Kommunale Klimapolitik: Viele Ziele, wenig Spielräume
Die Klimakrise ist längst in den Kommunen angekommen – in Form von Starkregen, Hitzeperioden und wachsendem Handlungsdruck. Doch wie gut sind Deutschlands Städte, Gemeinden und Landkreise für Klimaschutz, Energiewende und Klimaanpassung aufgestellt? Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist dieser Frage im Rahmen einer groß angelegten Befragung nachgegangen. Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht – und zeichnen ein differenziertes Bild (hier geht es direkt zum Paper).
Breites Engagement – mit begrenzten Kapazitäten
Fast drei Viertel der 296 antwortenden Kommunen verfügen demnach über ein Klimaschutzkonzept. Weitere elf Prozent arbeiten daran. Besonders ambitioniert zeigen sich viele bei den Zieljahren zur Klimaneutralität: 101 Kommunen wollen dieses Ziel bereits vor 2045 erreichen, häufig bis 2040. Nahezu 90 Prozent haben Personal speziell für Klimaschutzaufgaben eingestellt – meist im Umwelt- oder Bauressort.
Doch die Umfrage offenbart auch strukturelle Ungleichgewichte: Während 95 Prozent der Großstädte über Klimaschutzpersonal verfügen, sind es bei kleinen Gemeinden unter 20.000 Einwohnern nur 63 Prozent. Besonders hier fehlen häufig nicht nur Fachkräfte, sondern auch Fördermittel und Zeitressourcen.
Solaranlagen, Wärmepläne, Energiesparen
In vielen Städten und Gemeinden wird Klimaschutz konkret: 85 Prozent nutzen erneuerbare Energien in kommunalen Liegenschaften, 83 Prozent setzen auf Energieeinsparung, 80 Prozent treiben den Ausbau der Erneuerbaren aktiv voran. Besonders beliebt ist Photovoltaik – sie kommt bei 97 Prozent der antwortenden Kommunen zum Einsatz.
Auch die kommunale Wärmeplanung gewinnt an Bedeutung: 63 Prozent berücksichtigen Klimaschutzaspekte in ihren Planungen. Allerdings haben bislang nur 30 Prozent konkrete Ausbauziele für erneuerbare Energien in ihren eigenen Gebäuden definiert.
Klimaanpassung: noch nicht überall strategisch verankert
92 Prozent der Kommunen berichten, in den vergangenen zehn Jahren von Extremwetter betroffen gewesen zu sein – vor allem von Starkregen, Hitze und Hochwasser. Trotzdem haben erst 20 Prozent ein Klimaanpassungskonzept vorgelegt, weitere 30 Prozent planen oder erarbeiten eines. Auch Hitzeaktionspläne sind noch die Ausnahme: Nur 9 Prozent haben einen, 21 Prozent sind in der Entwicklung. Ein sogenannter „Klimaanpassungs-Check“ für Beschlussvorlagen wurde bislang von 10 Prozent eingeführt.
Ein Problem: Nur 34 Prozent der Kommunen verfügen über Personal speziell für Klimaanpassung – in kleinen Städten sind es gerade einmal 13 Prozent. Dabei fordern neue gesetzliche Rahmenbedingungen, etwa das seit Juli 2024 geltende Klimaanpassungsgesetz, mehr strategische Planung und verbindliche Umsetzungsprozesse.
Finanzierungsdruck und hohe Einstiegshürden
Die Kommunen wissen, was zu tun ist – und oft auch, wie. Doch es fehlt an Ressourcen. 71 Prozent der Kommunen nennen zu hohe Anfangsinvestitionen als Haupthindernis beim Einsatz erneuerbarer Energien. Technisch-organisatorische Barrieren (z. B. Denkmalschutz) sowie lange Amortisationszeiten und Wissenslücken erschweren die Umsetzung zusätzlich.
Auch bei Förderprogrammen zeigt sich ein gemischtes Bild: Während 43 Prozent eigene Förderprogramme für Klimaschutzmaßnahmen aufgelegt haben (z. B. für Balkonkraftwerke oder E-Mobilität), nutzen bislang nur 24 Prozent aktiv Fördermittel für Klimaanpassungsmaßnahmen. Das Difu-Policy Paper zeigt insgesamt: Die Kommunen sind willens und vielfach engagiert – doch ohne gezielte Unterstützung durch Bund und Länder, weniger Bürokratie und mehr Planungssicherheit werden viele Maßnahmen nicht vom Papier in die Realität finden. Dabei steht außer Frage: Ohne die Kommunen wird Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen.
