
Ein Geldsegen für die Kommunen?
Klappt es mit der Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag sowie im Bundesrat, hat die neue Bundesregierung in den nächsten Jahren sehr viel Geld zu verteilen. Das geplante Finanzpaket sieht eine Änderung der Schuldenbremse vor, sodass Verteidigungsausgaben ab einer bestimmten Höhe nicht mehr unter die Schuldenregel fallen. Das ermöglicht höhere Investitionen in die Bundeswehr und die äußere Sicherheit.
Daneben ist geplant, 500 Milliarden in die Infrastruktur des Landes zu investieren. Dies soll eine Grundlage für dringend benötigte Investitionen in zentrale Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge schaffen. Ein wesentlicher Bestandteil des Pakets ist die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, darunter der Ausbau von Straßen, Schienen und Wasserwegen, um den Verkehrsfluss zu verbessern und Engpässe zu beseitigen.
Gleichzeitig soll ein erheblicher Teil der Mittel in den Energiesektor fließen, insbesondere in die Förderung nachhaltiger Energien und die Sicherung einer stabilen, bezahlbaren Energieversorgung. Auch in Sachen Bildung und Forschung sollen Investitionen getätigt werden – von der Sanierung und Digitalisierung von Schulen über den Ausbau von Hochschulen bis hin zur Förderung innovativer Forschungsprojekte.
Der Bereich Gesundheit und Pflege ist ein weiterer Schwerpunkt des Programms, mit Mitteln für die Modernisierung von Krankenhäusern, die Stärkung der Pflegeinfrastruktur und eine bessere medizinische Versorgung. Schließlich wird auch der Zivil- und Bevölkerungsschutz berücksichtigt, um Katastrophenschutz, Feuerwehr und innere Sicherheit zu verbessern und auf zukünftige Krisen besser vorbereitet zu sein.
Finanzpaket für Kommunen? Zweifel an ausreichender Unterstützung
Es klingt zunächst vielversprechend, Mittel für dringend benötigte Vorhaben bereitzustellen, die auch die angespannte Finanzlage vieler Kommunen entlasten könnten. Doch viele kommunale Vertreter bezweifeln, dass dies tatsächlich gewährleistet ist. Denn ein genauer Blick auf die Planungen von CDU, SPD und Grünen zeigt: Für zehn Jahre sind lediglich 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen vorgesehen.
Auch das ist zwar eine beträchtliche Summe. Doch der Gemeindetag Baden-Württemberg weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass Städte und Gemeinden über zwei Drittel der öffentlichen Sachinvestitionen verantworten. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums liege dieser Anteil sogar zwischen 60 und 70 Prozent. Von den geplanten Milliarden bleiben den Kommunen aber nur ein Fünftel.
Zudem bestehe mit Verweis auf das KfW-Kommunalpanel bereits ein kommunaler Investitionsstau von über 186 Milliarden Euro bundesweit. Demnach lägen die größten Investitionsrückstände vor allem bei Straßen, Schulen, Verwaltungsgebäuden sowie öffentlichen Einrichtungen wie Feuerwehr und Kitas. Bezogen auf Baden-Württemberg geht der Gemeindetag von einem Investitionsstau in Höhe von rund 22 Milliarden Euro aus.
Das, was eigentlich nötig wäre, ist also durch die geplanten Vorhaben nicht gedeckt. Zwar erkennt der Gemeindetag in seiner Stellungnahme an, dass „der Plan des Bundes, 500 Milliarden Euro für die Ertüchtigung der Infrastruktur in Deutschland zur Verfügung zu stellen, ein richtiger Schritt sein kann, um den Standort Deutschland zu stärken und die Lebensqualität für die Menschen zu sichern.“ Doch gleichzeitig schränkt er ein, dass angesichts des massiven Einbruchs der Kommunalfinanzen eine stärkere Gewichtung der Mittel zugunsten der Städte, Gemeinden und Landkreise erforderlich sei. „Hier erwarten wir, dass der Bund einen deutlich höheren Betrag für die kommunale Ebene vorsieht, als dies bisher der Fall ist“, heißt es weiter.
