auf die Finger schauen, sonst läuft da was falsch. Dem widerspreche ich für die Rathäuser in Baden-Württemberg entschieden. Im Gegenteil: Ein solcher Vorstoß wird sicher nicht dazu beitragen, dass mehr Fachkräfte in die Verwaltung streben werden und das Vertrauen in den Staat stabilisiert wird.“

Jäger: Müssen dazu beitragen, dass staatliches Handeln gelingen kann

Politik würde am Ergebnis gemessen, so Jäger abschließend. Die kommunalen Erfahrungen mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz belegten, dass diejenigen, die dieses beanspruchen, in den meisten Fällen darauf abzielten, Infrastrukturmaßnahmen für das Allgemeinwohl zu verhindern. „Wir alle müssen in unseren Rollen jedoch dazu beitragen, dass staatliches Handeln gelingen kann. Und deshalb ist nicht der Weg das Ziel, sondern das Ergebnis zählt“, so Steffen Jäger. Brink selbst kann das Gesetz allerdings nicht in den Landtag einbringen. Er ist auf die Unterstützung der Landtagsfraktionen angewiesen.