Mehr Windkraft in Baden-Württemberg (hier: Windkraftanlagen nahe Schwäbisch Hall)
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So soll der Windkraft-Ausbau in Baden-Württemberg Fahrt aufnehmen

Schnellere Genehmigungsverfahren, mehr Ausschreibungen im Staatswald und ein Spezialsenat. Kann das Land so bei der Windkraft aufholen?

Energiekrise und Klimawandel sorgen dafür, dass es in der Energiewende schneller vorangehen muss als bisher. Gerade bei der Windenergie muss in Baden-Württemberg das Tempo angezogen werden, meint etwa Minister Peter Hauk. Derzeit gibt es im Land rund 350 Windenergieanlagen. 103 von ihnen stehen im Staatswald. „Auch wenn wir mit dieser Zwischenbilanz durchaus zufrieden sein können, müssen wir weiter große Anstrengungen unternehmen, diese Zahl in den kommenden Jahren für den Staatswald deutlich zu steigern“, sagt der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.

2.800 Hektar für die Windkraft

Mit dem Koalitionsvertrag hat sich die Landesregierung auf ein umfassendes Klimaschutz-Sofortprogramm verständigt, das vom Ausbau der Windenergie insbesondere im Staatswald maßgeblich getragen wird. ForstBW startete bereits im Dezember 2021 eine Vermarktungsoffensive, um zügig geeignete Flächen bereitzustellen. „Wir freuen uns, dass ForstBW im Staatswald, als größter Waldbesitz in Baden-Württemberg, einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Windenergie und damit zur Energiewende in Baden-Württemberg leisten kann und gehen mit gutem Beispiel in der Flächenbereitstellung für Windräder voran. Bereits im ersten Jahr konnten zwei Tranchen mit rund 2.800 Hektar für Windkraftanlagen geeigneten Flächen ausgeschrieben werden“, sagt Max Reger, Vorstandsvorsitzender von ForstBW. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich mit großer Leidenschaft bei der Identifizierung von geeigneten Flächen, die für mögliche Windkraftanlagen in Frage kommen. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die sich für den Ausbau der Windkraft im Staatswald ideenreich und engagiert einsetzen.“

Private Waldbesitzer planen mindestens 50 weitere Windkraftanlagen

Und auch private Waldbesitzer zeigen Interesse. Der Forstbetrieb der Adelsfamilie Fürstenberg will, laut Bericht des Südkurier, deutlich mehr Windkraftanlagen bauen. Sechs Windräder seien bereits gebaut, 50 weitere derzeit in Planung. Familie Fürstenberg ist mit 180 Quadratkilometern Wald, laut eigener Aussage, der größte private Waldbesitzer in Baden-Württemberg.

Standortgemeinden sollen rechtzeitig informiert werden

ForstBW wird ab September 2022, in der dritten Tranche 1.170 Hektar Staatswaldflächen für bis zu 39 Windräder anbieten. Wie viele es am Ende werden, steht erst mit Abschluss des immissionsrechtlichen Genehmigungsverfahrens fest. Die Standortsgemeinden werden im Vorfeld von anstehenden Flächen-Ausschreibungen im Staatswald informiert. Teilweise liegen die Flächen in regionalen Grünzügen. Minister Hauk weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Windnutzung in Grünzügen oder Landschaftsschutzgebieten immer noch problematisch sei, was den Ausbau unnötig abbremse. „Hier würde uns eine grundsätzliche Befreiung sehr helfen“, betont Hauk. „Wir müssen bei den Genehmigungsverfahren neue Wege gehen, damit wir beim Ausbau der Windkraft schneller werden“, sagte Hauk. In diesem Kontext hob Minister Hauk das sogenannte Sonderverfahren hervor, ein vereinfachtes Vergabeverfahren außerhalb der Angebotseinholung, das zwischen MLR, ForstBW, Finanz- und Umweltministerium abgestimmt wurde und die Vergabe von Windkraftstandorten beschleunigen soll. „Dieses Vorgehen ist vielversprechend“, so Hauk. „Wir haben auf diesem Weg bereits elf Anfragen von Interessenten. Vier Verträge konnten bereits geschlossen und in vier weiteren Fällen Flächen in Aussicht gestellt werden, auf denen bis zu 18 weitere Windenergieanlagen geplant werden können.“

Schnelleres Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen

Auf Grundlage der abgestimmten Regelungen sind freihändige Verpachtungen unter Berücksichtigung der Erzielung marktkonformer Preise nun in folgenden Fällen möglich: 

  • zur Erweiterung von bestehenden/geplanten Windparks
  • als Anschluss an bereits vergebene benachbarte Flächen anderer Grundstückseigentümer
  • bei Verpachtungen neben bereits erfolgten umfangreichen benachbarten Flächensicherungen
  • als Initial für Windkraftnutzungen in Gemengelagen
  • bei Beteiligungen an Pooling Modellen
  • Windkraftprojekten mit regionalen oder wirtschaftspolitischen Zielsetzungen und im herausragenden Interesse des Landes

Spezialsenat kümmert sich um Auseinandersetzungen bezüglich Windkraftanlagen

Um Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen zu beschleunigen, ist zudem ein Spezialsenat beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim eingerichtet worden – der sogenannte Infrastruktur-Senat, wie der Südwestdeutsche Rundfunk berichtet. Vor dem neuen Senat sollen alle Auseinandersetzungen über den Bau, den Betrieb oder Änderungen von Windkraftanlagen in Baden-Württemberg mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern landen. Anders als bislang ist das Gericht nicht erst als Berufungsinstanz zuständig. Besetzt ist der Spezialsenat künftig normalerweise mit drei, bei Normenkontrollverfahren fünf Berufsrichtern.

Hauk regt Pool für Ausgleichsflächen an

Minister Hauk betonte zudem, dass der Ausbau der Windenergie in absehbarer Zeit zu einem deutlich steigenden Bedarf an Ausgleichsflächen für den Eingriff führen wird. Für einen Teil wird ForstBW Flächen im Staatswald bereitstellen. „Hier gilt es jetzt Vorüberlegungen anzustellen, um einen zusätzlichen Flaschenhals beim Ausbau der Windenergie vorzeitig zu vermeiden“, sagt Hauk. Bisherige Ausgleichsmaßnahmen beim Bau eines Windparks seien kleinteilig, kompliziert und die dauerhafte Umsetzung und Überwachung sei mit einem erheblichen Aufwand verbunden. „Auch hier müssen wir umdenken. Wir benötigen beispielsweise einen Pool an geeigneten und genehmigten Flächen, die einen Ausgleich für mehrere Windparks ermöglichen. Das reduziert die Bürokratie und gibt zusätzlichen Schub für den Windkraftausbau im Land“, erklärt Hauk.