Mit dem Regelungsbefreiungsgesetz will die Landesregierung Kommunen von starren Vorgaben entlasten und für mehr Effizienz im Verwaltungshandeln sorgen.
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Mehr Spielraum für Städte und Gemeinden

Mit einem neuen Entbürokratisierungsgesetz will die Landesregierung Städten und Gemeinden mehr Ermessensspielraum einräumen. Künftig sollen sie unter bestimmten Bedingungen von landesrechtlichen Vorgaben abweichen dürfen.

Nach langen Verhandlungen haben sich Grüne und CDU in Baden-Württemberg auf ein gemeinsames Gesetz zur Bürokratieentlastung geeinigt. Das sogenannte Regelungsbefreiungsgesetz soll den Kommunen künftig ermöglichen, in bestimmten Bereichen vorübergehend von landesrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Ziel ist es, mehr Flexibilität und Handlungsspielraum auf kommunaler Ebene zu schaffen.

Der Gesetzesentwurf soll bereits am 8. Juli 2025 im Kabinett verabschiedet werden und anschließend den Landtag passieren. 

Regelungsbefreiungsgesetz: „schneller, unkomplizierter und bürgernäher“

Mit dem neuen rechtlichen Rahmen sollen Kommunen künftig die Möglicheit erhalten, neue, vereinfachte und effizientere Verwaltungsverfahren zu erproben. Das Gesetz soll insbesondere dort greifen, wo bestehende Vorschriften als zu starr oder hinderlich empfunden werden – etwa bei Genehmigungsverfahren, Verwaltungsabläufen oder Aufgabenübertragungen. Städte, Gemeinden oder Landkreise können also beim Land beantragen, von bestimmten Regelungen befreit zu werden, um alternative Vorgehensweisen zu testen.

Dabei gelten folgende Bedingungen: Die Abweichung ist zeitlich befristet (z. B. zwei bis drei Jahre). Das Vorhaben muss vom Land genehmigt werden. Bundesrecht, EU-Recht und Rechte Dritter dürfen nicht verletzt werden. Am Ende des Projekts wird geprüft, ob der neue Weg besser funktioniert als der bisherige Standard.

Das Gesetz ist eine zentrale Forderung der sogenannten Entlastungsallianz. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss aus acht kommunalen und wirtschaftsnahen Verbänden, der von der Landesregierung initiiert wurde, um gemeinsam praktikable Lösungen gegen übermäßige Bürokratie zu entwickeln.

Kommunale Landesverbände begrüßen Initiative, bezweifeln aber großen Entlastungseffekt

„Vor Ort kann und soll getestet werden, ob Verwaltungsverfahren beschleunigt, vereinfacht und kostengünstiger für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltungen gestaltet werden können“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu dem Entwurf. Er sieht das Vorhaben als konsequente Weiterführung des bereits bestehenden Erprobungsparagrafen im Kitabereich. Auch CDU-Fraktionschef Manuel Hagel lobte das Gesetz als „Innovationsmotor für die Verwaltung“ und sprach von einem „Werkzeugkasten für moderne Kommunen“.

Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz unterstrich die Bedeutung kommunaler Eigenverantwortung, mahnte aber zugleich, dass zentrale politische Zielsetzungen nicht aufgeweicht werden dürften: „Es gilt das Prinzip: Die Politik legt die Ziele fest – aber den besten Weg zum Ziel kennen die Praktiker vor Ort“, sagte Schwarz. „Am Ende wird ausgewertet, ob diese Wege besser funktionieren als die im Gesetz vorgesehenen oder nicht.“

Zustimmung zum Gesetzentwurf kam vom Landkreistag, der die Initiative grundsätzlich positiv bewertete, zugleich jedoch auf deren begrenzte Reichweite hinwies. Viele gesetzliche Standards seien vom Regelungsbefreiungsgesetz nicht erfasst, zudem dürfe das Gesetz weder in Bundes- oder EU-Recht eingreifen, noch die Rechte Dritter einschränken. „Den ganz großen Entlastungseffekt wird das Regelungsbefreiungsgesetz daher definitiv nicht bringen“, erklärte Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski. Für wirkliche Erleichterungen brauche es gesetzgeberische Initiativen auf allen Ebenen – landes-, bundes- und europapolitisch.

Auch der Gemeindetag sieht im Regelungsbefreiungsgesetz einen wichtigen Schritt – betont aber, dass damit längst nicht alle Herausforderungen gelöst seien. Präsident Steffen Jäger erinnert an den Ursprung der Entlastungsallianz, die aus einem breiten Reformaufruf heraus entstanden war: „Eine große Sorge um unser Land war der Ausgangspunkt für den Reformaufruf – und damit der Impuls für die spätere Entlastungsallianz“, so Jäger.

Trotz der in den letzten zwei Jahren erreichten Fortschritte gebe es weiterhin erheblichen Reformbedarf. Das neue Gesetz könne dabei helfen, vor Ort rechtssicher pragmatische Lösungen zu finden. Gleichzeitig betonte er, dass grundlegendere Strukturreformen dringend notwendig seien: „Bürokratieabbau und Aufgaben- und Standardkritik sind nie fertig, sondern eine Daueraufgabe, die aktuell wohl zu den wichtigsten überhaupt gehört.“ Der Gemeindetag spricht sich deshalb dafür aus, die Entlastungsallianz gezielt fortzuführen und auch den angekündigten Staatsreformprozess auf Bundesebene eng zu begleiten.