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Entlastungsgesetz: Eckpunkte können nur ein erster Schritt sein

Gemeindetagspräsident Steffen Jäger äußert sich zu den Eckpunkten, die das Bundeskabinett für ein neues Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen hat. Aus Sicht Jägers wäre ein solches Gesetz sinnvoll. Doch die Eckpunkte könnten nur ein erster Baustein sein.

Das Bundeskabinett hat sich heute in seiner Klausurtagung auf Schloss Meseberg auch mit dem Bürokratieabbau befasst und Eckpunkte für ein neues Entlastungsgesetz beschlossen. Dazu erklärt Gemeindetagspräsident Steffen Jäger: „Die überbordende Bürokratie ist eine der größten Hemmnisse für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Ein Bürokratieentlastungsgesetz auf Bundesebene ist daher dringend erforderlich und grundsätzlich richtig. Allerdings können die jetzigen Eckpunkte der Bundesregierung nur ein erster Baustein sein.“

Bürger, Unternehmen und Kommunen brauchen dringend Entlastung 

Jäger führt aus: „Bürger, Unternehmen und Kommunen brauchen dringend eine spürbare Entlastung. Eine solche lässt sich aber nur durch eine ernsthafte Aufgaben- und Standardkritik, einen Mentalitätswandel hin zu mehr Eigenverantwortung sowie eine geordnete und praxisorientierte Gesetzgebung erreichen. Die Zeiten, in denen die staatlichen Leistungszusagen immer weiter gesteigert werden können, sind vorüber. Schon heute übersteigt die Summe der staatlichen Leistungsversprechen die faktische Leistungsfähigkeit des Staates. Das Machbare muss deshalb wieder in den Fokus der politischen Rahmensetzung von EU, Bund und Ländern. Anspruch und Wirklichkeit müssen wieder zusammenfinden. Dann kehrt auch das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Institutionen zurück.“

Baden-Württemberg will mit Entlastungsallianz vorangehen 

Der Gemeindetagspräsident sagte, man wolle in Baden-Württemberg  mit der Entlastungsallianz vorangehen (die:gemeinde berichtete). „Das vom Bundesjustizminister geforderte Überprüfen der landesrechtlichen Normen gehen wir so gemeinsam mit dem Land an, um spürbare Verbesserungen für Städte und Gemeinden sowie Unternehmen und Betriebe zu erwirken. Daher müssen sich das Entlastungsgesetz des Bundes und die Allianz auf Landesebene sinnvoll ergänzen und Baden-Württemberg Vorreiter und Vorbild für die Bundespolitik sein“, so Jäger.

Jägers Äußerungen beziehen sich auf eine Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums. Die in Rede stehenden Eckpunkte für ein neues Entlastungsgesetz sind folgende:

  • Informationspflichten: Diese sollen auf Aktualität, Harmonisierungsmöglichkeiten und sonstige Ansatzpunkte zur Entlastung für den Mittelstand überprüft werden. Dabei werden die Informationspflichten im Energierecht, im Außenwirtschaftsrecht, im Mess- und Eichwesen sowie im Rahmen der Wirtschaftsstatistik, Gewerbe- und Handwerksordnung als auch in branchen- und berufsspezifischen Verordnungen auf den Prüfstand gestellt.
  • Aufbewahrungsfristen: Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden.
  • Hotelmeldepflicht: Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige soll abgeschafft werden.
  • Schriftformerfordernisse: Die Elektronische Form soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Regelform werden. Deshalb sollen zahlreiche Schriftformerfordernisse soweit wie möglich aufgehoben werden. Auch soll der Rechtsverkehr für die Wirtschaft sowie für Bürgerinnen und Bürger vereinfacht und weitmöglichst digitalisiert werden.
  • Arbeitsverträge: Im Nachweisgesetz soll eine Regelung geschaffen werden, wonach wie bereits bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Entsprechendes soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Ausgenommen werden sollen die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.
  • Arbeitszeit: Für die Regelung zur Erteilung von Arbeitszeugnissen in § 630 BGB soll ebenfalls die elektronische Form ermöglicht werden. Das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz soll mit dem Ziel angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten durch den Arbeitgeber auch erfüllt werden, wenn dieser die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik (etwa das Intranet) elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.
  • Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung: Für die nach § 4 Absatz 4 Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV) vorzuhaltenden schriftlichen Aufzeichnungen über in loser Ware enthaltene Allergene soll die digitale Form ermöglicht werden. Dies gilt dann auch für verpflichtende Informationen über in loser Ware enthaltene Lebensmittelzusatzstoffe und Aromen, da für die Art und Weise der Kennzeichnung in den einschlägigen Vorgaben auf die Regelung der LMIDV verwiesen wird.
  • Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz: Das Schriftformerfordernis im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit soll durch die Textform ersetzt werden.
  • Küstenschifffahrtsverordnung: Die Küstenschifffahrtsverordnung, wonach Seeschiffe, die nicht aus der EU stammen, eine Genehmigung für innerdeutsche Transporte in den Küstengewässern benötigen, soll abgeschafft werden. Damit wird das Gewerbe und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt von ca. 150 Verwaltungsverfahren pro Jahr entlastet. Die Voraussetzungen für eine Erteilung der Genehmigung lag bislang in über 90% der Fälle vor.
  • Beschleunigung von Baumaßnahmen an der Schieneninfrastruktur: Um die artenschutzrechtliche Prüfung in Bezug auf ausgewählte und im Schienenbereich besonders relevante Arten fachgerecht zu standardisieren, werden Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften geschaffen. Der Schutzumfang der betroffenen Arten wird nicht abgesenkt.