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Kommunen fordern mehr Handlungsspielraum bei Verkehrsregelungen

Immer intensiver wird über die Einführung eines innerörtlichen Tempolimits von 50 auf 30 Stundenkilometer diskutiert, dem Lärmschutz und der Verkehrssicherheit zuliebe. Doch solange sich der Bund nicht bewegt, sind Städten und Gemeinden die Hände gebunden.

So etwa Oberbürgermeister Klaus Heininger aus Eislingen/Fils, der sich bereits seit mehreren Jahren für einen besseren Lärmschutz seiner Stadt einsetzt und verschiedene Maßnahmen ergriffen hat. Zu schaffen machte den Eislingerinnen und Eislingern über viele Jahre die Stuttgarter Straße, eine Hauptstraße, die mitten durch den Ort führt und auf der früher bis zu 50.000 Fahrzeuge täglich unterwegs waren. Durch verschiedene Maßnahmen wie die Einführung von Flüsterasphalt und einem Tempolimit von 30 Stundenkilometern konnten die Verantwortlichen den Lärm erheblich reduzieren. 

Kommunen müssen Einführung von Tempo 30 bislang begründen 

Doch grundsätzlich können Kommunen Tempo 30 nur unter bestimmten Umständen einführen. Denn laut Straßenverkehrsordnung gilt Tempo 50 als innerörtlicher Standard, Abweichungen müssen begründet werden. Zum Beispiel, wenn Straßen an Kitas vorbeiführen oder durch Wohngebiete, oder wenn eine Lärmbelastung nachweisbar ist so wie in Eislingen. Die Stadt hat übrigens bereits ein flächendeckendes Konzept für Tempo 30 in der Tasche, doch wenn der Bundestag die StVO nicht ändert, bleibt es folgenlos. "Solange der Bund nicht handeln, wird es nur auf Papier existieren. Das hilft den lärmgeplagten Menschen nicht weiter", sagte Heininger in der vergangenen Woche am "Tag gegen den Lärm" bei einem Treffen mit Vertretern des Verkehrsministeriums und des BUND. 

Städteinitiative fordert Erlaubnis für Modellversuche

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 als "eher weniger sinnvoll" bezeichnet. Doch der Druck wächst. Nicht zuletzt durch die "Städteinitiative Tempo 30", die im vergangenen Jahr gegründet wurde und dem Bund die Erlaubnis abringen will, Modellversuche für Tempo 30 durchzuführen - allerdings abseits der Hauptstraßen. Grundsätzlich fordert die Initiative und auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund als Teil des "Bündnisses für moderne Mobilität" größere Handlungsspielräume für Kommunen bei der Festlegung der Höchstgeschwindigkeiten.

Initiative: Bund soll Kommunen mehr Handlungsspielraum lassen

Die Städteinitiative erklärte unter anderem: "Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume." Und: "Wir fordern den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen im Sinne der Resolution des Deutschen Bundestags vom 17.01.2020 ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten."

Staatssekretärin Elke Zimmer: "Brauchen endlich Änderung der Rechtslage"

Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium Elke Zimmer bekräftigte diese Forderungen in der vergangenen Woche beim Termin in Eislingen/Fils. „Wir brauchen im Interesse der lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohner endlich eine Änderung der Rechtslage, um Tempo 30 in Städten leichter und auch flächendeckend anordnen zu können. Der Schutz vor Straßenverkehrslärm ist Gesundheitsschutz und eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Auch an verkehrsstarken Straßen haben die Anwohnerinnen und Anwohner Anspruch auf eine gute Lebens- und Wohnqualität. Die Kommunen brauchen mehr Spielräume, um ihre Bürgerinnen und Bürger effektiv vor Lärm schützen zu können“, sagte Zimmer.

9-Euro-Ticket: Sommermonate könnten Mobilitätswende massiv beschleunigen 

Auch wenn eine Novelle der StVO noch nicht absehbar ist kommt in Sachen Mobilität derzeit einiges in Bewegung. Vor allem die bundesweite Einführung des 9-Euro-Tickets im Juni wird mit Spannung erwartet. Damit können Bürgerinnen und Bürger drei Monate lang für 9 Euro den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr nutzen (ausgenommen sind ICE, IC und EC). Das Land hat zudem bekannt gegeben, das Regiobusnetz ausbauen zu wollen. In Sachen Verkehrslärm gehen die Behörden pünktlich zum Auftakt der Motorradsaison ebenfalls in die Offensive. So plant das Land 300 mobile und stationäre Kontrollaktionen, die von 1.300 Polizistinnen und Polizisten durchgeführt werden. Laut Informationen des SWR gab es im vergangenen Jahr mehr als 4.100 Unfälle mit Beteiligung von Motorrädern.