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Dauerregen und steigende Pegel halten Gemeinden im Südwesten in Atem

Dauerregen und steigende Pegel haben in Baden-Württemberg zu Überschwemmungen geführt. In einigen Landkreisen mussten Menschen evakuiert werden, einige gelten als vermisst. Viele Schulen und Kindergärten wurden vorsorglich geschlossen. Am Montag reisten Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie sein Stellvertreter Thomas Strobl nach Meckenbeuren und Erbach, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen. die:gemeinde-Aktuell hat den Überblick.

Kritisch war die Lage am Montag unter anderem im Landkreis Ludwigsburg. In der Gemeinde Steinheim wurden Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen in Sicherheit gebracht. Zahlreiche Keller liefen im gesamten Landkreis voll, nachdem der Neckar über die Ufer getreten war. In Remseck blieben alle Kitas und Schulen vorsorglich geschlossen. Die Behörden des Rems-Murr-Kreises lösten Katastrophen-Voralarm aus. Die Stadt Esslingen am Neckar hat in der Nach von Sonntag auf Montag einen provisorischen Damm aus 1500 Tonnen schwerem Stein und Sand aufgeschüttet, um eine Teilüberflutung der Innenstadt zu vermeiden.   

In der stark vom Hochwasser getroffenen Gemeinde Ebersbach an der Fils im Kreis Göppingen sind Anwohnerinnen und Anwohner mehrerer Straßenzüge in Sicherheit gebracht worden. Wie die Stadt am Montag auf Facebook mitteilte, sollten auch in Ebersbach alle Schulen und Kitas geschlossen bleiben. In Berglen im Rems-Murr-Kreis sprach Bürgermeister Holger Niederberger gegenüber der Stuttgarter Zeitung von einer „beispiellosen Flutwelle“, die die Gemeinde erfasst habe. „Unsere Feuerwehr ist seit 22 Uhr gestern Abend ohne Pause unterwegs und arbeitet alle Einsätze nach Priorität ab“, sagte Niederberger.

Menschen mit Schlauchbooten evakuiert

Im Schwarzwald-Baar-Kreis haben die schweren Regenfälle Erdrutsche ausgelöst. Im Villingen-Schwenninger Ortsteil Mühlhausen gerieten entlang einer Land- und einer Kreisstraße Erdmassen in Bewegung, die Straßen mussten gesperrt werden, wie die Polizei mitteilte. Im Ort selbst seien mehrere Menschen mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht worden, nachdem das Wasser in einer Straße dort bis zu 1,80 Meter hoch stand. Auch seien zahlreiche Unterführungen im Landkreis vollgelaufen, wie es weiter hieß. Im Landkreis Tuttlingen waren vorwiegend die Orte Aldingen, Gosheim und Denkingen von Überflutungen betroffen, wie es weiter hieß. Zwischen Denkingen und Gosheim versperrte ein Erdrutsch eine Landstraße.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Stellvertreter, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl, machten sich am Montag auf, um sich selbst ein Lagebild zu verschaffen. Am Vormittag besuchten die Vertreter der Landesregierung Meckenbeuren im Landkreis Friedrichshafen, am frühen Nachmittag ging es nach Erbach im Alb-Donau-Kreis. Allein im Rems-Murr-Kreis sind derzeit mehr als 140 ehrenamtliche Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes im Einsatz. Rund 400 Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerks sind in ganz Süddeutschland unterwegs. Sie sichern Dämme, pumpen Wasser ab, beraten Stäbe fachlich und evakuieren Menschen vorsorglich.

Walker: Investition in Vorsorge zahlt sich aus

Sie führen Hochwasserschutzmaßnahmen durch, installieren und überwachen mobile Hochwasserpegel, die ihrerseits kontinuierlich die Pegelstände in den betroffenen Gebieten überwachen. Umweltministerin Thekla Walker hatte den Einsatzkräften und den Verantwortlichen in den Kommunen bereits am Samstag ihren Dank ausgesprochen. „Ich danke allen haupt- und ehrenamtlichen Einsatzkräften, die aktuell Keller leerpumpen, Sandsäcke füllen, Menschen evakuiert und versorgt haben. Auch die Krisenstäbe vor Ort arbeiten die schwierige Hochwasserlage mit teilweise extremen Abflussspitzen sehr gut und konzentriert ab“, so Walker.

Die Ministerin ergänzte, dass auch in den kommenden Tagen in einigen Landesteilen noch mit steigenden Pegeln gerechnet werden müsse. So rief der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Montag eine Unwetterwarnung für den Regierungsbezirk Tübingen aus. Bis zum Abend könnten Straßen und Unterführungen überflutet sein und es könnte Erdrutsche geben.  Walker weiter: „Wie erste Erfahrungen vor Ort zeigen, hat es sich ausgezahlt, dass die Landesregierung in den vergangenen Jahren viel Geld für Dämme, Regenrückhaltebecken und kommunale Starkregenkonzepte mobilisiert und dauerhaft gesichert hat. Aber auch für aktuelle Hochwassergefahrenkarten, die die Einschätzung der jeweiligen Überflutungssituation gerade jetzt enorm erleichtern.“ Man dürfe in den eigenen Anstrengungen nicht nachlassen.

Starkregenrisikoprojekt im Nordschwarzwald

„Eine wärmere Welt ist eine Welt mit häufigeren Extremwetterlagen. Die Risiken für Mensch, Natur und Wirtschaft wachsen. Daran müssen wir uns anpassen und weiter investieren: in technischen Hochwasserschutz, aber auch in renaturierte Landschaften, die Wassermassen besser aufnehmen sowie in den Umbau von Kommunen in Schwammstädte, damit Starkregen nicht zu Sturzfluten durch Straßen und in Keller führt“, sagte Walker.

Die aktuelle Krisensituation führt vor Augen, wie wichtig interkommunale Präventionsprojekte wie jene im Nordschwarzwald sind. Wie die:gemeinde in ihrer aktuellen Printausgabe berichtet, haben sich dort 24 Kommunen unter Führung der Stadt Wildberg zusammengetan, um ein systematisches Starkregenrisikomanagement zu etablieren. Das Projekt soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein, die Lehren, die die Kommunen daraus ziehen, werden vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse noch relevanter.