Leif-Hendrik Piechowski/Innenministerium

Digitalminister verabschieden Heidelberger Erklärung zur digitalen Teilhabe

Ende des Jahres sollen eigentlich die im Onlinezugangsgesetz verankerten Services für die Bürger abrufbar sein. Es ist längst ein offenes Geheimnis, dass daraus nichts wird. Den Ressortchefs der Länder scheint die Dringlichkeit der digitalen Teilhabe aber bewusst zu sein, wie die "Heidelberger Erklärung" zeigt, die am Rande des Digitalministertreffens verabschiedet wurde.

Darin verständigen sich die Minister darauf, Deutschland im digitalen Wandel weiter voranzubringen. Und benennen konkrete Schwerpunkte. „Eine wichtige Voraussetzung ist hier, dass alle Menschen am digitalen Wandel teilhaben können und davon nicht abgehängt werden. Das gilt für Menschen mit Handicap sowie auch in hohem Alter. Ob Onlinebuchungen beim Bürgeramt, barrierefreie Homepages oder E-Sport für körperlich eingeschränkte Personen: Die Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten im Alltag und erhöht in vielerlei Hinsicht die Lebensqualität. Aber noch können nicht alle Menschen diese Chancen nutzen: Noch immer sind Millionen von Menschen in Deutschland 'offline', sagte Digitalminister Thomas Strobl am Freitag in Heidelberg.

Die sieben Punkte der Heidelberger Erklärung 

Konkret enthält die Erklärung sieben Punkte: 

     1. Digitale Teilhabe bei allen Vorhaben mit bedenken

Die Minister sehen die digitale Transformation als Chance für größeren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Konkret heißt das: wer aus bestimmten Gründen nicht am Leben in der analogen Welt teilnehmen kann, zum Beispiel, weil er ein Handicap hat, kann Teilhabe durch die digitale Welt erleben. "Damit von den Vorzügen einer digitalen Gesellschaft alle Menschen profitieren können, sollte die Frage nach der digitalen Teilhabe bei jedem Digitalisierungsvorhaben mitbedacht werden", fordern sie deshalb.

     2. Flächendeckend gigabitfähige Breitbandnetze aufbauen 

Digitale Teilhabe ist nur möglich, wenn die Verbindung mit dem Internet gewährleistet ist - am besten eine schnelle. Diese Prämisse ist weithin bekannt. Der Breitbandausbau geht zwar voran, doch noch immer gibt es viele weiße Flecken in der Versorgung. In ihrer Forderung, das Ziel durch eine "gemeinsame Kraftanstrengung aller handelnden Akteurinnen und Akteure zu erreichen", bleiben die Minister sehr vage. Immerhin: die Bundesförderung habe sich "grundsätzlich bewährt", schreiben sie, und solle daher behutsam weiterentwickelt werden.

     3. Für Sicherheit im Netz sorgen

Nicht nur private Unternehmen kämpfen mit Cyberangriffen, auch kommunale Unternehmen und kommunale IT-Infrastrukturen werden immer häufiger attackiert. Das Cybersicherheitsforum hat die Probleme im April thematisiert, die:gemeinde berichtete. Die Minister schreiben: "Das Thema IT- und Cybersicherheit hat durch den
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine eine neue Dynamik erfahren. Die Anwenderinnen und Anwender sind gefragt, sich die Risiken bewusst zu machen, aber auch die Anbieterinnen und Anbieter nehmen wir in
die Pflicht für sichere Lösungen zu sorgen. Der Staat kann und muss hierzu, auch durch eigene Angebote, zum Beispiel in der Präventions- und Bildungsarbeit, sowie durch einen klaren Ordnungsrahmen zu mehr Sicherheit beitragen."

     4. Medienkompetenz stärken 

Innerhalb weniger Jahre hat sich die Medienlandschaft radikal verändert - Stichwort: Soziale Netzwerke - und mit ihm das Nutzerverhalten. Nicht allen fällt es leicht, sich mit dieser Welt zu arrangieren, viele verlieren sich im Überangebot oder, noch schlimmer, radikalisieren sich, weil es noch nie leichter war als heute, sich in der eigenen Echokammer einzurichten. Es kann also nicht überraschen, dass die Digitalminister Medienkompetenz groß schreiben - und das von klein auf. "Der sichere und qualitätsvolle Umgang mit digitalen Medien ist eine unverzichtbare Kulturtechnik, auf die wir die zukünftige Generation, beginnend in der Kita und danach in der Schule und den Hochschulen, systematisch vorbereiten. Wir stärken die digitale Anwendungskompetenz aller Altersgruppen. Investitionen in Technologie muss von Investitionen in die Qualifizierung und Weiterbildung begleitet werden", so der Wortlaut der Erklärung. 

    5. Digitale Hürden abbauen und barrierefreie Angebote schaffen

Im fünften Punkt kommen die Digitalminister zum Kern der digitalen Teilhabe. Zu der Frage nämlich, warum Digitalisierung Teilhabe insgesamt verbessert. Die Minister begründen dies einerseits mit dem Fortschritt durch Software. So könnten Menschen mit Handicap durch Videokonferenzen und digitale Assistenzsysteme stärker als vorher am Berufsleben partizipieren. Videosprechstunden können den Besuch beim Facharzt wenn nicht vollständig, so doch zumindest teilweise ersetzen. Die Aufgabe der Politik müsse es nun sein, noch bestehende Hürden zu überwinden und die Entwicklung "positiv zu begleiten".

   6. Verwaltungsleistungen digital zur Verfügung stellen

Die Umsetzung der OZG-Leistungen ist für die kommunale Welt von höchster Relevanz. Denn die digitale Abwicklung von Verwaltungsdienstleistungen macht nicht nur das Leben der Bürgerinnen und Bürger leichter, sondern auch das der Beschäftigten in Ministerien, Regierungspräsidien und Rathäuser. Doch der Weg ist noch weit.  Zum Verzug bei der OZG-Umsetzung verlieren die Minister in der Heidelberger Erklärung aber kein Wort. 

   7. Ein inklusiver Arbeitsmarkt dank Digitalisierung

Hier knüpft die Erklärung an Punkt fünf ab. Die Minister versichern, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu unterstützen. Das diene nicht nur der Vereinbarkeit von Beruf, Familien und Privatleben, sondern auch der Inklusion von Menschen mit Handicap.