
Hat Biogas noch Zukunft?
Biogas zählt zu den erneuerbaren Energien und ist seit über 20 Jahren ein Bestandteil der deutschen Energiepolitik. Jede zehnte Biogasanlage in Deutschland steht in Baden-Württemberg. Insgesamt gibt es über 1.000 Biogasanalagen im Land.
Hauk: Biogas zentral für Energie- und Wärmewende
Eine Biogasanlage wandelt organische Materialien wie Gülle, Mist, Pflanzenreste oder Bioabfälle unter Luftabschluss durch mikrobiellen Abbau in Biogas um, das zur Strom- und Wärmeerzeugung oder als Kraftstoff genutzt werden kann. Die Anlagen betreiben oft landwirtschaftliche Betriebe, Energiegenossenschaften oder Kommunen, die das Biogas entweder ins Netz einspeisen oder lokal zur Versorgung von Haushalten, Betrieben oder Nahwärmenetzen nutzen.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk hat vergangene Woche die Bedeutung von Biogas für die Energie- und Wärmewende in Baden-Württemberg betont. Biogas sei besonders wertvoll, da es speicherbar und flexibel einsetzbar ist – eine wichtige Ergänzung zu Wind- und Solarenergie.
Wirtschaftliche Perspektiven von Biogasanlagen nach Ablauf der EEG-Förderung fraglich
Hauk warnte jedoch zugleich vor einem drohenden „Anlagensterben“: Viele Biogasanlagen stehen kurz vor dem Ende ihrer 20-jährigen EEG-Förderung und könnten ohne neue wirtschaftliche Perspektiven vom Netz gehen. Das wäre aus Sicht des Ministers energie- und agrarpolitisch fatal.
Kommunen spielen laut Hauk eine Schlüsselrolle: Durch strategische Wärmeplanung, lokale Netzwerke und Nutzung bestehender Infrastruktur könnten sie zur Zukunftssicherung der Biogasnutzung beitragen.
Die Bundesregierung plant mit dem „Biomassepaket 2025“ gezielte Maßnahmen, um bestehende Biogasanlagen wirtschaftlich abzusichern und deren Beitrag zur Energiewende zu stärken. Dazu gehören höhere Ausschreibungsvolumina, eine verlängerte Anschlussförderung auf zwölf Jahre und ein erhöhter Flexibilitätszuschlag, um den bedarfsgerechten Betrieb zu fördern. Zudem soll der Einsatz von Mais als Substrat weiter reduziert werden, um die Nachhaltigkeit zu erhöhen.
Auch kleinere Anlagen sollen von vereinfachten Förderbedingungen profitieren. Ziel ist es, den Weiterbetrieb vieler Anlagen nach dem Auslaufen der EEG-Förderung zu ermöglichen und sie stärker in die lokale Energie- und Wärmeversorgung einzubinden.
Für Hauk ist das von der Bundesregierung vorgelegte Biomassepaket ein Schritt in die richtige Richtung, reiche jedoch noch nicht aus. Hauk kündigte an, sich auf Bundesebene für verbesserte Rahmenbedingungen für Biogasanlagen einzusetzen.
Naturschutzverband fordert nur „nachhaltige Anlagen“
Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) äußerte sich dagegen kritisch zur aktuellen Ausrichtung der Biogas-Strategie. Nur nachhaltige Anlagen, die Gülle, Mist, Reststoffe und Nebenprodukte nutzen, hätten laut LNV wirklich Zukunft – und davon gebe es nur wenige. Der überwiegende Teil der bestehenden Anlagen sei auf den Anbau von Energiepflanzen wie Mais, Getreide oder Raps angewiesen – mit gravierenden ökologischen Folgen.
„Der Boom der Bioenergie hat Moorflächen zerstört, zur Intensivierung von Grünland geführt und massiv zur Verarmung der Artenvielfalt beigetragen“, so der LNV. Aus Sicht des Verbandes ist es daher zu begrüßen, wenn Anlagen ohne Wärmeverwertung nach Ende der Förderung schließen. Auch auf biogasbetriebene Busse solle verzichtet werden: Photovoltaik sei auf gleicher Fläche bis zu 30-mal effizienter als Maisanbau für Biogas.
Zudem warnt der LNV vor den globalen Folgen der Bioenergie: In Entwicklungsländern gefährde die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zur Energiegewinnung die Ernährungssicherheit und führe zu ökologischen Schäden – eine Einschätzung, die auch von zahlreichen entwicklungspolitischen Organisationen geteilt wird.