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Baulandmobilisierung: Immer mehr Kommunen nutzen städtebaurechtliche Instrumente

Eine neue Difu-Studie zeigt, dass Kommunen in immer stärkerem Ausmaß von städtebaurechtlichen Instrumenten Gebrauch machen. Mehr als 300 Städte hatten sich an der Umfrage beteiligt, die der Studie zugrunde liegt. Für Projektleiterin Ricarda Pätzold zeigen die Zahlen, dass sich Städte unter dem bestehenden Handlungsdruck Gestaltungsoptionen zurückholen.

Rund zwei Drittel der Kommunen in Deutschland betreiben kommunale Liegenschaftspolitik als Instrument der Stadt- und Wohnungsbauentwicklung. Das geht aus aktuellen Studie „Praxis der kommunalen Bauleitplanung und Bodenpolitik“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) hervor, die das Institut in der vergangenen Woche veröffentlicht hat. Demnach bevorraten Kommunen Böden oft langfristig oder kaufen Flächen im Zwischenerwerb. Eigene Flächen vergeben Städte und Gemeinden häufig nach qualitativen Vorgaben oder Konzepten. Mehr als 40 Prozent der Kommunen können einen Baulandbeschluss oder eine Baulandstrategie vorweisen.

Umfrage unter 300 Städten und 16 Fallstudien als Grundlage

Mit ihrer Studie will das Difu eine Wissenslücke schließen. Denn einen aktuellen bundesweiten Überblick über die Anwendung baurechtlicher und bodenpolitischer Instrumente gab es bislang nicht. Die empirische Grundlage bildet eine Umfrage unter 300 Städten. Dazu kommen 16 näher betrachtete Fallstudien-Städte, darunter mit Überlingen und Ulm auch zwei aus Baden-Württemberg.  

Ergebnisse zeigen Ausweitung der Baulandentwicklung

„Wohnungsbau findet nach Auskunft der Kommunen vor allem in der Innenentwicklung statt“, schreibt das Difu in einer Pressemitteilung. Die Städte unternähmen zudem erhebliche Anstrengungen zur Schaffung von Baurecht. So seien zwischen 2016 und 2020 in 282 Kommunen 2.674 Bebauungspläne rechtskräftig verabschiedet worden, womit Baurecht für 180.250 Wohnungen geschaffen worden sei. Das Difu weiter: „2020 waren in 266 Kommunen 1.990 Bebauungspläne im Verfahren, mit denen in den nächsten Jahren Baurecht für 183.680 Wohnungen geschaffen wird. Die Ergebnisse zeigen somit eine Ausweitung der Aktivitäten der Kommunen bei der Baulandentwicklung.“

Grundlegend neue Instrumente wünschen sich die Kommunen nicht

Aus Sicht der Autorinnen und Autoren der Studie verdeutlicht die Studie den Handlungsdruck, unter dem Verantwortliche in Städten und Gemeinden stehen. Indiz dafür sei, dass Kommunen die städtebaulichen Instrumente in jüngerer Vergangenheit immer stärker in Anspruch nähmen. „Die Kommunen wünschen keine grundlegend neuen Instrumente, vielmehr erachten sie Anpassungen des bestehenden Werkzeugkastens als notwendig. Während ein Teil der Kommunen aufgrund guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen aktive Baulandentwicklung finanzieren kann, fehlt anderen Kommunen vor allem die finanzielle Voraussetzung für die Anwendung des Instrumentariums“, so das Institut.

Personelle Engpässe sind ein Problem in der Baulandentwicklung

Ein weiterer Engpass sind fehlende personelle Kapazitäten für die Baulandentwicklung. Neben dem Wunsch nach einer besseren Ausstattung der Kommunalhaushalte wurden weitergehende Unterstützungsmaßnahmen durch Bund und Länder genannt. Hierzu zählen als wichtigste die finanzielle Unterstützung des Bodenankaufs – auch im Zwischenerwerb – sowie die Schaffung fördernder Rahmenbedingungen für die Mobilisierung unbebauter Baugrundstücke.

Neben Wohnraum sind Flächen für Gewerbe, Kitas und Schulen gefragt

Die Städte brauchen jedoch nach den Ergebnissen der Studie nicht nur mehr bezahlbaren Wohnraum. „Sie benötigen auch Ansiedlungsmöglichkeiten für Gewerbe, Kitas und Schulen sowie Grün- und Freiflächen. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit von Boden. Insofern würde ein Fokus allein auf Fertigstellungszahlen die Vielfalt der kommunalen ‚Baustellen‘ verkennen“, schreibt das Difu.

Projektleiterin: Kommunen gewinnen Gestaltungsoptionen zurück

„Die Studie zeigt, dass viele Städte bereits damit begonnen haben, durch aktive Bodenpolitik Gestaltungsoptionen für die Zukunft ihrer Kommune zu gewinnen oder zurückzuerlangen“, sagt Difu-Projektleiterin Ricarda Pätzold. „Diese anspruchsvolle Aufgabe braucht einen langen Atem, politische Beständigkeit, finanzielle Spielräume, instrumentelle Unterstützung, personelle Kompetenzen und nicht zuletzt innovative Bauherren.“