„Ich wollte Gesicht zeigen und Farbe bekennen“
die:gemeinde:
Frau Rebstein, wie kommt es, dass Sie mit 59 Jahren zum ersten Mal für den Gemeinderat kandidiert haben?
Maria Rebstein:
Ich bin schon lange Mitglied einer Partei, aber als Krankenschwester im Schichtdienst war mein politisches Engagement bisher eher begrenzt. Im Januar gab es dann die Demonstrationen gegen Rassismus und für eine wehrhafte Demokratie, an denen ich teilgenommen habe. Kurz danach kam der Aufruf aus dem Ortsverband, ob ich mich nicht für die Liste aufstellen lassen will. Ich wohne seit zehn Jahren in Inzigkofen, kannte aber kaum jemanden. Aber ich dachte, ich zeige einfach Gesicht und bekenne Farbe.
die:gemeinde:
Das ging dann ja doch recht schnell.
Rebstein:
Genau, die Anfrage kam ein bisschen überraschend. Genauso überrascht war ich dann auch, als ich tatsächlich gewählt wurde. Das hatte ich nicht erwartet.
die:gemeinde:
Warum nicht?
Rebstein:
Ich war zwar auf dem zweiten Listenplatz, aber Inzigkofen ist ja eine kleine Gemeinde, und ich bin eigentlich im Gemeindeleben nicht besonders aktiv. Deshalb habe ich es nicht unbedingt erwartet.
die:gemeinde:
Das ist sicher auch ein schöner Erfolg?
Rebstein:
Ja, auf jeden Fall. Aber es war auch ein seltsames Gefühl, - ich war im ersten Moment fast schon ein wenig überfordert, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet habe.
die:gemeinde:
Wie haben Sie den Wahlkampf erlebt? Gab es Anfeindungen, wie das teilweise leider in vielen Ortschaften der Fall ist?
Rebstein:
Es gab eigentlich nur positive Rückmeldungen aus meinem Umfeld. Andere Kolleginnen haben wohl auch böse Kommentare bekommen, aber ich persönlich nicht.
die:gemeinde:
Haben Sie im Wahlkampf auch persönlichen Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern gehabt?
Rebstein:
Wir haben uns von unserer grünen Liste aus drei Mal in jeweils verschiedenen Gaststätten getroffen und uns zum Gespräch und Kennenlernen angeboten. Leider waren diese Events von der Öffentlichkeit nur spärlich besucht. Es hat trotzdem viel Spaß gemacht.
die:gemeinde:
Sie haben gesagt, dass Sie sich vor allem engagiert haben, um politisch Gesicht zu zeigen. Haben Sie trotzdem konkrete Themen, die Sie im Gemeinderat ansprechen oder umsetzen möchten?
Rebstein:
Ich denke, Kommunalpolitik ist Realpolitik – was ist machbar und was ist finanzierbar? Eine gute Infrastruktur ist wichtig, damit die Menschen zufrieden sind und nicht in Extreme abdriften. Inzigkofen ist da gut aufgestellt, zum Beispiel mit dem neuen Seniorenkonzept. Konkrete Vorstellungen, was ich unbedingt umsetzen möchte, habe ich im Moment aber noch nicht.
die:gemeinde:
Sehen Sie bestimmte Herausforderungen, zum Beispiel in der Vereinbarkeit von Beruf und Gemeinderat?
Rebstein:
Interessanterweise bin ich seit September überwiegend raus aus dem Schichtdienst. Das hat sich so ergeben und erleichtert mir natürlich Vieles. Ich arbeite jetzt nur noch ein paar Dienste im Monat im Schichtdienst und habe mehr Zeit, mich in Themen einzuarbeiten.
die:gemeinde
Das klingt nach einer glücklichen Fügung. Gibt es Aspekte, auf die Sie sich besonders freuen?
Rebstein:
Ja, ich freue mich darauf, mich in Themen einzuarbeiten und zu diskutieren. Es herrscht ein gutes Arbeitsklima im Gemeinderat, und ich finde es schön, dass ich nun mehr in die Gemeinde reinwachse.
die:gemeinde:
Sind Sie als Frau im Gemeinderat unterrepräsentiert?
Rebstein:. Insgesamt haben wir ein Drittel der Sitze mit Frauen besetzt, was für eine Gemeinde wie Inzigkofen mit 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gar nicht so schlecht ist.
die:gemeinde:
Vielen Dank, Frau Rebstein.