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Kreativwirtschaft: Bühne frei für den Ländlichen Raum

Das gestalterische Potenzial und die innovativen Impulse der kultur- und kreativwirtschaftlichen Unternehmen im Ländlichen Raum sind noch nicht sichtbar genug – davon ist Peter Hauk überzeugt. Sein Ministerium hat deshalb das Modellprojekt „KreativLand Baden-Württemberg“ lanciert. Es soll Lücken schließen – Datenlücken zum einen, aber auch jene in der öffentlichen Wahrnehmung.

Denn in der öffentlichen Wahrnehmung spielt die Kreativwirtschaft in Baden-Württemberg traditionell die zweite Geige, wenn überhaupt. Der Fokus der politischen Entscheidungsträger liegt auf der milliardenschweren Automobilindustrie, aber auch auf anderen Zweigen der verarbeitenden Industrie wie Maschinenbau und Elektrotechnik. Die Rolle als einer der wichtigsten Industriestandorte Europas trägt wesentlich zum erfolgreichen Selbstbild Baden-Württembergs bei, hat aber auch Schattenseiten.

Starke Autoindustrie als Klumpenrisiko

Dazu gehört das Klumpenrisiko Automobilindustrie genauso wie die Tatsache, dass andere Branchen – wie eben die Kreativbranche – aufgrund der Dominanz der Industriegiganten unterhalb des Radars fliegen. Im Ländlichen Raum potenziert sich das Wahrnehmungsproblem, weil kreative Ressourcen institutionell in Groß- und Universitätsstädten gebündelt sind, man denke an Staatstheater und staatliche Museen. Dabei wird häufig übersehen, was in kleineren Städten und Gemeinden alles tut. 

Modellprojekt soll Datenlücken schließen 

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unternimmt nun immerhin den Versuch, das Potenzial auszuloten, das in der Branche schlummert. „Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist eine vielfältige und leistungsstarke Branche. Sie gilt als moderner Innovationstreiber für Gesellschaft und Wirtschaft, wird jedoch vor allem mit urbanen Räumen verbunden. Das große gesellschaftliche wie wirtschaftliche Potenzial, das sie auch in ländlichen Räumen aufweist, ist bislang wenig konkret betrachtet worden. Mit unserem Modellprojekt ‚KreativLand Baden-Württemberg‘ wollen wir nicht nur die vorhandenen Datenlücken, sondern vor allem auch Wahrnehmungslücken in diesem Bereich schließen“, sagte Peter Hauk am Mittwoch anlässlich des Starts des Modellprojekts.

Bislang keine konkreten Branchenkennzahlen vorhanden 

Ein Hauptproblem besteht insbesondere darin, dass für die Branche keine konkreten Kennzahlen vorliegen. Erstaunlich in unserer datengetriebenen Zeit. Und ein Offenbarungseid für ein Bundesland, das die Abhängigkeit von der Industrie abschütteln muss. Diese Datengrundlage soll das Projekt nun schaffen helfen. Erstmals sollen Kennzahlen erhoben und ausgewertet werden. In einem zusätzlichen Dialogprozess sollen diese an verschiedenen Orten im Ländlichen Raum reflektiert und in Handlungsempfehlungen festgehalten werden. „Ziel ist es, das gestalterische Potenzial und die innovativen Impulse der kreativwirtschaftlichen Unternehmen im Ländlichen Raum stärker sichtbar und beispielsweise für andere Unternehmen oder Kommunen nutzbar zu machen. Denn auch Kultur- und Kreativwirtschaft ist für die Entwicklung des Ländlichen Raums als Wirtschafts- und Kulturstandort von Bedeutung“, sagte Hauk.

MFG Medien- und Filmgesellschaft steuert Projekt 

Das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz beauftragte Modellprojekt wird von der MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg gesteuert. Als landesweites Kompetenzzentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützt die MFG Baden-Württemberg seit 2014 die Branche im Südwesten mit passgenauen Programmen und Projekten. Mit einem starken Netzwerk in der Fläche und branchenspezifischer Expertise ist die MFG Baden-Württemberg Träger des Modellprojektes. Das Forschungsinstitut Prognos AG ist wissenschaftlicher Partner der MFG Baden-Württemberg für das Modellprojekt.

MFG will dem komplexen Thema Öffentlichkeit verschaffen 

Das Land steuert 200.000 Euro an Fördergeldern bei. Auch MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen äußerte sich. „Mit diesem Dialogprozess wollen wir konkrete Erfahrungen aus der Praxis von Kreativunternehmen und Kommunen im Ländlichen Raum hören und in die Handlungsempfehlungen zur weiteren Förderung der Branche im Ländlichen Raum einfließen lassen. Vertreterinnen und Vertreter aus der Kreativbranche, Verwaltung und anderen Wirtschaftszweigen sind schon jetzt herzlich eingeladen, Kontakt mit uns aufzunehmen und sich im Rahmen der künftigen Workshops zu beteiligen“, erläutert Carl Bergengruen, Geschäftsführer der MFG Baden-Württemberg. „Teil des Dialogprozesses ist auch, dessen Ergebnisse redaktionell zu begleiten und in den sozialen Medien zu kommunizieren“, führte Bergengruen aus. Ziel sei es, das komplexe Thema Kultur- und Kreativwirtschaft in ländlichen Räumen der Öffentlichkeit näherzubringen und Sichtbarkeit für die Branche herzustellen.