Gemeindetag verteidigt Wohnraumoffensive
Gemeindetag verteidigt Wohnraumoffensive
Kritik an Wohnraumoffensive und sinkende Gewerbesteuern: Der Gemeindetag fordert eine sachliche Debatte und warnt vor den Folgen der Automobilkrise.
Ein Artikel des Staatsanzeigers befasste sich vergangene Woche kritisch mit der Wohnraumoffensive des Landes Baden-Württemberg, die 2020 gestartet wurde. Zentrales Thema ist die deutliche Kritik des Landesrechnungshofs, der die Programme als ineffizient, teuer und kaum wirksam beurteilt.
Kritik an fehlender Wirksamkeit der Wohnraumoffensive BW
Besonders wird bemängelt, dass der tatsächliche Nutzen der verschiedenen Fördermaßnahmen äußerst gering sei und in keinem Verhältnis zu den entstandenen Verwaltungskosten stehe. In einzelnen Fällen sollen diese Verwaltungskosten sogar höher als die ausgezahlten Fördergelder gewesen sein.
Ein Schwerpunkt der Kritik liegt auf dem sogenannten Grundstücksfonds, für den ursprünglich 100 Millionen Euro eingeplant waren. Tatsächlich wurden bis Mitte 2025 aber nur Flächen im Wert von knapp zehn Millionen Euro durch neun Kommunen erworben – ohne dass daraus bislang bezahlbarer Wohnraum entstanden ist. Auch andere Programme wie die Wiedervermietungsprämie, der Wohnflächenbonus oder die Beratungsprämie seien laut Bericht kaum nachgefragt worden und würden ebenfalls hohe Verwaltungskosten verursachen.
Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg (DMB) schließt sich dieser Kritik an und bezeichnet die Offensive als „weitgehend wirkungslos“. Die bisher aufgewendeten Mittel stünden in keinem Verhältnis zum Output. Aus Sicht des DMB sei es besonders problematisch, dass kein einziges Grundstück aus dem Grundstücksfonds bislang zu Wohnraum weiterentwickelt wurde. Der Verband fordert daher eine Neuausrichtung der Landesstrategie, insbesondere durch die Gründung einer Landeswohnungsgesellschaft nach dem Vorbild Bayerns, wo mit der „Bayerischen Heim“ (Bayerheim) bereits mehrere hundert Wohnungen im Bau seien.
Gemeindetag verweist auf lang- und mittelfristige Wirkung der Initiativen
Der Gemeindetag Baden-Württemberg dagegen spricht sich gegen eine vollständige Abkehr von der Wohnraumoffensive aus und plädiert stattdessen für eine sachliche Weiterentwicklung der bestehenden Programme. In einer Stellungnahme betont der Gemeindetag, dass es zunächst grundsätzlich zu begrüßen sei, „dass der Rechnungshof immer wieder auch die Förderpraxis des Landes genauer betrachtet und deren Wirksamkeit überprüft“. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen sei es notwendig, Fördermittel zielgerichtet einzusetzen.
Gleichzeitig verweist der Gemeindetag auf die strukturellen Probleme beim Wohnungsbau in Baden-Württemberg: „Seit Jahren werden zu wenig Wohnungen gebaut“, was die Notwendigkeit gezielter politischer Anreize unterstreiche. Neue Förderinstrumente seien daher aus kommunaler Sicht grundsätzlich wichtig und erprobenswert.
Besonders hebt der Gemeindetag beim Grundstücksfonds hervor, dass dessen Wirkung naturgemäß erst mittel- bis langfristig eintreten könne, da es hierbei um die strategische Sicherung und spätere Entwicklung von Flächen gehe. Der Fonds sei „von seiner Konfiguration eher auf mittel- bis langfristige Erfolge ausgerichtet“, was in der aktuellen Kritik zu wenig berücksichtigt werde.
Außerdem dürfe die allgemeine Marktsituation nicht ignoriert werden: Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, sowie Baupreis- und Zinssteigerungen hätten den Wohnungsbau in den letzten Jahren massiv belastet. Insgesamt spricht sich der Gemeindetag dafür aus, den Bericht des Rechnungshofs als Anlass zur Weiterentwicklung und Anpassung der Programme zu nehmen – nicht jedoch als Begründung für deren Aufgabe.
Sinkende Gewerbesteuereinnahmen Thema in medialer Debatte
Eine weitere Entwicklung, zu der sich der Gemeindetag in der vergangenen Woche äußerte, waren die sinkenden Gewerbesteuereinnahmen in vielen Kommunen - insbesondere durch die Krise der Automobilindustrie.
Die Gewerbesteuereinnahmen vieler Städte und Gemeinden sinken derzeit deutlich – vor allem in klassischen Automobilstandorten. In einem Beitrag des SWR wurde eindringlich dargestellt, wie dieser Strukturbruch sich in Kommunen wie Rastatt oder Gaggenau bemerkbar macht – von Arbeitsplatzverlusten bis zum kommunalen Haushaltseinbruch. Auch Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags, äußerte sich in dem Beitrag zum Thema.
SWR-Beitrag zur Auswirkung sinkender Gewerbesteuereinnahmen:
