© Gemeinde Altdorf

Brach liegendes Bauland: Altdorf steht für viele Gemeinden im Land

Bauland im Außenbereich auszuweisen und Flächen zu versiegeln steht nicht mehr hoch im Kurs. Ganz im Gegenteil. Die Kritik an diesem Vorgehen wächst. Innenentwicklung ist das Gebot der Stunde. Doch wie der Fall Altdorf zeigt, sind Eigentümer nur bedingt dazu bereit, ihre Grundstücke selbst zu bebauen oder zu verkaufen. Das ist ein Problem.

Wie die Stuttgarter Zeitung in ihrer Ausgabe vom vergangenen Freitag berichtet, beschäftigt den Gemeinderat der Gemeinde Altdorf (Landkreis Böblingen) derzeit ein Phänomen, dass viele andere Gemeinden kennen: Einerseits besteht dringender Bedarf an Wohnraum. Andererseits sehen die Lokalpolitiker nicht ein, neues Bauland auszuweisen, so lange alte Baulücken nicht genutzt werden. Und davon gibt es viele in Altdorf: Dem Zeitungsbericht zufolge ganze 60 Baulücken im Besitz von 45 Eigentümern. Laut Bericht seien nicht einmal 20 Prozent davon bereit, diese Lücken in nächster Zeit zu schließen, sei es durch eigene Bebauung oder durch Verkauf an Dritte. 

Problem der "Enkelgrundstücke" ist massiv 

Diese sogenannten "Enkelgrundstücke" sind ein Problem. Ein Drittel der Baulücken in Altdorf sind laut Angaben der Stadt dieser Kategorie zuzuordnen. Denn so vorausschauend und fürsorglich es auf den ersten Blick anmuten mag, Bauland für die eigenen Enkel zurückzuhalten, ist dieses Vorgehen auch unsozial. In manchen Fällen steckt dahinter womöglich auch der Hintergedanke, die Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt noch gewinnbringender zu verkaufen - sprich, mit Bauland zu spekulieren. In Altdorf denkt man nun darüber nach, ein Baugebot von drei bis fünf Jahren zu erlassen. So will man zumindest bei neuen Baugebieten vermeiden, dass jahrzehntelang Lücken klaffen und mit wertvollem Land spekuliert wird. 

Durch Flächenmanager wollen Kommunen auf Eigentümer einwirken

In anderen Städten und Gemeinden versucht man dem Problem mit kommunalen Flächenmanagerinnen und Flächenmanagern Herr zu werden. Sie sollen Eigentümer freier Bauflächen ermitteln und sie dazu bewegen, ihr Grundstück zu bebauen oder zu verkaufen. "Wir brauchen die persönliche Ansprache - außerhalb der Verwaltung würde man vielleicht von Akquise sprechen - und weitere Informationsveranstaltungen, um die Stadtgesellschaft hinter uns zu bekommen", sagte Christoph Traub, Oberbürgermeister von Filderstadt, Anfang des Jahres im Gespräch mit die:gemeinde zu diesem Thema.

Flächenmanagerin aus Schorndorf: Prozess ist zäh, aber gewinnbringend

Sarah Mattes ist als kommunale Flächenmanagerin in Schorndorf aktiv. Sie hält das Instrument für effektiv. Die Menschen fänden es gut, eine Ansprechpartnerin zu haben. Andere lebten im Ausland, das Bauland "daheim" hätten sie mitunter gar nicht mehr vor Augen. Obwohl der Prozess oft schleppend sei, habe sie bereits einige Eigentümer zum Verkauf bewegen können, sagte Mattes zu die:gemeinde. Doch sind Flächenmanager wirklich ein scharfes Schwert gegen baumüde Eigentümer, oder sind ihre Bemühungen letztlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein? Eins steht fest: Angesichts des großen Bedarfs an Wohnraum muss sicher mehr geschehen. 

Koalition will Förderprogramme "wesentlich ausbauen"

Im Koalitionsvertrag spielt das Thema Innenverdichtung eine große Rolle. So sollen die Städte und Gemeinden bei verschiedenen Maßnahmen rechtlich, organisatorisch, datenbasiert und finanziell durch einen Aktionsplan „Flächensparen“ und Förderprogramme unterstützt werden. "So soll unter anderem das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ in Förderspektrum (etwa im Hinblick auf Flächenrecycling), Volumen und Antragsberechtigung wesentlich ausgebaut werden", heißt es dazu im Koalitionsvertrag "Jetzt für morgen".

"Fonds für Flächentausch" geplant

Die Koalitionäre haben weitere Ziele: Bei den Regionalverbänden will man sogenannte Flächen-Scouts einsetzen, um kleine Gemeinden bei der Aktivierung von Brachflächen zu unterstützen. Ob und inwiefern sich diese von den kommunalen Flächenmanagern unterscheiden und warum eine Ansiedlung bei den Regionalverbänden dabei sinnvoll ist, führt der Vertrag nicht aus. Ein spannendes Vorhaben ist indes der geplante "Fonds für Flächentausch". In diesem Rahmen sollen bereits bebaubare Grundstücke gegen Anteile an einem Wohnraumpool oder zukünftig umzulegende Grundstücke getauscht werden.

Koalition will Flächenzertifikate erproben 

Weitere Pläne der Regierung: "In Modellprojekten werden wir handelbare Flächenzertifikate erproben. Zudem sollen Städte und Gemeinden ihre Potenziale zur Innenentwicklung systematisch digital erfassen (inklusive Brachflächenkataster) und offenlegen." All diese hehren Ziele werden das Problem der Enkelgrundstücke aber nicht lösen. Dafür ist zähe Überzeugungsarbeit der Verantwortungsträger vor Ort gefragt - und letztlich wohl vor allem auch die Einsicht der Eigentümer.