Große Schäden und neue Herausforderungen für Baden-Württembergs Kommunen
Die Hochwasserereignisse des Sommers 2024 hinterlassen in Baden-Württemberg eine beispiellose Spur der Zerstörung. Straßen, Brücken und Bahngleise wurden unterspült, die Infrastruktur vielerorts schwer beschädigt. Auf einen Antrag der CDU-Landtagsfraktion vom 29. Oktober hat das Innenministerium Anfang Dezember ausführlich geantwortet und die Situation detailliert dargelegt.
Besonders betroffen sind das Landesstraßennetz mit einem geschätzten Investitionsbedarf von rund 50 Millionen Euro und die kommunale Infrastruktur, deren exakte Schadenshöhe jedoch nicht beziffert werden konnte. Auch die Eisenbahninfrastruktur, darunter die Wieslauftalbahn und die Schwäbische-Wald-Bahn im Rems-Murr-Kreis, ist stark in Mitleidenschaft gezogen worden – allein dort beträgt der Sanierungsbedarf rund 8,5 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die bisher bekannten Kosten für den Wiederaufbau der Infrastruktur in Baden-Württemberg auf mehr als 63 Millionen Euro.
Unterstützung und Hürden für Kommunen
Während das Land bei den Landesstraßen und Gewässern direkt Verantwortung übernimmt, stehen die Kommunen vor besonderen Herausforderungen. Viele Städte und Gemeinden sind für kleinere Gewässer selbst zuständig, können aber auf finanzielle Unterstützung des Landes zurückgreifen. Insgesamt hat die Landesregierung 25 Millionen Euro als Soforthilfe bereitgestellt, um die Kommunen bei den Wiederaufbauarbeiten zu unterstützen. Diese Mittel decken jedoch nur einen Bruchteil der entstandenen Schäden ab, was bei einigen Gemeinden zu Sorgen führt.
Die CDU stellte in ihrem Antrag zudem die Frage, wie der Wiederaufbau beschleunigt werden könne. Das Innenministerium erklärte, dass bestehende Regelungen des Haushalts- und Vergaberechts bereits flexible Lösungen wie beschleunigte Vergabeverfahren, Direktvergaben und vereinfachte Ausschreibungen ermöglichen. Besonders in Krisensituationen wie nach Naturkatastrophen können öffentliche Auftraggeber schnell reagieren. So können bei Dringlichkeit auch Aufträge ohne umfassende Ausschreibung vergeben werden, insbesondere wenn nur wenige Unternehmen in der Lage sind, die Arbeiten zeitnah auszuführen.
Hochwasserschutz: Prävention und langfristige Maßnahmen
Der Hochwasserschutz im Land zeigte 2024 sowohl Stärken als auch Schwächen. Bestehende Dämme und Rückhaltebecken haben viele Überflutungen verhindert, doch die extremen Wetterbedingungen – eine Kombination aus Starkregen und Hochwasser – führten in einigen Regionen dennoch zu Überschwemmungen, da die Schutzsysteme an ihre Grenzen stießen.
Ein Schwerpunkt der Antwort des Innenministeriums liegt daher auf der Weiterentwicklung der Hochwasserstrategie des Landes, die bereits 2022 aktualisiert wurde. Maßnahmen wie die Ertüchtigung von Dämmen, die Wiedergewinnung von Retentionsflächen und die Anpassung technischer Hochwasserschutzanlagen an den Klimawandel sollen in den kommenden Jahren umgesetzt werden. Kommunen sind dabei wichtige Partner: Sie erstellen Starkregenmanagementkonzepte, die kritische Fließwege identifizieren und Maßnahmen wie Straßenanpassungen oder die Vermeidung von Rückstau durch Bahndämme planen.
Ein besonders ambitioniertes Vorhaben ist das geplante „Audit zur Hochwassergefährdung der Verkehrsinfrastruktur“. Gemeinsam mit anderen Bundesländern und unter Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr sollen bis 2025 erste Daten vorliegen, um die Resilienz von Straßen, Brücken und Bahngleisen zu bewerten. Die Umsetzung notwendiger Anpassungen wird jedoch eine langfristige Aufgabe sein.
Kritik und Perspektiven
Im Antrag der CDU wurde auch der rechtliche Rahmen für beschleunigte Vergabeverfahren hinterfragt. Die Landesregierung sieht hier keinen unmittelbaren Änderungsbedarf, verweist aber auf das geplante „Vergabetransformationspaket“ auf Bundesebene. Dieses soll das Vergaberecht modernisieren und um weitere Ausnahmen für Krisensituationen ergänzen. Erste Schritte werden derzeit im Bund-Länder-Ausschuss für öffentliches Auftragswesen diskutiert.
Darüber hinaus bleibt die Finanzierung des Wiederaufbaus ein kritischer Punkt. Der Vergleich mit früheren Ereignissen zeigt, dass die Landesmittel nicht immer ausreichen. So wurden beispielsweise nach den Unwettern 2016 rund 47 Millionen Euro für den Wiederaufbau der besonders schwer getroffenen Gemeinde Braunsbach bewilligt – eine Summe, die die aktuellen 25 Millionen Euro Soforthilfe weit übersteigt.
Die Hochwasserereignisse von 2024 zeigen, wie dringend Investitionen in die Resilienz der Infrastruktur und den Hochwasserschutz sind. Gleichzeitig verdeutlichen sie die Herausforderungen, vor denen Kommunen stehen. Zwar gibt es finanzielle Unterstützung und flexible Vergabeverfahren, doch langfristig wird es entscheidend sein, die Zusammenarbeit zwischen Land und Gemeinden zu intensivieren und den Klimaschutz weiter voranzutreiben. Denn mit zunehmenden Extremwetterereignissen wird die Belastung für die Kommunen nicht abnehmen – sie wird zur neuen Normalität.