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Gemeinderäte offen für Live-Streams

Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen haben bislang Seltenheitswert. Bedenken gibt es beim Datenschutz, auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist nicht geklärt. Eine Umfrage von Studenten der Hochschule Kehl unter Gemeinderäten im Land zeigt: Die Kommunalpolitiker können sich für Streams durchaus erwärmen. Sie hoffen, dass das öffentliche Interesse dadurch steigt. Doch das ist nicht die einzige interessante Erkenntnis der Umfrage.

Die Gemeinde Starzach im Landkreis Tübingen überträgt die Sitzungen ihres Gemeinderats live und stellt sie anschließend auf das Streaming-Portal Youtube ein. Dieser Praxis gehen bislang noch wenige Kommunen nach. Doch wie eine im Mai veröffentlichte Umfrage von Studenten der Hochschule Kehl nahelegt, können sich zumindest die Mitglieder der Räte für eine solche Übertragung erwärmen. 87 Prozent gaben an, sich eine solche Übertragung zumindest vorstellen zu können.

Kommunalpolitiker hoffen, dass Live-Streams Interesse der Öffentlichkeit steigert 

76 Prozent verbinden mit der Übertragung eine Hoffnung: Sie glauben, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Kommunalpolitik durch Live-Streams steigt. Befragt haben die Studenten mehr als 500 kommunale Mandatsträger in 60 Kommunen aller Größenordnungen, von der kleinen Gemeinde auf dem Land bis hin zur Landeshauptstadt.

Mehrheit der Ratsfraktionen informiert Bürger noch über Amtsblatt 

Die überaus wohlwollende Bewertung von Streams mag überraschen. Es ist aber nicht die einzige interessante Erkenntnis, die die Umfrage zu tage gefördert hat. So erstaunt, dass eine Mehrheit der befragten Ratsfraktionen die Öffentlichkeit noch immer hauptsächlich über das Amtsblatt informiert (71 Prozent). Und dass nicht etwa, weil man nicht auf den Zug der Digitalisierung aufspringen will. Ganz im Gegenteil: 90 Prozent der Fraktionen betreiben eine eigene Internetseite, 73 Prozent haben einen eigenen Facebook-Zugang. Die Fraktionen glauben allerdings, die Bürgerinnen und Bürger noch immer am besten über die analoge, herkömmliche Methode erreichen zu können. Befragt wurden 80 Fraktionsvorsitzende aus Kommunen aller Größenkategorien.

Viele Fraktionen rufen Haushaltsmittel aus Unkenntnis nicht ab

Eine stärkere Eigenwerbung wäre allerdings angezeigt. Denn die Hochschule Kehl weist darauf hin, dass das Interesse der Bürger an Kommunalpolitik nur durchschnittlich ist. Aus der Umfrage geht außerdem hervor, dass die Fraktionen Mittel nicht abrufen, die ihr laut Paragraf 32a Absatz 3 der Gemeindeordnung zustehen. „Die Gemeinde kann den Fraktionen Mittel aus ihrem Haushalt für die sächlichen und personellen Aufwendungen der Fraktionsarbeit gewähren. Über die Verwendung der Mittel ist ein Nachweis in einfacher Form zu führen“, heißt es dort. 62 Prozent der Fraktionen machen davon keinen Gebrauch – laut Fraktionssprecher schlicht deshalb, weil sie nicht wissen, dass es diese Möglichkeit gibt.

Beschäftigte in der Verwaltung stellen Ratsinformationssystemen gutes Zeugnis aus

Als besonders wirksam hat sich die Einführung der Ratsinformationssysteme (RIS) erwiesen, die in vielen Gemeinden im Einsatz sind. Sie machen Vorlagen und Beschlüsse für Bürger leicht einsehbar und sorgen für mehr Transparenz. In der Verwaltung bewertet man sie überaus positiv: Beschäftige aus 87 befragten Kommunen gaben dem Instrument im Durchschnitt 4,5 von 5 möglichen Punkten.