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Grundwasser wird nicht nachhaltig genutzt

Deutschlands Grundwasser steht unter Druck: Eine neue Studie zeigt erstmals systematisch, in welchen Regionen dauerhaft mehr Wasser entnommen wird, als sich natürlich neu bildet. Besonders betroffen sind Landkreise entlang des Rheins im Südwesten.

Eine neue Überblicksstudie des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des BUND liefert erstmals ein deutschlandweites Bild zum Zustand der Grundwassernutzung. Laut der Studie wird in 201 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland dauerhaft mehr Grundwasser entnommen, als sich jährlich durch natürliche Prozesse erneuert. Die Belastung verteilt sich dabei über das gesamte Bundesgebiet, ist aber in einigen Regionen – etwa entlang des Rheins oder in Teilen Ostdeutschlands – besonders ausgeprägt.

Für die Studie wurden öffentlich zugängliche Daten aus wasserwirtschaftlichen Fachbehörden ausgewertet, darunter Pegelstände, Entnahmemengen sowie regionale Nutzungsprofile. Ergänzend wurden strukturelle Entwicklungen, etwa der Klimawandel oder demografische Trends, in die Analyse einbezogen. Ziel war es, regionale „Hotspots“ zu identifizieren, in denen das Grundwasser unter besonderem Druck steht – sowohl durch langfristige Übernutzung als auch durch aktuelle Belastungen.

Sinkende Grundwasserstände in zahlreichen Regionen

In 94 Landkreisen wurden signifikante Rückgänge der Grundwasserstände festgestellt. Diese Entwicklung ist nicht punktuell, sondern betrifft große Teile des Landes. In vielen Fällen sind die gemessenen Werte in den vergangenen Jahren auf historische Tiefststände gesunken.

Ein Auslöser ist, dass die landwirtschaftliche Nutzung von Grundwasser zunimmt. Zwar lag ihr Anteil am Gesamtverbrauch in der Vergangenheit vergleichsweise niedrig, doch insbesondere in den Dürrejahren seit 2018 ist der Wasserbedarf zur Bewässerung von Ackerflächen deutlich gestiegen. In einigen Regionen führe dies zu einer spürbaren zusätzlichen Belastung der Grundwasservorkommen.

Einfluss von Klimawandel und Siedlungsdruck

Mehr als die Hälfte des in Deutschland geförderten Grundwassers dient der öffentlichen Trinkwasserversorgung. In manchen Fällen wird das Wasser über mehrere Hundert Kilometer transportiert, um städtische Ballungsräume zu versorgen. Diese weiträumige Infrastruktur kann bestehende regionale Engpässe verschärfen.

Langanhaltende Trockenperioden, höhere Temperaturen sowie das Wachstum von Bevölkerung und Siedlungsflächen erhöhten den Druck auf die Grundwasserressourcen. Der steigende Wasserbedarf betrifft dabei nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch Haushalte und Industrie. Die Studie weist darauf hin, dass sich diese Trends in den kommenden Jahren weiter verstärken könnten.

Südwesten entlang des Rheins besonders betroffen

Besonders alarmierend ist die Lage im Südwesten Deutschlands entlang des Rheins. In zahlreichen Landkreisen zwischen Freiburg, Karlsruhe und Mannheim wird über Jahre hinweg mehr Grundwasser entnommen, als sich durch natürliche Prozesse regenerieren kann. Die Studie zeigt, dass die Region am Oberrhein mittlerweile unter einem doppelten Stress steht: Die Pegel sinken kontinuierlich, während gleichzeitig der Bedarf – insbesondere durch Industrie, Landwirtschaft und Bevölkerungswachstum – weiter steigt.

Die Studienautoren fordern mehr Transparenz bei Entnahmen, eine Priorisierung der Trinkwasserversorgung und ökologische Mindestpegel sowie eine Reform der Wasserentnahmeentgelte. Auch der natürliche Wasserrückhalt muss gestärkt werden – etwa durch die Wiederherstellung von Auenlandschaften, humusreiche Böden oder stadtökologische Maßnahmen wie „Schwammstädte“, die Regenwasser lokal speichern.

Weitere Informationen zur Studie lesen Sie hier.