Aktenregister, auf einem Schild ist das Wort Ausschreibungen zu erkennen
Künftig sind für Vergaben weniger Ausschreibungen nötig
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Kommunen bekommen bei Vergaben mehr Spielraum

Das Innministerium überarbeitet derzeit die Verwaltungsvorschrift über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich. Dabei soll der Betrag, bei dem ein Vergabeverfahren nötig ist, von 10.000 auf 100.000 Euro steigen.

Es ist ein Schritt, den die Kommunalen Landesverbände begrüßen: Das Innministerium überarbeitet derzeit die die Verwaltungsvorschrift über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich. Städte und Gemeinden sollen künftig Bauleistungen sowie Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro direkt beauftragen können. Bis zu dieser Geldsumme ist es folglich erlaubt, kein Vergabeverfahren durchzuführen. Bisher war dies bis zu einem Auftragswert von lediglich 10.000 Euro möglich.

Für Verhandlungsvergaben (mehr zu den Vergabekategorien siehe unten) soll der Wert von bislang 50.000 Euro nach Inkrafttreten der angepassten VergabeVwV im ersten Quartal 2025 auf 221.000 Euro steigen, wie ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage von die:gemeinde mitteilt. Für beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb wiederum gilt ab 2025 ebenfalls ein Grenzwert von 221.000 Euro - bisher lag dieser bei 100.000 Euro. 

Neue Wertgrenzen auch für Bauleistungen 

Die Grenzwerte für Bauleistungen ändern sich im kommenden Jahr ebenfalls, und das zum Teil drastisch. Auch hier steigt wie eingangs erwähnt die Wertgrenze für Direktaufträge von 6.000 Euro auf 100.000 Euro an. Für freihändige Vergaben steigt der Wert von 50.000 Euro auf 221.000 Euro. Einen riesigen Sprung gibt es bei beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb. Hier gilt bislang ein Grenzwert zwischen 50.000 und 150.000 Euro, der sich nach Art des Gewerks richtet. Künftig steigt dieser Grenzwert auf eine Million Euro an. Sämtliche neuen Grenzwerte sind zunächst bist zum 1. Oktober 2027 befristet. Auf Nachfrage begründet der Sprecher diese Maßnahme.

Deshalb befristet das Land die neuen Wertgrenzen 

„Eine Befristung soll mit Blick darauf erfolgen, dass die deutliche Wertgrenzenerhöhung – die insbesondere auch mit der aktuellen konjunkturellen Sondersituation begründet ist – einer Bewertung hinsichtlich der Auswirkungen unterzogen werden soll“, so der Sprecher. Bei einer Erhöhung der Wertgrenzen im Unterschwellenbereich sei das damit verbundene Entlastungs- bzw. Beschleunigungspotential stets mit dem Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie den Interessen der Auftragnehmer abzuwägen, insbesondere hinsichtlich Transparenz und Wettbewerb, so der Sprecher weiter.

„Diese Abwägung soll vor Ablauf der Frist erneut aktualisiert vorgenommen werden. Dabei werden insbesondere die in der Praxis von den Auftraggebern und Auftragnehmern gemachten Erfahrungen sowie auch die Erfahrungen und Bewertungen der Rechtsaufsichtsbehörden und der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg zu berücksichtigen sein.“

„Möglichst viel Freiheit, um Aufgaben zu erledigen.“

Ziel ist es laut Innenminister Thomas Strobel, Kommunen künftig mehr Flexibilität und weniger Bürokratie zu ermöglichen. „Wir wollen unnötige Bürokratie abbauen, Regelungen auf das Nötigste begrenzen und den Kommunen möglichst viel Freiheit geben, um ihre Aufgaben zu erledigen“, erklärte der Minister.

Neben den Direktvergaben sollen auch die Wertgrenzen für andere Vergabeverfahren deutlich angehoben werden, etwa für Beschränkte Ausschreibungen oder Verhandlungsvergaben. Für Bauleistungen wird hier die Grenze auf eine Million Euro erhöht, für Liefer- und Dienstleistungen auf 221.000 Euro.

Erleichterungen bei Vergaben befristet: Verantwortungsvoller Umgang wird getestet

Allerdings betonte Strobl, dass die Maßnahme bis Oktober 2027 befristet werden soll. Denn es müsse geprüft werden, ob damit auch verantwortungsvoll umgegangen wird. „Wir setzen darauf, dass Landrätinnen und Landräte, Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sehr verantwortungsbewusst handeln und ein Eigeninteresse haben, sparsam und wirtschaftlich zu sein“, so der Innenminister.

Noch sind die neuen Vergaberegelungen nicht abschließend auf dem Weg. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Anfang des kommenden Jahres eine Entscheidung bekannt geben können“, sagte Strobl.

Expertinnen und Experten betonten, dass mit dem Vorhaben Kommunen ihre internen Vergaberegelungen prüfen und gegebenenfalls anpassen müssten. Es erlaube zwar mehr Freiraum, doch bei der Gestaltung der Verfahren sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit weiterhin bedeutsam und deshalb mitzuberücksichtigen.

Kommunale Landesverbände drängten auf Vergabeerleichterungen

Die „VwV Beschaffung“ wurde bereits am 1. Oktober von der Landesregierung überarbeitet. Dabei hob sie die Schwellenwerte für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen des Landes im Unterschwellenbereich deutlich an. Diese Änderungen galten jedoch ausschließlich für die Landesbehörden. Daraufhin übten die Kommunalverbände Druck aus, um vergleichbare Erleichterungen bei Vergaben zu erreichen – mit Erfolg.

Diese Vergabe-Kategorien gibt es

Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb

Bei einer beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb fordert der Auftraggeber eine beschränkte Anzahl, grundsätzlich mindestens drei Unternehmen zur Abgabe eines Angebots auf (im Gegensatz dazu wird bei einer öffentlichen Ausschreibung eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert).

Freihändige Vergabe, Verhandlungsvergabe

Auch hier wird eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Abgabe eines Angebots oder zur Teilnahme an Verhandlungen aufgefordert. Im Gegensatz zu den strenger regulierten Verfahren wie der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung ermöglicht die freihändige Vergabe/Verhandlungsvergabe den Auftraggebern, direkt mit einem oder mehreren Unternehmen Verhandlungen über Angebote und Vertragsbedingungen zu führen.

Direktauftrag

Bei diesem können Leistungen unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (Direktauftrag). Der Auftraggeber soll zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln.