© Adobe Stock

Ministerium und Regionalplaner arbeiten an neuem Landesentwicklungsplan

Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt - demografisch, wirtschaftlich und technologisch. Raumplanung muss diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Weil der aktuelle Landesentwicklungsplan (LEP) bereits zwei Jahrzehnte alt ist, machen sich das Land und die Regionalverbände derzeit daran, einen neuen auszuarbeiten. Besonders das erst vor Kurzem verabschiedete Zwei-Prozent-Ziel für Solar- und Windenergie steht im Fokus der Experten.

Raumplanung ist ein komplexes Unterfangen, das viele widersprüchliche Interessen unter einen Hut bringen muss. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Misterin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi, am Montag deutlich machte, dass es bei der Ausarbeitung eines neuen Landesentwicklungsplans (LEP) nicht primär um Schnelligkeit, sondern um Qualität gehe. Gleichwohl ist ein Update der Raumordnung mehr als nötig, wie die Ministerin an einem Beispiel verdeutlichte: "Als der alte LEP verabschiedet wurde, hat es noch keine Smartphones gegeben", sagte Razavi. Was damals noch keine Rolle spielte gehört heute faktisch zur Daseinsfürsorge.

Alter Landesentwicklungsplan noch stark am Straßenbau orientiert

Ein weiteres Beispiel für den Wandel: Der alte LEP habe sich noch stark am Straßenausbau ausgerichtet. Offenkundig ändert sich auch diese Orientierung enorm, weil sich das Mobilitätsverhalten bereits verändert hat und sich klimabedingt noch stärker verändern muss. Die aktuelle Legislaturperiode nutzen Land und Regionalplaner dazu, ein ausgereiftes, tragfähiges und zukunftsträchtiges Konzept zu erarbeiten, das die Entwicklungen der vergangenen Jahre mit einbezieht.

Nicole Razavi: Nichts wird über die Köpfe der Kommunen entschieden

"Der Landesentwicklungsplan ist eine Riesenchance, innovatives Bauen, Mobilität, Klimaschutz, Wohnraumversorgung, digitale Infrastruktur und Energie in Einklang zu bringen", sagte Razavi.  Der LEP koordiniere verschiedene Raumnutzungsansprüche und greife im Zweifel ordnend ein. Er eröffne Verdichtungsräumen und ländlichen Räumen gleichermaßen Entwicklungschancen. Über die Köpfe der Kommunen wird dabei nichts entschieden. Das geht auch nicht, schließlich haben sie Planungshoheit. "Die Leitplanken sollten so gesetzt werden, dass Kommunen genügend Spielräume bleiben, um den Plan in eine fach- und sachgerechte Gestaltung vor Ort zu bringen", so Razavi. Der LEP müsse ein innovatives und zukunftsgerechtes Kursbuch sein und von einem breiten Konsens gertragen werden.

Verbandsdirektor Hager: In Abstimmung mit Kommunen gilt Gegenstromprinzip

Bei der Planungsabstimmung mit den Kommunen gehe man nach dem Gegenstromprinzip vor, sagte Gerd Hager, Verbandsdirektor des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein. Dabei beginne man mit der Planung, berücksichtige aber stets auch die bereits vorliegenden Pläne der Kommunen. Kommunale Akteure seien aber ohnehin stets in den Kontrollgremien der Regionalplaner vertreten, es finde also ein stetiger Austausch statt, so Hager weiter.

Zwei-Prozent-Ziel für Wind und Sonne im Fokus der Regionalplaner

Besonders wird die Planer in den nächsten Jahren die Frage beschäftigen, wie das im Klimaschutzgesetz (KSG) verankerte Zwei-Prozent-Ziel umgesetzt werden kann. Demnach sollen in den Regionalplänen zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie und Photovoltaik reserviert werden. Umweltverbände hatte sogar drei Prozent gefordert. Umweltministerin Walker (Grüne) zufolge sind mindestens zwei Prozent nötig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Verbandsdirektor Hager: Haben bei Wärmewende mit kommunaler Familie vorgearbeitet

„Ich weiß, wir sind gefordert und werden uns dem Stellen. Deshalb brauchen wir Planungsruhe und vor allem Rechtssicherheit, wenn es dann losgeht“, sagte Hager dazu. Im Planungssausschuss nächsten Monat werde man mit der Solarplanung starten, dann folge die Windplanung. Auch das Thema Geothermie im Oberrheingraben stehe auf der Agenda. Die Wärmewende sei wichtig, da habe man viel mit der kommunalen Familie vorgearbeitet, so Hager weiter.

Herausforderung: Flächenversiegelung herunterfahren, aber Wachstum beibehalten

Eine weitere Herausforderung der Planer besteht in dem Spagat, die Flächenversiegelung zu stoppen und gleichzeitig Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Verdichtung von Gewerbegebieten. „Wir leben in wirtschaftlicher Transformation der Industrie, deshalb brauchen wir mehr Dichte“, sagte Hager.

Ministerialdirigentin Kessler: Landesentwicklungsplan ist Marathonlauf

In den kommenden Jahren werden die raumplanerischen Weichen für die Zukunft gestellt. Nicole Razavi dämpfte allerdings von Beginn an die Erwartungen, wonach der neue Landesentwicklungsplan in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden könnte. Man sei derzeit erst dabei, personelle Kapazitäten aufzubauen, die dies im Ministerium umsetzen könnten, so Razavi. Ihre Ministerialdirigentin Ulrike Kessler bezeichnete die Ausarbeitung des LEP als "Marathonlauf".

Razavi: Großer Schulterschluss zwischen Land und Regionen beim Zwei-Prozent-Ziel

Razavi gab sich aber zuversichtlich. Denn das neu geschaffene Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen habe erstmals die beiden wichtigen Themen zusammengebracht. „Es hat noch nie so gut gepasst wie jetzt“, so Razavi. Besonders freute sie sich über den Schulterschluss zwischen Land und Regionen in Bezug auf die Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels. Am Ende werde man einen gelungenen LEP vorlegen, da sei sie sicher, so Razavi abschließend.