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Studie der Universität Stuttgart: Flächendeckender Einsatz mobiler Luftfilter nicht sinnvoll

"Ein flächendeckender Einsatz erscheint mir nicht sinnvoll", sagt Konstantinos Stergiaropoulos, Leiter des Instituts für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung der Universität Stuttgart. Er hat Luftreinigungsgeräte auf Wirksamkeit, Lärm und Betriebssicherheit untersucht. Was heißt das nun für die Schulen - und für die Gelder aus dem Förderprogramm des Landes?

Stergiaropoulos sprach den Geräten die Wirksamkeit zwar nicht samt und sonders ab, relativierte diese jedoch ganz erheblich. „Die Geräte können ein Baustein zur Senkung von Infektionsrisiken sein. Sie ersetzen aber nicht die Basishygiene. Ein flächendeckender Einsatz erscheint mir nicht sinnvoll", so der Wissenschaftler. 

Zentrale Erkenntnis der Studie: Luftreinigungsgeräte keine Alternative zum Stoßlüften

Die von der Stadt Stuttgart in Auftrag gegebene Studie "Experimentelle Untersuchung zum Infektionsrisiko in Klassenräumen an Stuttgarter Schulen" kommt zu einigen zentralen Erkenntnissen. Die wohl Wichtigste: Luftreinigungsgeräte seien keine Alternative zu einem "Außenluftwechsel", also zum Stoßlüften. Sie dienten stattdessen lediglich als Unterstützung zur Reduktion von Partikeln und potenziellen Viren im Raum.

Experte der Uni Stuttgart: Luftreiniger zu laut, lösen Zugerscheinungen aus

Das Stoßlüften hält der Wissenschaftler, weil effektiver, deshalb auch für zwingend erforderlich. Der Luftaustausch über Fensterlüftung sei eine sehr gute, einfach umzusetzende und kostengünstige Maßnahme, um Aerosolkonzentrationen im Raum zu verringern. Eine Dauerkipplüftung trage in geringerem Maße als die Stoßlüftungsvariante dazu bei, Infektionen zu vermeiden. Außerdem attestiert die Studie den Luftreinigern, bei der notwendigen Leistungskraft zu laut zu sein, starke Luftströme zu erzeugen und "Zugerscheinungen im Aufenthaltsbereich der Schülerinnen und Schüler" und der Lehrer zu verursachen. 

Untersuchung in zehn ausgewählten Test-Klassenzimmern durchgeführt 

Der Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderats hatte Ende des vergangenen Jahres beschlossen, einen Test von Luftfiltern für den möglichen Einsatz an Stuttgarter Schulen durchzuführen und diesen wissenschaftlich begleiten zu lassen. Dazu wurden noch im Dezember 2020 bis Anfang Januar 2021 neun der zehn ausgewählten Testräume an den Stuttgarter Schulen mit mobilen Luftreinigungsgeräten von drei verschiedenen Herstellern ausgestattet. Einer der untersuchten Klassenräume war mit einer Raumlufttechnischen Anlage ausgestattet, in dem daher kein zusätzliches Luftreinigungsgerät aufgestellt wurde. Dieser Raum diente als Referenzraum, der die sanierten beziehungsweise neugebauten Schulen mit maschineller Be- und Entlüftung repräsentiert.

Ergebnisse der Studie bestätigen Einschätzung des Gemeindetags

Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Einschätzung des Gemeindetags Baden-Württemberg. „Die Studie der Universität Stuttgart bestätigt die bisherige herrschende Meinung der Wissenschaft, dass das Lüften per Fenster mobilen Lüftungsanlagen grundsätzlich vorzuziehen ist", so Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags. "Mobile Lüftungsanlagen können das Fenster-Lüften nicht ersetzen. Zudem halte ich es für illusorisch, dass die Schulträger Zehntausende solcher Geräte kurzfristig beschaffen könnten. Das wird der Markt nicht hergeben. Es braucht nach unserer Einschätzung ein realistisches, erreichbares und vernünftiges Konzept, das dem Infektionsschutz Rechnung trägt. Dies kann vorrangig aus Testen, Maske und Fenster-Lüften bestehen. Der Einsatz sogenannter CO2-Ampeln kann gerade dieses Fenster-Lüften sowohl energetisch als auch tatsächlich noch weiter optimieren. In Räumen, die nicht ausreichend belüftet werden können, kommen im Einzelfall der Einsatz mobiler Anlagen in Betracht. Der Gemeindetag spricht sich dafür aus, ein etwaiges Landesförderprogramm an diesen Prämissen auszurichten.“

Filterspezialist verweist auf andere Studien

Kritik an der Studie übte der Ludwigsburger Filterspezialist Mann+Hummel. Laut SWR verweist das Unternehmen auf andere wissenschaftliche Untersuchungen, die zu anderen Ergebnissen gekommen seien, etwa des Fraunhofer Instituts für Bauphysik, des Karlsruher KIT oder der Hochschule Heilbronn. Eine Fraunhofer-Untersuchung habe demnach nachgewiesen, dass Viren um mehr als 99 Prozent reduziert werden konnten, nachdem ein mobiler Luftfilter nur 20 Minuten lang in Betrieb gewesen war.