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Zwei Drittel der Kommunen sind offen für Künstliche Intelligenz

Automatisierung, KI, digitale Verwaltung: Die Gesellschaft befindet sich mitten in einem tiefgreifenden technologischen Wandel - und damit auch die Kommunen. Wie blicken sie in die Zukunft, und wie gut fühlen sie sich für den Wandel gerüstet? Eine Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) und des Instituts für Innovation und Technik gibt Einblicke.

Eine der spannendsten Erkenntnisse der vierten Auflage des Zukunftsradars ist zweifelsohne die Haltung der Kommunen gegenüber KI-Anwendungen. Tenor der Autorinnen und Autoren: KI ist in den Kommunen angekommen. Zumindest gilt das für rund zwei Drittel der Kommunen. So viel nämlich halten den Einsatz von KI und automatisierten Systemen laut Umfrage für sinnvoll. 34 Prozent sind anderer Meinung. Was einige vielleicht vermutet haben: In mittleren und großen Kommunen ist der Anteil der Zustimmung mit jeweils 76 Prozent deutlich größer als in kleineren Kommunen, wo die Zustimmung lediglich bei 55 Prozent liegt. 

Steffen Jäger: Kleineren und mittleren Kommunen würden Handlungsempfehlungen weiterhelfen

Doch: "Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz hängt nicht von der Größe der Kommune ab", so Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. "Gerade in der Verwaltungsarbeit bietet sich der Einsatz von KI-Anwendungen sehr häufig an – und zwar unabhängig von der Größenklasse. Wichtig ist, dass der Einsatz tatsächlich zu einer Erleichterung oder Unterstützung führt, dann wird es auch eingesetzt. Gerade in kleineren und mittleren Kommunen ist der Bedarf nach Handlungsempfehlungen nochmal etwas größer. Wenn es Empfehlungen oder Richtlinien zur Nutzung gäbe, könnte dies dazu führen, dass die Unsicherheit bezüglich der Nutzung geringer wird. Mögliche Anwendungsbereiche wären: KI-basierte Chatbots, persönliche Sprachassistenten oder Service-Roboter, die durch ein entsprechendes Training beispielsweise im Bereich des Bürgerbüros Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern teilweise oder umfänglich beantworten können. Auch können Tätigkeiten wie Recherche, Texterstellung, Textzusammenfassung, Erstellung von Präsentationen, Erstellung von Grafiken und Bildern, Abrechnungen etc. durch den Einsatz von KI zu einer Entlastung der Mitarbeitenden führen."

Aber zwischen Bereitschaft und Praxis klaffen - noch - recht große Lücken. „Angekommen“ heißt also vor allem, dass die Verantwortlichen sich geistig mit dem Thema KI auseinandersetzen oder über mögliche Anwendungen nachdenken. In der Praxis sieht es noch ganz anders aus. Denn nicht einmal jede zehnte Kommune, genauer gesagt acht Prozent von ihnen, setzen bereits KI oder automatisierte Systeme in ihrer Verwaltung ein. Für die große Mehrheit (86 Prozent) trifft weder das eine noch das andere zu.  

Steffen Jäger: Es müssen Unsicherheiten abgebaut werden

"Grundsätzlich müssen wir erkennen, dass die Künstliche Intelligenz in ihren aktuellen Trends, wie beispielweise die Sprachmodelle Chat-GPT oder auch die KI-getriebenen Bild-zu-Text-Generatoren wenige Jahre alt sind", sagt  Steffen Jäger. "Daher ist es notwendig, die generell in der Breite der Gesellschaft, so auch in der öffentlichen Verwaltung und den Kommunen Unsicherheit gegenüber Künstlicher Intelligenz abgebaut werden muss. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele mögliche KI-Produkte von Firmen entwickelt und angeboten werden, die nicht in der EU ansässig sind und damit wichtige Fragen der Datensicherheit, der Ethik und Urheberrechte noch nicht vollständig beantwortet werden. Gleichzeitig braucht es zunächst das Sammeln von Erfahrungen mit den Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz in ihrer Breite anbietet, um auch die Vorteile, die sich bieten können, kennen zu lernen. Hier helfen Schulungs- und Qualifizierungsangebote, Praxisbeispiele aber auch klare rechtliche Grundlagen und Handlungsempfehlungen."

Nicht einmal die Hälfte hat Digitalisierungsbeauftragten 

Wie immer ist der Zukunftsradar gespickt mit interessanten Zahlen. Eine eher ernüchternde betrifft die Anzahl der Digitalisierungsbeauftragten. Laut Umfrage hat nicht einmal jede zweite Gemeinde einen Digitalisierungsbeauftragten. Eine erschreckende Zahl und eine Erklärung dafür, dass die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland gegenüber den meisten entwickelten Industrieländern weit zurückfällt. 

Passend dazu: 42 Prozent der Kommunen fühlen sich nicht ausreichend auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet. Immerhin: Sechs von zehn Kommunen geben an, im vergangenen Jahr Fortschritte bei der Digitalisierung gemacht zu haben. Ernüchternd aber wieder: Nur knapp jede vierte Kommune (23 Prozent) bewertet den eigenen Stand der Digitalisierung derzeit als gut oder sehr gut. Großen Handlungsbedarf sehen Kommunen darüber hinaus bei den Themen Personalausstattung und Finanzen.