© Adobe Stock

Fachkräfte-Bündnis zieht alle Register

Der Fachkräftemangel ist dramatisch, hat seinen Höhepunkt aber noch nicht erreicht. Ein Bündnis aus Land, Kammern, Gewerkschaften und kommunalen Spitzenverbänden hat nun ein neues Bündnis geschmiedet. Es dreht an verschiedenen Stellschrauben, um den Schaden zumindest abzumildern und die Funktionsfähigkeit von Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung zu erhalten.

In Stuttgart ist am Donnerstag das „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses 2023-2027“ von 14 Partnern unterzeichnet worden. Neben verschiedenen Landesministerien, Gewerkschaften und Kammern sind auch der Gemeindetag, der Landkreistag und der Städtetag mit von der Partie. Das Bündnis besteht in verschiedenen Ausprägungen bereits seit 2004. Sein Zweck besteht im Wesentlichen darin, alle am Ausbildungs- und Qualifizierungsprozess beteiligten Akteure enger zu verzahnen.

An allen Ecken und Enden sollen und müssen Prozesse optimiert werden, um wenigstens die Fachkräfte dauerhaft in Lohn und Brot zu bringen, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Das ist auch bitter nötig. Denn in diesem Jahr steht das Bündnis mehr denn je unter dem Vorzeichen eines eklatanten branchenübergreifenden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften, der auch den öffentlichen Dienst fest im Griff hat und sich Prognosen zufolge bis 2030 weiter zuspitzen wird. Das sagen verschiedenste Studien voraus, unter anderem jüngst diese von PWC

Kretschmann appelliert an gemeinsames Vorgehen

Dementsprechend dringlich lesen sich die Appelle der Verantwortlichen, allen voran von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Wir brauchen hochqualifizierte Fachkräfte, dringender denn je. Gleichzeitig erleben wir, dass die Betriebe sich zunehmend schwertun, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Wir brauchen den gemeinsamen Einsatz für die Ausbildung, genau darum geht es beim Ausbildungsbündnis. Es bringt die entscheidenden Akteure zusammen: Wirtschaft, Gewerkschaften, die Bundesagentur für Arbeit sowie Land und Kommunen“, sagte Kretschmann.

Das sind die Handlungsfelder des neuen Bündnisses

Für die kommenden Jahre hat das neue Ausbildungsbündnis

  • die demografische Entwicklung,
  • die Transformation zu einer digitalen und nachhaltigen Wirtschaft und
  • den Umgang mit den Auswirkungen allgemeiner Krisensituationen, wie während der Corona-Pandemie 

als wichtige Herausforderungen erkannt.

Daraus hat das  Bündnis folgende fünf Handlungsfelder abgeleitet:

1. Berufliche Orientierung – Wirksamkeit erhöhen
2. Chancengarantie – Wege in Ausbildung aufzeigen
3. Erfolgreiche Ausbildung – Lernorte bei der Qualitätsentwicklung unterstützen
4. Transformation – für eine digitale und nachhaltige Wirtschaft ausbilden
5. Duales Ausbildungssystem – Funktionsfähigkeit erhalten

„Es ist fundamental wichtig, dass sich das Ausbildungsbündnis um einen guten Übergang zwischen Schule und Beruf bemüht. Gleichzeitig müssen wir noch deutlicher machen, dass eine berufliche Ausbildung nicht weniger wert ist als ein akademischer Bildungsweg. Die Bündnispartner helfen durch viele Maßnahmen, damit Ausbildungsbetriebe und junge Menschen zusammenfinden. Ein Leuchtturm-Projekt sind dabei die Praktikumswochen Baden-Württemberg als innovatives Praktikumsformat. Ich freue mich, dass die Praktikumswochen dieses Jahr wieder an den Start gehen. Solche Formate brauchen wir“, so Kretschmann.

Viele Absolventen werden von Betrieben übernommen 

Den Bündnispartnern zufolge hat das Ausbildungsbündnis seit 2004 einige wichtige Maßnahmen erfolgreich umgesetzt. Unter anderem gab es Initiativen, die Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf helfen. Die Digitalisierung der Ausbildung wurde vorangetrieben, um die Pandemie zu bewältigen. Künftig soll die berufliche Orientierung stärker in den Fokus rücken. Außerdem vertritt die Landesregierung die Ansicht, dass Ausbildungsbündnis zwischen 2019 und 2022 einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des dualen Ausbildungssystems geleistet hat. Sie verweist darauf, dass Baden-Württemberg im Bündniszeitraum den bundesweit geringsten Anteil vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge mit zuletzt 23,5 Prozent im Jahr 2021 hatte (2018: 22,8 Prozent). Der Anteil erfolgreich abgeschlossener Prüfungen habe bei stabilen 92,8 Prozent im Jahr 2021 gelegen (2018: 93,8 Prozent). Mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Ausbildungsabsolventen seien 2021 von ihrem Betrieb übernommen worden (2018: 75 Prozent).

Steffen Jäger: Bündnis kann wichtigen Beitrag gegen Fachkräftemangel leisten

Der Präsident des Gemeindetags, Steffen Jäger, kommentierte das erneuerte Bündnis: Auch für die Städte und Gemeinden sei es eine große Herausforderung, Fachkräfte zu gewinnen. „Deshalb sind wir als Gemeindetag aus Überzeugung Bündnispartner im nun erneuerten Ausbildungsbündnis. Das Bündnis kann mit seinen Handlungsfeldern einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel in Baden-Württemberg leisten“ sagte Jäger. Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Südwestens sei besonders die Frage, ob in kommenden Jahren ausreichend personelle Ressourcen bereitstünden, um die großen Transformationsaufgaben zu bewältigen, so Jäger weiter.