Bürokratie und fehlende Planungssicherheit: Kommunen sehen Probleme
Neben der unzureichenden finanziellen Ausstattung der Kommunen im Milliardenpaket befürchten Städte und Gemeinden, dass zu viel Bürokratie und fehlende Planungssicherheit die Mittelvergabe erschweren könnten. Zwar stellt die Bundesregierung Milliarden für Infrastrukturmaßnahmen bereit, doch bisher fehlt laut Gemeindetag ein klares Konzept, wie diese Mittel schnell und unbürokratisch auf kommunaler Ebene eingesetzt werden können.
Der Gemeindetag fordert daher, dass die Gelder ohne komplizierte Antragsverfahren und ohne Kofinanzierungspflicht bereitgestellt werden, damit dringend benötigte Investitionen nicht an langwierigen Genehmigungsprozessen scheitern. Die Kofinanzierungspflicht bedeutet, dass Kommunen bei vielen Förderprogrammen einen Teil der Kosten selbst aufbringen müssen, um Mittel vom Bund oder den Ländern zu erhalten. Gerade finanziell schwache Kommunen haben dadurch oft Schwierigkeiten, notwendige Projekte umzusetzen, weil ihnen die erforderlichen Eigenmittel fehlen.
Braucht Deutschland eine Finanzreform? Gemeindetag fordert klare Prioritäten
Aus Sicht der Kommunen gehe es nicht nur um kurzfristige Investitionen, sondern um eine grundsätzliche Neuausrichtung des Staates. Sie fordern laut Gemeindetag eine ehrliche Debatte darüber, welche Aufgaben der Staat in Zukunft übernehmen kann und wo er sich möglicherweise zurückziehen muss. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger mahnt, dass die Bundesregierung klare Prioritäten setzen und eine realistische Abwägung zwischen staatlicher Verantwortung und der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger treffen müsse: „Eine neue Bundesregierung kommt nicht umhin, sehr konkret zu definieren: Was gehört in den nächsten Jahren zur Kernaufgabe des Staates? Und wo muss sich ein Staat im Zweifel auch zugunsten einer gestärkten und wieder stärker eingeforderten Eigenverantwortung etwas zurückziehen?“
Die Kommunen fordern daher nicht nur eine bessere finanzielle Ausstattung, sondern auch eine dauerhafte Reform der Finanz- und Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Nur so könne gewährleistet werden, dass kommunale Investitionen langfristig gesichert und öffentliche Aufgaben realistisch finanzierbar bleiben. „Die Debatte um die Schuldenbremse und die Zukunftsinvestitionen wie auch die beginnenden Koalitionsverhandlungen sind dafür eine gute und gebotene Gelegenheit“, unterstreicht Jäger.
Autobahnmaut als zusätzliche Einnahmequelle?
Auch der Landkreistag Baden-Württemberg erwartet nicht, dass das Finanzpaket allein alle Probleme löst. Das wird allein dadurch deutlich, dass er als zusätzliche Maßnahme die Einführung einer Autobahnmaut nach Schweizer Vorbild fordert. Konkret soll eine Jahresmaut von 100 Euro pro Pkw erhoben werden, um zusätzliche Einnahmen für die Infrastruktur zu generieren. Das sei angesichts der angespannten finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte trotz des Finanzpakets geboten. Denn der Staat könne nicht ausschließlich auf neue Schulden setzen. Stattdessen müsse auch über zusätzliche Einnahmequellen nachgedacht werden.
Steffen Jäger zeigt sich offen für diese Diskussion: „Eine Pkw-Maut, wie nun vom Landkreistag in die Diskussion gebracht, ist nichts anderes als eine Nutzungsgebühr, die es in den allermeisten anderen europäischen Ländern schon gibt. Wir sind daher der Meinung, dass es zu einem ehrlichen Umgang mit der aktuellen Situation dazu gehört, auch über solche Ansätze zu diskutieren.“
Denn auch der Gemeindetag kritisiert, dass der Staat zu sehr auf Schulden setze, und warnt davor, finanzielle Belastungen immer weiter in die Zukunft zu verschieben. „Ein solch schuldenfinanziertes Investitionsprogramm muss zwingend und eng mit einer Konsolidierung bei den konsumtiven staatlichen Ausgaben einhergehen“, stellt Gemeindetagspräsident Jäger klar. „Denn gerade durch das immer stärkere Auseinanderklaffen zwischen dem, was staatlich versprochen wird und dem, was tatsächlich leistbar ist, sind die öffentlichen Haushalte in die aktuelle Schieflage geraten.“